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XV. Internationaler medizinischer Kongress zu Lissabon. 505 L i t e r a t u r . V i e t h , H., Über die Wirkungsweise der Balsamica. Vortrag, gehalten in der dermatologischen Sektion der Naturforscher-Versammlung in Meran. Med. Klinik. 1905. No. 50. P o s n e r , C., Therapie der Harnkrankheiten. II. Aufl. 1898. V i e t h , H., und 0 . E h r m a n n , Untersuchungen und Beobachtungen über ältere und neuere Balsamica. Deutsche med. Wochenschr. 32. Jahrg. No. 2. 1906. K a u f m a n n , R., Über Santyl, ein neues Antigonorrhoicum. Monatshefte f. prakt. Derm. Bd. 41. S. 555. B o t t s t e i n , H ., Über Santyl, ein reizloses internes Antigonorrhoicum. Med. Klinik. 2. Jahrg. No. 11. 1906. Dr. E. Saalfelds Bericht über den XV. Internationalen medi zinischen Kongress vom 19.—26. April 1906 zu Lissabon. A b te ilu n g VIII f ü r D erm ato log ie u n d S yphilis. S i t z u n g vom 20. A p r i l 1906. Vorsitzender: Herr L u iz de F r e i t a s V ie g a s. Schriftführer: Herr T h o m a s de Mel Io B r e y n e r . Der Präsident begrüsst in einer längeren Ansprache die Versammlung und schlägt alsdann vor, zu Ehrenpräsidenten die Herren N e isse r-B re sla u , U n na-H am burg, A r m a u e r H a n s e n -Christiania und R a d e l i f f e C r o c k e r - London zu ernennen. Die Versammlung stimmt diesem Anträge mit Beifall zu. Ein weiterer Vorschlag ging dahin, Dr. Z e f e r in o F a l c a o , dem ursprüng lichen Einführenden der Sektion, der auf dieses Amt verzichtet hatte, wieder den Vorsitz zu übertragen. Nachdem die Versammlung sich auch damit einverstanden erklärt, übernimmt Dr. F a l c a o mit Worten des Dankes den Vorsitz und spricht die besten Wünsche für das Gelingen der Arbeit der Sektion aus. Herr M. P. G a s to u -P a ris : La sy p h ilis h é r é d i t a i r e e t l’h é r é d i t é s y p h ilitiq u e . Wie aus verschiedenen in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten über die Descendenz der Syphilitischen hervorgeht, tendiert die syphilitische Heredität dahin, die ganze Krankheitsheredität in sich aufzunehmen. Dieser Zustand resultiert aus der Konfusion, die zwischen den beiden Ausdrücken „Syphilis hereditaria“ und „Hereditas syphilitica“ entstanden ist, wobei man gleichmässig und zu Unrecht den einen für den anderen gebraucht. Nach der Definition und im Sinne der Worte müsste es also sein: Die Syphilis hereditaria zeigt die direkte natürliche Übertragung von den Eltern auf die Kinder an und manifestiert sich durch spezifische Sym ptome, Erscheinungen und Stigmata. Die Hereditas syphilitica zeigt nur die Störungen, welche die Syphilis der Eltern ln der normalen Entwicklung des Produktes der Empfängnis her beiführt. Sie ist charakterisiert durch Mängel in der Ausbildung, Dys trophien und Degenerationen. Die Erscheinungen der hereditären Syphilis sind stets syphilitischer Natur, die Modifikationen, welche die syphilitische Heredität hervorruft, sind einfach syphilitischen Ursprungs. 506 XV. Internationaler medizinischer Kongress Die Syphilis hereditaria macht spezifische Veränderungen, deren Spezifizität sich immer mehr und mehr durch die Spirochaote S c h a u d i n n nachweisen lässt, ferner beim Fehlen des pathogenen Agens durch den klinischen Aspekt, die anatomischen Veränderungen und hauptsächlich durch die pathologische Entwicklung. Die Hereditas syphilitica erzeugt organische oder funktionelle Hemmungen, Störungen der Ernährung oder der Entwick lung ohne irgend einen spezifischen Charakter und solche, wie sie die krank hafte Vererbung im allgemeinen hervorruft. Der Gedanke der syphilitischen Heredität involviert in sich die fötalen Mängel der Ernährung und der Ent wicklung bei den Nachkömmlingen, sowie die Nutzlosigkeit jeglicher Be handlung. Die Erkennung der Syphilis hereditaria dagegen zeigt, dass es möglich ist, das Wiederauftreten der Syphilis bei den Deszendenten durch eine geeignete Behandlung zu verhindern. Die tatsächliche Konstatierung der Hereditas syphilitica hat für den Syphilitiker zur Folge das Heiratsverbot, ferner die moralische und physische Destruktion der Familie. Diese Erkenntnis scliliesst in sich die Nutzlosig keit jeder aktiven Behandlung. Anders verhält es sich mit der Auffassung der Syphilis hereditaria, wie sie durch Prof. F o u r n i e r begründet ist, eine Auffassung, welche der erfolgreiche Einfluss der Behandlung auf die Nach kommenschaft oft bestätigt und welche erlaubt, die folgenden Vorschläge zu unterbreiten: 1. Die Syphilis, wie alt ihre Form auch sei, ob sie väterlichen, mütter lichen oder konjugalen Ursprungs sei, ist stets und gleichmässig gefährlich für die Nachkommenschaft. 2. Die Syphilis überträgt sich als solche, tötet das Kind oder lässt es mit Entwicklungsstörungen, degeneriert oder dystrophisch zur Welt kommen. 3. Die Syphilis äussert sich wie eine spezifische Krankheit oder wie eine toxisch-infektiöse Krankheit. 4. Die Syphilis als spezifische Krankheit überträgt sich in Form der Syphilis hereditaria, charakterisiert sich entweder durch Erscheinungen oder Stigmata syphilitischer Natur oder durch dystrophische Stigmata, die den im Uterus ausgebildeten syphilitischen Manilestationen entsprechen. 5. Die Syphilis als toxisch-infektiöse Krankheit äussert sich in der selben Weise wio eine krankhafte Vererbung im allgemeinen, die in diesem Falle als Heredosyphilis bezeichnet wird. Sie hat in ihren Manifestationen keinen ihr eigentümlichen Charakter. 6. Die tatsächliche Erkennung der Hereditas syphilitica ebenso wie der Parasyphilis bedingt einen Determinismus, der allen therapeutischen Eingriffen entgegensteht. 7. Die Erkenntnis der Syphilis hereditaria dagegen bedingt eiue Präventivbehandlung der Erzeuger, eine prophylaktische gegen die Über tragung und gleichzeitig eine kurative der hereditären Krankheit. 8. Die Quecksilberbehandlung beseitigt die Syphilis und zerstört ihre schädliche Einwirkung auf die Deszendenz. 9. Da die spezifische Quecksilberbehandlung bei dem Träger der Syphilis, wie auch ihre Form oder ihr Alter sei, der Schutz der Familie ist, so resultiert daraus, dass 10. jeder ältere Syphilitiker ohne individuelle oder organisch- oder funktionell-hereditäre Störungen, dessen Syphilis weder eine maligne oder gravis ist, nach einer Behandlung von drei oder vier Jahren autorisiert werden kann, nach einer ärztlichen Untersuchung eine Familie zu gründen. 11. Jeder Syphilitiker muss, bevor er Kinder erzeugen will, sich einer energischen Quecksilberbehandlung unterziehen. 12. Jede Frau, welche von einom Syphilitiker geschwängert ist, dessen Krankheit virulent oder nicht virulent, rezent, alt oder latent ist, ob sie vom 19.—26. April 1906 zu Lissabon. 507 selbst Syphiliserscheinungen darbietet oder nicht, muss von Anfang der Gravidität an und im Verlauf derselben behandelt werden. D i s k u s s i o n . Herr H a l l o p e a u bedauert, in einem Punkt mit Herrn G a s t o u nicht übereinstimmen zu können. Er kann die Existenz einer to x i sch en H e r e d i t ä t der Syphilis nicht zugeben. Ihre Übertragung kommt ausschliesslich durch Spirochaeten zustande, ebenso wie in der zweiten als auch in der ersten Generation. Die Deformationen und die konsekutiven Stigmata sind nur konsekutive Deuteropathien von einer durch den Parasiteu hervorgerufenen embryonalen Alteration. Herr D u ho t-B rü ssel, l ’a v o r t e m e n t de l a sy p h llis p a r le t r a l t e - m e n t In te n sif. D. hat bei 134 Fällen frischer Syphilis, die er seit 12.Jahren in Beob achtung hat, eine Abortivkur angewendet mit dem Erfolge, dass sich niemals Sekundärerscheinungen gezeigt haben. Unter Abortivkur versteht D. die Behandlung, bei der durch eine schnelle und energische Quecksilberein Verleihung in 95 pCt. der Fälle trotz eingehendster Untersuchung keine Sekundär- erscheiuungen beobachtet werden. Um mit Erfolg rechnen zu können, muss die Behandlung vor dem 12. Tage nach der Entwicklung des Schankers be ginnen, es müssen unlösliche Salze, Kalomel und besser noch graues Öl in grossen Dosen gegeben werden, die erste Kur muss die energischste, die folgenden sollen schwächer sein. Der Einwand, dass durch die Abortivkur für einen Irrtum in der Diagnose kein Raum zur Korrektur derselben bliebe, dürfe für den, der Syphilis kennt, keine Geltung haben. Die übrigen sollen das Auge schulen und ihre Untersuchungsmethoden zur richtigen Diagnose geeignet machen. Die ausschlaggebende Wirkung schreibt D. bei seiner Kur, da Kalomel zu schmerzhaft ist, dem grauen Öl in grossen Dosen zu. Von diesem kann man eine ganze B a r th e le m y s c h e Spritze, die 0,14 cgHg enthält, beim Erwachsenen anwenden. Bei der ersten Kur müssen 15 bis 20 Injektionen gemacht werden, und zwar die drei ersten jeden 5., die drei folgenden jeden 6. und die übrigen alle 8 Tage. Während der ersten beiden Jahre werden Kuren von 10—12 Injektionen mit Pausen von zwei Monaten, im dritten und vierten Jahre Kuren von 8—10 Injektionen mit Pausen von drei Monaten angewendet. Eine Gefahr ernstlicher Intoxikation besteht nach des Redners Erfahrungen, der mehr als 10 000 Injektionen grauen Öls ausgeführt hat, nicht. Und für die Sicherheit der Kur spricht der Umstand, dass die Rückenmarksflüssigkeit frei von pathologischer Lymphozytose ge funden wurde, so oft diese Methode ausgeführt wurde. Eingeschaltet wird hier die Bemerkung, dass die Oytodiagnose die Feststellung einer sich ent wickelnden Meningitis in mehreren Fällen gestattete, bei denen sonst keine klinischen Zeichen vorhanden waren, und dass man auf diese Weise eine drohende allgemeine Paralyse vielleicht noch zu einer Zeit, wo Besserung möglich ist, diagnostizieren könnte. Von D.s 134 Fällen sind 42 augenblick lich im tertiären Stadium, ohne jemals Tertiärerscheinungen gezeigt zu haben. Ein Endurteil möchte D. noch nicht fällen, er glaubt aber, dass eine Behandlung, die bis auf 5 pCt. die Seknndürerscheinungen unterdrückt, die Tertiärerscheinungen bis auf sehr wenige Patienten nicht aufkommen lassen wird. Die Behandlung wurde in der Klinik bis auf 15 pCt., in der Privatpraxis bis auf 5 pCt. der Kranken gut vertragen. Die Methode leistet bezüglich der Heilung des Patienten, der Grösse der Verbreitungsgefahr mehr als alle übrigen Methoden. Schliesslich schlägt D. den Versuch vor, durch seine Kur eine boreits floride Syphilis definitiv zum Ende zu bringen. D i s k u s s i o n . Herr fl a l l op e a u -P a ris erklärt, dass die von Herrn D u h o t als abortiv bezeichncte Methode mit lange Zeit wiederholten Injektionen von 508 XV. Internationaler medizinischer Kongress grauem Öl in doppelten Dosen ihm grosse Gefahren zu bieten scheint, da das injizierte Quecksilber sich akkumulieren und später in Massen resorbiert werden kann; dafür spricht der Umstand, dass im vergangenen Jah r drei Todesfälle im Hospital St. Louis in Paris hervorgerufen durch Injektionen von grauem Öl sich ereigneten, obgleich die Injektionen unter den besten Bedingungen ausgeführt wurden, dass ferner ein neuer Fall soeben in der Société médicale des Hôpitaux de Paris mitgeteilt wurde. Herr N e is s e r-B re sla u : Bei den Injektionen mit grauem Öl handelt es sich um eine chronische, aber nicht chronisch intermittierende Behandlung. Den mit grauem Öl erhaltenen Resultaten der Abortiv-Behandlung verhält sich Herr N e is s er skeptisch gegenüber. Es wäre nötig, die von Herrn D u ho t behandelten Fälle viel länger zu verfolgen, um fcststellen zu können, dass die Behandlung tatsächlich eine Abortion ist. Herr L é v y -B in g -P a r is stimmt Herrn D u h o t bezüglich der In jektionen mit grauen Öl zu, vorausgesetzt natürlich, dass die Patienten diese Behandlung vertiagen können. Dagegen macht er statt 15—20 aufeinander folgende Injektionen niemals mehr als 6—8 Injektionen hintereinander, nach denen er eine Pause von 1—l ' / j Monaten eintreten lässt. Bezüglich der abortiven Behandlung teilt er N e i s s e r s Meinung: um von einer „abortiven“ Behandlung sprechen zu können, ist es absolut notwendig, die Kranken während einer sehr langen Zeit zu verfolgen; denn jedermann kennt Individuen, die Syphilis akquiriert, die absolut keine Behandlung durchgemacht haben, und die dennoch niemals spätere Folgeerscheinungen gezeigt haben. Andere dagegen, sehr energisch behandelte, zeigen vom ersten Jahre ab schwere Symptome. S i t z u n g vom 21. A p r i l 1906. Vorsitzender: Herr Radcl iff e Cr ocker. Herr A r m a u e r H an sen -C h ristian a: Ober die I n te r n a t io n a le n Ab- w e h rm a s s r e g e ln g e g e n die L e p ra . Die Lepra ist eine Krankheit, die sich so langsam entwickelt, dass man ihre ersten Symptome nicht kennt. Ich erinnere mich eines Patienten, der seine Krankheit zwei Jahre zurückdatierte, aber schon seit acht Jahren jeden Frühling einen Ausbruch von roten schmerzhaften Knoten zeigte, die im Sommer verschwanden. Wenn nun ein Arzt diesen Kranken zu dieser Zeit gesehen, und er einige Kenntnisse von Lepra gehabt hätte, so würde er vielleicht Verdacht auf Lepra geschöpft haben, aber dieser Verdacht würde ebenso sicher wie die Knoten und mit dem Schwinden der Knoten verschwunden sein. Neulich tra t in Norwegen folgender Fall ein: Ein Patient wurde während zweier Jahre von zwei Ärzten wegen einer „Neuritis“ behandelt; von diesen beiden Ärzten kannte der eine die Lepra sehr gut, weil er Assistenzarzt am Luugegaards Hospital gewesen war, wo nur Leprakranke behandelt werden, während der andere Arzt ein tüchtiger Neurologe ist, der auch die Lepra ganz gut kennt. Aber keiner von beiden hat den Patienten als einen anästhetisch Leprösen erkannt. Unter diesen Umständen wird es ganz unnütz sein, die Einwanderung Lepröser zu verhindern zu suchen, besonders in einem Lande, wo man die Lepra nicht kennt und daher keine sachkundigen Arzte hat. Nach meiner Meinung ist nur eins zu machen, nämlich die Immigranten jahrelang, ich möchte sagen durch zehn Jahre, zu überwachen und für den Fall, dass sich die Lepra bei einem von ihnen entwickelt, den Kranken in ein Hospital zu bringen und zu isolieren. Wir wissen nun nicht, ob die Lepra in diesem ersten Stadium übertragbar ist, aber wenn dies der Fall ist, müsste man auch die Personen, mit denen der Kranke in Berührung gekommen, und jeden Fall von möglicher Lepra sogleich isolieren. Dann würde die Krank heit offenbar keine Ausbreitung erreichen. 509 vom 19.—26. April 1906 zu Lissabon. D i s k u s s i o n ü b e r d ie L e p r a im a l l g e m e i n e n : Herr B a l v c y lias-B lancs: L’h é r é d i té de l a lè p re . Herr B. bespricht die in seiner Heimatstadt in der spanischen Provinz Oatalonien vorgekommenen Lepralalle. Unter 550 Einwohnern konnte er in 12 Häusern 17 Fälle feststellou. Er hat genaue Erhebungen bezüglich der Antecedention, der Anamnese u. s. w. aufgestellt und kommt zu dem Schluss, dass die Lepra am Mittelmeergestade eine typische Familienkrankheit ist. Durch drei Generationen konnten die Fälle verfolgt werden; es stellte sich dabei heraus, dass die Erblichkeit nur eine Ausnahme ist. Unter den leprösen Individuen, für die dio Erblichkeit in Betracht kommt, fand man allerhand Krankheiten des Nervensystems, wie Morbus Basedowii, Angio- und Tropho- neurosen. Die ersten Leprösen einer Reihe haben Formen äusserer Lepra, Maculae und umschriebene Herde. Die Patienten erliegen der Krankheit meist im Alter von 25—40 Jahren. Herr F a l cào-L issabon: La r h i n i t e lé p re u se . Schon 1892 machte Herr F a l c ä o in Wien darauf aufmerksam, dass die Trockenheit der Nase eine Ilauplklage Lepröser sei; ferner zeigte sich Nasenbluten als ausgesprochenes Krankheitssymptom. Oft sah er auch bei Nachkömmlingen Lepröser, die über Epistaxis klagten, eine kleine Ulzeration am Septum, dessen Belag mehrere Male Leprabazillen aufwies. Ferner hatte Herr F a l c ä o darauf hingewiesen, dass Septum perforation oft lange Zeit das einzige Symptom von Lepra sei; so konnte er bei vier Individuen Lepra bereits zwei Jahre vor der Généralisation fcststellen. Nachdem diese Unter suchungen von anderer Seite bestätigt waren, hat Herr F a lc ä o in Portugal neue Erhebungen angestellt. Es wurden Lepröse und solche Individuen untersucht, bei denen die Wahrscheinlichkeit vorlag, dass sie an Lepra er kranken würden. Die Nachkommen von Leprösen zeigten nun vielfach eine leichte Rhinitis. In 22 Fällen war diese von kleinen Ulzerationen im Septum begleitet, die bei 17 Kranken Leprabazillen enthielten. Bei diesen Personen zeigten sich keine anderen Symptome von Lepra. Von diesen genau verfolgten Fällen sind zwei bereits an Lepra tuberosa gestorben, sieben sind gegenwärtig leprös, die übrigen sind noch frei von sonstigen Lepra-Erscheinungen. Bei zwei Individuen, die leprös wurden, hatten sich bei den Untersuchungen keine Bazillen in den Ulzerationen nachweisen lassen. Zum Schluss betont Herr F. nochmals, dass das Septum stets der Sitz der Ulzerationen ist. Herr H a i I o p e a u - Paris macht eine Mitteilung über einen L e p ra h e rd in der Bretagne und einige ungewöhnliche Erscheinungen der Krankheit. Zwei Kranke des Hôpital St. Louis, die Lepra tuberosa et nervosa mit positivem Bazillenbefund aufwiesen, stammten aus zwei Dörfern in der Nähe von Guingamp in der Bretagne. Dr. V in c e n z sah dort drei und einer seiner Kollegen zwölf gleiche Fälle. Es gibt a l s o einen b r e t o m s e h o D Leprahord. Wie soll man sich die Übertragung erklären? Es kann sich nicht um Moskitos handeln, die in der Betragne wie in Paris unbekannt sind. Herr H a i l o p e a u teilt dann noch einige ungewöhnliche Erscheinungen der Lepra mit, die er selbst beobachtet hat: Urethritis ohne Gonokokken, dagegen mit Leprabazillen, ferner eine Osteoperiostitis des Schädels mit Perforation des Schädeldaches und Encephalomeningitis, Tendinitis, Lymph- angitis mit Knotenbildung und drei Formen der Alopecie, eine, bei der die Haare in der Temporalgegend gelichtet waren, eine mit disseminierten Plaques und eine in serpiginösen Herden. Herr E d m u n d Sa al fe ld - Berlin : D e r m a to th e r a p e u tls c h e B e iträ g e . • S. empfiehlt zur Behandlung der Pityriasis rosea die interne Dar reichung des Arsens, von dem er ebenso gute Erfolge wie von der äusseren Therapie gesehen. Nur selten war er genötigt, in Fällen mit sehr starkem Jucken ein äusseres juckstillendes Mittel zu verordnen. XV. Internationaler medizinischer Kongress Des weiteren plaidiert S. dafür, der Kälteanwendung in der Dormato- therapie ein grösseres Feld als bisher einzuräumen. Aber nicht allein als Heilmittel selbst ist die Kälte zu verwerten, vielmehr ist die Vereisung auch zweckmässig zu verwenden, um die Haut schnittfähiger zu machen. Dieses Verfahren bewährte sich u. A. auch bei der Behandlung der Lcukoplakia linguae, bei der die einzelnen Plaques nach der Vereisung mit dem Messer platt abgetragen werden. Von dem epochemachenden ß ¡e rse h e n Verfahren der Hyperämie durch Stauung hat die Dermatotherapie bisher fast gar keinen Gebrauch gemacht. S. schlägt vor, die Hyperämie in der Dermatologie zur Bekämpfung entzündlicher Zustände zu versuchen, sei es, dass sie durch Stauung, sei es, dass sie durch Saugglocken erzeugt wird. Vortr. wird zu seinem Vorschlag durch einige günstige Erfolge, die er bei Anwendung dieser Methode er zielte, veranlasst. An dem von ihm angegebenen D e n n o t h e r m o s t ä t e n hat Vortr. einige Modifikationen angebracht, durch die eine Verstärkung der W irkung des Apparates erreicht wird. Zum Schluss weist Vortr. noch auf eine Mitteilung hin, die er auf dem Kongress der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Sarajevo machte. S. berichtete damals über die günstigen Erfolge, die er mit der inneren Behandlung der Gonorrhoe und zwar mit Gouosan gemacht hatte. S. hat diesem Mittel seitdem weiter seine Aufmerksamkeit geschenkt und dasselbe in einer weiteren grossen Reihe von Gonorrhoefällen angewendet. Vortr. kann von denselben günstigen Erfolgen wie früher berichten. Da S. von jeher der inneren Gonorrhoebehandlung Interesse entgegengebracht, stellte er auch Versuche mit einem neueren, für denselben Zweck empfohlenen Präparat, dem Santyl, au. Es zeigte sich bei diesem in einigen Fällen eine gute Wirkung, dieselbe trat aber verhältnismässig nicht so häufig ein wie bei Gonosan. Diese Erscheinung ist insofern erklärlich, als beim letzteren zu der Wirkung des Sandelöls, das ja auch dem Santyl, wenngleich es in modifizierter Form in demselben enthalten ist, seinen Effekt verleiht, noch die Wirkung der Kawa-Kawa hinzutritt, die durchaus nicht zu unterschätzen ist, vielmehr als ein wertvolles Adjuvans angesehen werden muss. Vorsitzender: H err N o isse r-B re sla u . Herr L é v y - B i n g - Paris: L eueo plasles sy p h ilitiq u e s e t l e u r tr a it e m e n t. Unter Leukoplasie oder Leukokeratose versteht man in Frankreich eine sich sehr langsam entwickelnde Krankheit, die durch Entwicklung weisser Beläge auf den dermopapillären Schleimhäuten oder auf den Halbschleim- häulen in der Nähe der Körperöffnuugen sich kennzeichnet. Zunächst bespricht Herr L é v y - B in g eingehend dio klinischen Er scheinungen der Leukoplasien und die in der Literatur vertretenen Anschau ungen über sie: Zwei Gruppen von Dermatologen stehen sich hier gegenüber: die eine nimmt an, dass manche Fälle von Leukoplakie überhaupt nichts mit Syphilis zu tun haben, die anderen Autoren halten alle Leukoplakien für syphilitische Produkte. Allo sind aber darin einig, dass die Leukoplakien eine Neigung zur epitheliomatösen Umwandlung besitzen. Bezüglich des Zusammenhanges der Leukoplakie des Mundes mit der Lues gibt F o u r n i e r an, dass er unter 324 Fällen in 80 pCt. sicher Lues festgestellt hat. B a r t h é l é m y konstatierte unter 83 Fällen bei 68, L a c a p è r e unter 85 bei 71 sicher Syphilis. L a n d o u z y und noch mehr G a u c h e r halten jede Leukoplakie für syphilitischen Ursprunges, eine Anschauung, der sich auch L c v y - B in g vollkommen anschliesst. Eine die Entstehung der Leuko plakie begünstigende Rolle spielen die chronischen Reizungen der Mund vom 19.—2G. April 1906 zu Lissabon. 511 schleimbaut, wie sie durch Alkohol, Tabak und schlechte Zähne bedingt werden. Bezüglich des Zusammenhanges der Mundschleimhautleukoplakie mit dem Epitheliom herrschen zwei Anschauungen. Für die einen ist das Epitheliom nur eine zufällige Komplikation, für die andern der Endausgang der Leuko plakie. Da es anatomisch fcststeht, dass die Leukoplakie ein verhorntes Papillom ist, kann es als solches krebsig entarten. Jede Leukoplakie kann zu einem Epitheliom werden, aber es braucht deshalb keinen malignen Charakter anzunehmen. So sahen B a r t h é l é m y , der 83 Fälle lange Zeit in Beobachtung hatte, nur 8mal, F o u r n i e r in 30 pCt. der Fälle, P e r i o in 29 pCt. ihrer Fälle krebsige Degeuerierung. So nimmt auch Herr L é v y - B in g an, dass jede Leukoplakie eine Praedispostion zum Epitheliom bildet, ja, dass man die Leukoplakie als eine Art Bindeglied zwischen Syphilis und Krebs betrachten kann. Bezüglich der Kraurosis vulvae, die grosse Ähnlichkeit mit der Leuko plakie hat, sind die Ansichten noch gar nicht geklärt. Dazu trägt bei, dass die spezifische Behandlung bei dieser Krankheit systematisch noch gar nicht versucht wurde. Was die Therapie betrifft, so soll jeder Luetiker das Rauchen ganz unterlassen, Alkohol und stark gewürzte Speisen nur in massiger Menge ge messen und häufige Mundspülungen anwenden. Ist die Leukoplakie auf getreten, so hat die Behandlung recht früh einzusetzen, weil das Leiden dann leichter heilbar und die Gefahr krebsiger Degenerierung geringer ist. Da eine energische Kur notwendig ist, empfiehlt Herr L é v y - B in g Injektionen von Kalomel oder noch besser von grauem 01. Lokal wird am besten die tägliche sanfte Bepinseluug (nicht Einreibung) von doppelchromsaurem Kali verordnet, als Gargarismen schwach alkalische oder arsenikhaltige Wasser, R o s e n b e r g empfahl Perubalsam und S c h w im m e r Salicylsäure. Mit Vor sicht ist salpetersaures Quecksilber und in schweren Fälleu der Thermokauter auzuwenden. Die Behandlung mit Röntgenstrahien hat bisher den erwarteten Erfolg noch nicht gezeigt. D i s k u s s i o n . Herr H a l l o p e a u - Paris: Bei den Leukoplakien muss man unterscheiden : Lichenoide, ferner solche, die durch Tabak, und solche, die durch Syphilis bedingt sind; letztere sind die häufigeren. Es handelt sich um eine syphilitische Deuteropathie; sic entwickelt sich einmal, wenn die Syphilis angefangen hat sich auszubreiten. Die Behandlung muss lokal und allgemein sein, bei den disseminierten Formen muss man täglich den Mund spülen lassen mit 1 mg Sublimat enthaltenden Pastillen. Bei den umschriebenen Formen ist die Touchierung mit Hydrargyrum nitric. notwendig. Vorher muss man zur Herabsetzung der Empfindlichkeit Stovain einpinscln und nachher den Mund spülen lassen. Nach Herrn N e i s s e r - Breslau gibt es zwei Formen der Leukoplakie, eine oberflächliche und eine tiefe; er bestreitet entschieden, dass stets ein Zusammenhang zwischen Leukoplakie und Lues vorhanden sei; nach seinen Erfahrungen folgt nur selten auf eine Leukoplakie ein Karzinom; ebenso ge hört das Auftreten einer Leukoplakie bei Frauen zu den extrem seltensten Erscheinungen; er selbst hat niemals einen derartigen Fall beobachtet. Herr L o v y - B in g - Paris präzisiert seinen Standpunkt noch einmal dahin: alle Mundkrebse sind aus einer Leukoplakie hervorgegangen; alle solche Patienten haben Syphilis gehabt. Herr S a a l fe h l - Berlin hat einmal bei einer Dame aus den höheren Gesellschaftskreisen eine Leukoplakie beobachtet; es handelte sich aber um eine Patientin, die lange Jahre in Russland gelebt und sehr viele Zigaretten geraucht hatte. 512 XV. Internationaler medizinischer Kongress Herr de Mel Io B re y n e r -Lissabon hat bei Prostituierten niemals Leukoplakie oris, dagegen häufig Kraurosis vulvae gesehen, dagegen hat Herr F a l c ä o (Lissabon) bei Frauen öfter Leukoplakie beobachtet. Herr C. M a r ia da S i l v a J o n o s zitiert einen Fall aus seiner Praxis, in welchem der Kranke ein enragierter Raucher, ausserdem Gichtiker war, der keine Zeichen von Syphilis darbot. Darauf verliest der Schriftführer das Ilesume des von Herrn R a v o g li (Cincinnati) eingesandten Berichtes: P re e a n e e ro u s s ta g e in r e f e r e n e e to th e p ro d u e tlo n o f e u ta n e o u s e a n c e r . 1. Dem Auftreten von Hautkrebsen geht ein Zustand der Haut vor aus, der als Stadium praecancerosum oder als Keratosis praecancerosa be zeichnet wird. 2. Die Untersuchung der so veränderten Haut hat konstant die An wesenheit von Sporen ergeben. 3. Die Sporen dringen in die Haut durch die natürlichen Öffnungen ein, indem sie die Drüsen angreifen, einige erzwingen ihren Weg durch die Epidermisschichten. 4. Die enorme Proliferation der Epithelialzellen und später der Binde- gewebselemente ist durch die Entwicklung dieser Sporen bedingt. 5. Eine frühzeitige Behandlung der präcancerösen Stellen wird den Patienten vor dem Auftreten des Krebses bewahren. S i t z u n g vom 23. A p r i l 1906. Vorsitzender: Herr A llon-N ew York. Herr H. R a d c l i f f e C ro ck er-L ond on : 0n c a n ta g lo n a s a e a u s e o f a lo p e e ia a r e a t a . Es muss vorausgeschickt werden, dass gegenwärtig nicht eine einzige der Theorien für alle Formen der unter dem Kamen Polade oder Alopecia areata bekannten Affektionen Geltung haben kann, und während daher ent sprechend der Überschrift der Beweis für die Übertragbarkeit kurz als ge geben erachtet wurde, so darf daraus nicht gefolgert werden, dass ich diese Annahme verteidige, um andere Ursachen für einige Fälle auszuschliessen, obgleich ihre Zahl klein sein mag gegenüber der Menge von Fällen, die durch Ansteckung bedingt sind. Ich möchte zunächst nur meine eigene persönliche Erfahrung hier Vorbringen. Das Verhältnis der Alopecia areata zu allon anderen Haut krankheiten variiert in verschiedenen Gegenden, wie ich kürzlich auch be züglich der Häufigkeit des Herpes tonsurans des behaarten Kopfes gezeigt habe. In England1) ergeben meine Aufzeichnungen 2 pCt. im Hospital und 3 pCt. in der Privatpraxis. Das Alter und das Geschlecht sind nicht ohne eine gewisse ätiologische Wichtigkeit und bedürfen einiger Betrachtungen und Vergleiche bezüglich der Hospital- und Privatpraxis. Nehmen wir eine gleiche Zahl aufeinander folgender Fälle in beiden an, z.B. oOGFälle, so waren in der Hospitalpraxis 275 männliche zu 231 weiblichen und in der Privatpraxis 284 männliche zu 222 weiblichen. Der Unterschied der Geschlechter in der Hospital- und der Privatpraxis ist unwesentlich und in runden Zahlen aus gedrückt 55 pCt. männliche zu 45 pCt. weiblichen. Die Grenze des Alters, die ich beobachtet, war zwischen 2 und 70 Jahren, aber das Hauptalter muss doch genauer betrachtet werden. Von derselben Reihe von Fällen waren: unter 15 Jahren Hospital 214 Privat 43 von 15—35 „ 214 229 „ 35 —15 „ 57 148 über 45 Jahre 21 » » 03 waren zwischen 45 und 55 Jahren. ') L a s s a r gab 1900 1,4 pCt. von allen seinen Fällen an. vom 19.—26. April 1906 zu Lissabon. Tn dieser Tabelle zeigt sich ein beträchtlicher Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Fällen. In der Hospitalpraxis ist das Überwiegen in den Kinderjahren ausserordentlich deutlich, während in den nächsten 20 Jahren das Verhältnis das gleiche ist. Zum Teil mag dies der Tatsache zugeschrieben werden, dass die Kinder der armen Leute der Ansteckung mehr ausgesetzt sind, als die der Reichen. Aber zum grossen Teil ist das enorme Überwiegen der Erwachsenen gegenüber den Kindern für alle Krank heitsformen in der Konsultationspraxis durch das verhältnismässig hohe Honorar in der letzteren bedingt. Im allgemeinen kann gesagt werden, dass, während in der Hospitalpraxis mehr als vier Fünftel (428) der Fälle vor 35 Jahren auftreten, in der Privatpraxis fast dasselbe Verhältnis (440) zwischen dom 15. und 55. Jahre auftrilt, während gut die Hälfte zwischen 20—40 Jahren sich zeigt, so dass das Alter der letzteren ohne Unterschied höher ist. Die Ätiologie kann im Detail genauer bei den 506 Privatfällen studiert werden. Bei diesen war bei nicht weniger als 95 Fällen die Infektion mehr oder weniger wahrscheinlich. Der Beweis war bei einigen bezüglich der Übertragung strikt gegeben, bei anderen weniger deutlich. Aber gerade die letzteren sind insofern von Wert, als sie im allgemeinen durch andere Fälle oder Umstände beweiskräftiger erscheinen. So war man in 45 Fällen zu der Annahme berechtigt, dass die Krankheit durch die Manipulationen des Barbiers hervorgerufen war beim Rasieren, beim Gebrauch der Tondeuse oder durch andere Arten des Haar schneidens. In 16 Fällen waren die Patienten in nahe Berührung mit Tinea ton- surans unmittelbar vor dem Auftreten der Alopecia nreata gekommen; bei |2 Fällen bestand Tinea tonsurnns bei Kindern, in 4 Fällen bei Tieren. In 4 Fällen hatten die Patienten kurz vor dem Ausbruch der Krank heit geliehene Theaterperrücken resp. falsches Haar, das von einem Dorf barbier geliefert war, getragen. In 16 Fällen hatten andere Mitglieder der Familie an Alopecia areata gelitten, unter Umständen, die eine Infektion annehmen Hessen; in fünf anderen Fällen jedoch, wo die Mitglieder derselben Familie erkrankt waren, konnte eine Infektion ausgeschlossen werden. In 14 anderen Fällen wurden verschiedene Arten der Infektion bei den Patienten angegeben, wie „durch das Aufprobieren einer grossen Anzahl von Hüten“, „durch Gebrauch desselben Handtuches mit andern in einem Laden“, ferner „durch Gebrauch der Hotelbürste“, „durch Gebrauch desselben Armstuhles von Freunden oder Verwandten, die Alopecia areata gehabt haben“, „durch Eisenbahnpolster“, „angesteckt in der Schule, wo andere Knaben und Mädchen das Leiden hatten“ oder durch irgend eine andero Weise der Berührung. Ein Dienstmädchen mit der Krankheit hatte die Bürste ihrer Herrin benutzt. In einem türkischen Bad hatte ein Mann sich mit dem öffentlichen Rasierpinsel rasiert, 5 Tage später zeigten sich Flecke an seinem Kinn. Ein ähnlicher Beweis konnte von den Hospitalfällen erbracht werden, wenngleich weniger deutlich, da hier die Verhältnisse nicht so leicht zu eruieren waren. Ausserdem sind Gruppen von Fällen vorhanden, die in Ge meinden auftraten, für die entschieden die Ansteckung verantwortlich gemacht werden muss. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung nur eine solche Gruppe von 9 Fällen anführen, aber in der Literatur besteht über diesen Gegenstand eine ziemliche Anzahl von derartigen Ausbrüchen, die in Frankreich, Deutsch land, Amerika und England sich gezeigt haben. 514 XV. Internationaler medizinischer Kongress Das ist also ein grosses Material für den Beweis, dass die Über tragung die wesentliche Ursache der grossen Mehrzahl der Fälle von Alopecia areata ist. D i sk ti s s i on. Herr A llen-N ew York tr it t wegen der häufig beobachteten Symmetrie der Affektion für die nervöse Natur des Leidens ein. Herr N e isse r-B re sla u : Wir wissen über die nervösen Beziehungen zu Hautkrankheiten sehr wenig. Die einzige Dermatose, deren nervöse Natur sichergestellt ist, ist der Herpes zoster, der aber fast niemals symmetrisch auftritt. Herr H a llo p c a u - P a ris , S up la c o n ta g lo n de Ia p e la d e . Nach H. hat die Alopecia areata alle Charaktere einer parasitären Krankheit. Die Reilextheorie ist nicht imstande, die verschiedenen Er scheinungen aufzuklären. Es lassen sich Gründo für die parasitäre Natur und gegen die Reflextheorie anführen. Für die parasitäre Theorie sprechen die in Familien,Schulen, bei Soldaten, den Kunden desselben Friseurs, der in Hospitälern gehäuft vorkommenden Fälle. Dagegen hat B r o c h i n bei den zahlreichen Schwestern der Rue de Bac nur sehr selten, und zwar weil sie stets Kopfbedeckungen tragen, die Krank heit beobachtet. Noch beweisender ist, dass von 35 Schutzleuten in Berlin, die in derselben Abteilung schlieten, 12 an Alopecia areata erkrankt sind. Es kann sich hierbei nicht um zufällige Häufungen derselben Krankheit handeln, denn die Alopecia areata ist eine seltene Krankheit. Es gibt be schäftigte Ärzte, die sie niemals in ihrer Tätigkeit sahen. Wie alle para sitären Krankheiten ist die Alopecia areata eine Krankheit, die nicht überall vorkommt, so ist sie in Moskau äusserst selten und bei den Eingeborenen Indo-Chinas unbekannt. Die klinischen Zeichen sprechen für die parasitäre Natur, so das exzentrische Fortschreiten und das multiple Auftreten der Plaques. Und schliesslich ist die Alopecia areata durch antiparasitäre Mittel beeinflussbar. Gegen die Reflextheorie spricht, dass die Krankheit sehr selten nur bei an Zahnkrankheiten leidenden Patienten vorkommt. So haben weder G a l i p p e in seiner grossen Praxis noch C h o m p r e t , der jedes Ja h r mehr als G O O O Zahnleidende im Höpital St. Louis untersucht, jemals Alopecia areata bei anderen Kranken als solchen gesehen, die unter dem Einfluss der J a c q u e ts c h e n Theorie zu ihnen geschickt wurden. Man beobachtet ferner nicht, wie gewöhnlich bei Reflexaffektionen, ein symmetrisches Auftreten der Krankheit. Es bleibt nur noch übrig, das infektiöse Agens zu finden und positive Impfungen zu erhalten. H err M n u ric o F a u r e La Midou: Le t r a tt e in e n t m e r e u r l e l d u ta b e s. Die Quecksilberbehandlung der Tabes ist eine äusserst komplizierte Frage, die nicht nach einem Schema gelöst werden kann. Die Tabiker leben lange Zeit; je nachdem die Affektion eine progressive oder eine regressive Entwicklung hat, macht der Kranke sehr verschiedene Phasen durch. Und selbst wenn sein Leiden stationär ist, so führen doch das Alter des Kranken sowie die Wirkung der Ursachen der Tabes (Syphilis, Alkoholismus, Auto intoxikation etc.) in den Organen fortschreitende Veränderungen herbei, die den Kranken in den verschiedenen Epochen des Leidens sich selbst nicht ähnlich erscheinen lassen. Daher ist es nicht möglich, in einwandsfreior Weise die Wirkung der Quecksilberbehandlung zu beurteilen, indem man den Merkur in derselben Form und derselben Dose hundert oder tausend Tabikern, die durch den Zufall in der Klinik zusammengeführt sind, appliziert, und dies deshalb, weil diese Kranken keineswegs unter sich vergleichbare Grössen darstellen. 515 vom 19.—26. April 1906 zu Lissabon. Ich habe ln Statistiken, die ich 1903 veröffentlichte, die sich über 2500 Fälle erstreckten, gezeigt, dass man bei diesem Modus procedcndi nicht darlegen konnte: 1. dass die Quecksilberbehandlung günstig ein wirkte; 2. dass die Kranken, die eine energische Hg-ßehandlnng nach den modernen Prinzipien durchmachten, davon mehr Vorteile hatten als die jenigen, welche eine ungenügende Behandlung nach den früheren Grund sätzen durchgemacht hatten. — Kann man sagen, dass die Qnecksilber- behaudlung nichts bedeutet bei der unbestreitbaren Besserung und un bestrittenen Besserung der Prognose der Tabes? — Dass man keine besseren Resultate in unseren Tagen methodisch dosierter und gut vertragener intra muskulärer Injektionen erhält als mit D u p u y tr e n s c h e n oder R ic o rd sc h e n Pillen, das könnte niemand behaupten. Man muss also beim Versuch, das Problem der Quecksitbehandlung zu lösen, bezüglich dessen so viele einander widersprechende Meinungen in den letzten Jahren in Frankreich geäussert wurden, man muss — sage ich — dieses Problem von neuem und in einer anderen Weise betrachten, — man muss von Anfang an darauf verzichten, zu behaupten, dass die Queck silberbehandlung a l l e Tabiker bessern oder heilen muss oder dass sie in k e i n e m Fall von Tabes Resultate ergeben kanc. In der Periode, in der die Semiologio der Tabes vollständig ist, wenn (wie man es noch häufig im Hospital sieht und wie man es früher oft in der Praxis beobachtete) der Kranke, seit mehreren Jahren an ßlasen- lähmung, motorischer Inkoordination des Thorax und des Abdomens, sekre torischen und motorischen Störungen des Magens und der Därme leidend, eine Blaseninfektion, starke Ernährungsstörungen, respiratorische Insuffizienz und bisweilen eine beginnende Tuberkulose zeigt — wenn dieser Jahre lang durch Schmerzen geplagte Kranke sich an den täglichen Gebrauch von Schlafmitteln und verschiedenen Analgeticis gewöhnen musste — so muss nicht die alte Ursache der Tabes unser therapeutisches Interesse in Anspruch nehmen, sondern der aktuelle Zustand, das neue Krankheitsbild, das nicht ein Resultat der Tabes selbst, sondern das einer Reihe von Komplikationen der Tabes darstellt. Wer kann da nicht verstehen, dass eine Quecksilber behandlung (besonders wenn sie intensiv ist), rücksichtslos ausgeführt, bei diesem schon allseitig vergifteten Kranken nicht eine Besserung, sondern vielmehr eine prompte Verschlimmerung der Symptome herbeiführen wird, da nur eine Vergiftung den anderen Vergiftungen hinzugefügt werden wird? Nehmen wir dagegen einen Tabiker im Anfang. W enn die Syphilis infektion frisch ist und das ganze Symptomenbild sich auf das A r g y lls c h e , W e s t p h a ls c h e und R o m b e rg sc h e Zeichen beschränkt, auf die ersten lanzinierenden Schmerzen (die zu häufig als Rheumatismus angesehen werden), auf einige Schwierigkeiten beim Urinieren oder beim Aufrechtstehen; ist in diesem Zeitpunkt die Quecksilberbehandlung nicht strikte indiziert? Ist es da nicht erklärlich, da der Hg-Gebrauch, in Frankreich wenigstens, fast allgemein geworden ist, dass die Tabiker in dieser Periode so zahlreich sind, viel zahlreicher vielleicht als früher, während die Tabiker, die sich in dem oben beschriebenen Stadium befinden, immer seltener werden und zweifellos schliesslich ganz verschwinden werden? Zwischen der Tabes im Anfang und der komplizierten Tabes, welche wir nach Analogie mit der Tuberkulose als Tabes des ersten und dritten Grades bezeichnen können, steht eine mittlere Tabes, die wir als Tabes zweiten Grades bezeichnen wollen. In diesem Falle sind die Krisen der lancinierenden Schmerzen deutlich ausgeprägt, die Inkoordination ist mehr oder weniger deutlich, es existieren Augenschmerzen, bisweilen Crisis gastriques; die Blasen- und Darmtätigkeit sind träge — kurz, die Symptome der Tabes sind vollzählig oder beinahe vollzählig, aber die Komplikationen haben die Symptome, indem sie sie veränderten, noch nicht verschleiert. 516 XV. Internationaler medizinischer Kongress zu Lissabon. Wenn der Allgemeinzustand des Kranken — wie meistenteils — gut ge blieben ist, wenn noch keine ernste Störung des Gefässsystems, die gewöhn lich mit Sklerose der Leber, der Niere u. s. w. koinzidiert, wenn man endlich vermuten darf, dass dio Funktionen der Ernährung und Entleerung genügend erfüllt werden, ist es noch Zeit, eine Quecksilberbehandlung zu versuchen, die definitiv die Weiterentwicklung der Krankheit hintanhalten kann, wenn sie auch nicht die bereits gesetzten Störungen vollkommen zum Schwinden bringen kann. In jedem Fall wird man entsprechend der individuellen Empfindlich keit eines jeden Kranken die Dosen in entsprechendem Verhältnis nehmen und das Medikament entsprechend wählon müssen. — Wie überall bleiben auch hier die Kalomelinjektionen das heroische Mittel, sie werden aber von empfindlichen Personen nicht vertragen. — Die Injektionen von grauem Ol scheinen uns noch weniger vertragen zu werden. — Die Injektionen lös licher Salze: Hydrargyrum benzoicum, bijodntum etc. werden sehr oft gut vertragen; es besteht jedoch die unangenehme Gewohnheit, sie in un genügenden Dosen anzuwenden, ein Umstand, der ihre Anwendung in sehr vielen Fällen illusorisch macht. Man muss, um einen ernsthaften Versuch der Quecksilberbehandlung gemacht zu haben, in einem Monat ungefähr 0,25 metallischen Quecksilbers injizieren; diese Dosis entspricht ungefähr 4 Injektionen von grauem Öl mit 40 pCt. Hg und G O pCt. Vaselinöl, 0,3 Kalomel mit 84 pCt. Hg, 0,55 Hg benzoatum mit 45,25 pCt. Hg, 0,5G Hg bijodatum mit 44 pCt. Hg etc. Diese Dosen werden jedoch von geschwächten Kranken nicht immer gut vertragen. Man wird sich dann dazu verstehen müssen, zusammen gesetzte Präparate zu benutzen, in denen das Quecksilber mit organischen Produkten verbunden ist, die es nssimilierungsfähiger machen, deren kräftigende Aktion der Mattigkeit ein Gegengewicht entgegengesetzt, welche der Merkur bewirken kann. Das ist der Fall beim Hermophenyl, Encsol, Levusar- gyol etc., die sehr gut vertragen werden, die aber den Fehler haben, nur schwache, inkonstante und schlecht definierte Dosen metallischen Queck silbers zu besitzen. Im übrigen muss man zugeben, dass, wenn so verstanden, die Qneck- silberbehandlung einzig begreiflich und nach feststehenden Kegeln anwendbar wird, seine Wirkung bezüglich des pathologisch-anatomischen Gesichts punktes unerklärt bleibt. Ist die Tabes eine syphilitische Veränderung oder nicht? — Kann der Merkur auf diese Veränderung einwirken? — Auf diese Fragen kann man bisher nur negative Antworten geben. Es scheint uns, dass man in der Erwartung, dass die Untersuchungen des Laboratoriums diese Punkte definitiv aufklären können, vorläufig folgende Punkte auf stellen darf: Die Veränderungen der beginnenden Tabes (die mangels ge nügender Autopien noch schlecht gekannt sind) sind nicht dieselben wie die der alten Tabes; man kann bei fast allen Autopsien der ausgeprägten Tabes nicht mehr untersuchen als Narben rdtcr Veränderungen, deren Initialsitz und wirkliche Entwicklung noch diskutabel ist. Wenn also die Kückenmarks Veränderungen, die als charakteristisch für die Tabes angesehen werden und die gegen Quecksilber resistent erscheinen, nur Narben sind, die von einer verschwundenen Primärläsion herrühren, muss man sich darüber klar werden, dass das Quecksilber keine Einwirkung auf die ansgebildete Tabes ausüben kann, dass es aber dazu beitragen kann, die Entwicklung der Tabes in ihren ausgebildeten Graden zu verhüten. Die Quecksilberbehandlung ist also nicht die einzige Uehandlung der Tabes; ausserdem muss man sich noch hüten, zu glauben, dass man dio Ent wicklung der Krankheit vergleichen kann bei einem Patienten, der alle Kegeln der Hygiene und genauester Diätetik befolgen kann, ferner methodische Kühe und hydrotherapeutische Kuren, ausserdem Kompensationsübungen der XV. Internationaler medizinischer Kongress zu Lissabon. 517 Ataxie, mit der Krankheit eines anderen Patienten, der nichts von alledem ausführen kann, und der ohne seine Lebensgewohnheiten zu ändern, die Heilung ausschliesslich von der Quecksilbersbehandlung a l l e i n verlangt. Die Tabes ist nicht die Syphilis selbst, sie ist ein mehr oder weniger aus gesprochenes Derivat derselben. Dieses bringt in die Konstitution der Tabes einen Faktor der Neuropathie, der Ermüdung, der Infektion oder Intoxikation, was niemand bestreitet, und dieser Faktor muss ebenso wie die Syphilis behandelt werden. — Diejenigen Ärzte, welche nur die Syphilis behandlung berücksichtigen, sind von einer ebenso gefährlichen Exklusivität wie diejenigen, welche davon nicht sprechen hören wollen. Vorsitzender: Herr A r m a tih r H a n s e n (Christiania). Herr A l le n - N e w York: On h ig h fre q u e n c y c u r r e n t s ln sk in d is e a s e s . Elektrische Ströme von hoher Spannung und hoher Frequenz sind von entschiedenem Nutzen bei der Behandlung einer grossen Zahl dermatologischer Leiden. Denn sie haben nicht nur eine Oberflächen-, sondern auch eine Tiefenwirkung. Sie sind von grossem Nutzen für die Diagnose, indem sie Krankheiten aufdecken auf Hautstellen, die anscheinend ganz gesund waren. Und im Narbengewebe decken sie die noch nicht abgoheilten Stellen auf und sind geeignet, solche Stellen besonders therapeutisch zu beeinflussen. Am meisten leistet diese Behandlung für Epithelioma, Lupus, Lupus ery thematosus und Lichen planus. Von Nutzen sind die Ströme auch bei juckenden und schmerzhaften Hauterkrankungen, ferner beseitigen sie rasch und schmerzlos angeborene Mäler und stellen so eine wichtige Massnahme gegen die Entwicklung von Karzinom und Sarkom dar. Herr Al 1 en-New York: A p ro p o se d se a le o f m e a s u r e m e n ts fo r I n te r n a t io n a l u s e in d e rm a to lo g y . Herr A lle n verwirft die Bezeichnung der Grösse von Hantaffektionen nacli Früchten, Samenkörnern, Münzen u. s. w., da diese Gegenstände ja in den verschiedenen Ländern grosse Unterschiede zeigen. Er schlägt dafür eine Dermoskala vor, die auf dem metrischen System basiert. Die Einheit ist der vierte Teil eines Millimeters. Die hauptsächlichsten Grössen sind mit ihrer Bezeichnung auf einem beigegebenen Diagramm eingetragen. Herr D ro sc h -A rie g e : T r a i te m e n t th e r m a l s u l f u r e u x de la sy p h ilis Wie bei allen chronischen Krankheiten, beginnt D., ist auch bei der Syphilis die Badekur angezeigt. Wenn die Indikationen für jede andere Kur nicht mehr vorhanden sind, zeigt sich hier eine Badekur immer noch von grossem Nutzen. Wenn der Luetiker aber keine Quecksilberkur vertrug, dann muss die Bäderbehandlung mit ihr kombiniert werden. Denn es hat sich seit langem gezeigt, dass nach Beginn der Badekur die Qucksilberbehandlung besser vertragen wird. Aber die Badekur ist auch geeignet, eine ihr folgende Quecksilberkur wirksamer zu machen. D. ist der Meinung, dass nach Be endigung der üblichen Kuren eine binzugefügte Badekur sehr wohl imstande ist, die drohenden Tertiärerscheinungen abzuschwächen oder ihren E intritt zu verlangsamen. Dasselbe soll für die parasyphilitischen Erscheinungen Geltung haben. Während der Badekur ist die beste Quecksilberbehandlung die intra muskuläre Injektion löslicher Salze und zwar täglich und in der möglichst grössten Dosis. Allein während der Badekur sollen so grosse Dosen auf genommen und vertragen werden wie bei keiner der anderen Anwendungs arten des Quecksilbers. Dazu kommt, dass das gleich danach genommene Bad die Unbequemlichkeiten der Einspritzung mildert und die Resorption begünstigt. Dass auch die Ausscheidung des Quecksilbers durch die Badekur Dermatologische Zeitschrift. Bd. XIII. Heft 7. 37 518 XV. Internationaler medizinischer Kongress zu Lissabon. erhöht ist, erscheint selbstverständlich. Deshalb werden ja auch die Injek tionen täglich gegeben. Herr P. G. U nna-H am burg: P a th o lo g ie un d T h e ra p ie d e r L e p ra . In seinem von zahlreichen Projektionsbildern begleiteten Vortrage ver suchte Herr U n n a zuerst gegen den Skeptizismus Front zu machen, den noch heute viele Ärzte gegenüber der Heilbarkeit der Lepra zeigen. Nach ihrer Meinung sind die mitgeteilten Heilungen nur spontane Remissionen des Leidens; zweifellos kommen derartige Remissionen vor, sie unterscheiden sich jedoch ganz deutlich durch ihren geringen Grad von den wesentlichen Besserungen und vollkommenen Heilungen, die durch eine erprobte Behandlung erhalten werden. Diese Behandlung darf nicht einseitig sein, sie muss viel mehr nach den einzelnen Fällen variieren, und man muss sie häufig bei dem selben Individuum modifizieren; es gibt Formen der Lepra oder vielmehr lepröse Individuen, die sich absolut refraktär erweisen. Dasselbe Faktum beobachtet man auch bei der Syphilis, dass nämlich verschiedene Behandlungs methoden bei gewissen Individuen versagen, und doch hat man kein Recht, zu behaupten, dass die Syphilis unheilbar sei; ebenso verhält es sich mit der Lepra. Die Schwierigkeiten der Behandlung werden durch verschiedene Ursachen bedingt; besonders liegt es an der Hypertrophie und dem torpiden Zustand der leprösen Gewebe, die es verhindern, dass die auf die Haut oberfläche aufgetragenen Medikamente die in der Tiefe gelegenen Bazillen beeinflussen; dazu kommt die Verstopfung der Lymphbahnen durch dieselben Bazillen, welche ebenfalls die Einwirkung der Medikamente in die Tiefe hindern. W ir verfügen aber glücklicherweise über mehrere Mittel, um diese Schwierigkeiten zu überwinden. Seit langer Zeit besitzen wir schon in der Anwendung der Wärme, der Kompression und der Massage, allein oder kombiniert, ein vorzügliches Mittel, um die Leprabazillen aus den Gewebsschichten, die sie einschliessen, freizumachen. Die Hitze wird am besten in Form von Tintenbädern (Eisen sulfat und Tannin) von 30° mit grossem Erfolg angewandt, besonders bei Fällen mit ausgebreiteten Parästhesien oder solchen, die mit Desquamationen wie bei der Psoriasis einhergehen. Die Kompression und die Massage müssen durchaus sachverständig ausgeführt werden, wenn man nicht Gefahr laufen will, die Bazillen in den Kreislauf zu bringen und so eine Allgemeininfektion hervorzurufen. Es empfiehlt sich auch, den Druck zu verbinden, z. B. unter der Form komprimierender Verbände, mit der Applikation bakterizider Sub stanzen wie Pyrognllol, Chrysarobin etc. Hitze und Kompression können auch mit Vorteil bei dem als „Bügeleisen“ bezeichneten Verfahren zur An wendung kommen; man führt ein warmes Eisen über die mit mehreren Lagen Flanells bedeckten leprösen Partien; dieses Verfahren muss lange Zeit täglich wiederholt werden. Die Verwendung sehr hoher Temperaturen (Thermokauter) muss für spezielle Fälle reserviert werden. Man kann im übrigen die Bazillen aus den sie umgebenden F ett schichten durch kaustische Alkalien isolieren, die besonders bei der Lepra der Schleimhäute indiziert sind. Aber die hieraus resultierenden Narben geben leicht zur Bildung von Keloiden Veranlassung; wir haben jedoch jetzt in dem Thiosinamin ein Mittel, um diesem Ubelstand zu begegnen. Wenn man durch die verschiedenen genannten Mittel dahin gekommen ist, die Bazillen „blosszulegen“, muss man sie direkt mit Hülfe bakterizider Substanzen angreifen. In erster Reihe rechnen hierzu die reduzierenden Mittel wie Pyrognllol, Resorcin, Karbol, Chrysarobin, Schwefel und Ichthyol. Am meisten wird die Pyrogallussäure und zwar in Salbenform benutzt; man kann sie in sehr starken Konzentrationen anwenden, da wir in der Salzsäure ein ausgezeichnetes Gegengift besitzen. Das Resorcin hat eine weniger energische Wirkung und erscheint besonders bei empfindlicher Haut wie Berliner Dermatologische Gesellschaft. 519 hei Frauen und Kindern angezeigt. Die Karbolsäure in 2proz. Lösung wird im allgemeinen zu Injektionen in die isolierten Lepraknoten verwendet. Das Chrysarobin, dessen Wirkung ganz oberflächlich ist, wird nur gegen die leichten Formen der Lepra benutzt. Den Augen der Kranken muss hierbei ganz besondere Sorgfalt zugewendet werden. Die Schwefelsalben leisten vorzügliche Dienste, um die aus den energischeren Heilmitteln hervor gegangenen Entzündungen zu mildern. Ebenso verhält es sich mit dem Ichthyol, das man auch gegen die Ödeme benutzt, ferner in Form von Ichthyolvaselin gegen die leprösen Veränderungen der Nase, in Form von Ichthyolkollodium gegen die Drüsenentzündung, endlich in Form von Ichthyol pflaster gegen die schmerzhaften Gelenkaffektionen. Als interne Medikamente sind Injektionen von Ichthyol und von Kampher sehr geeignet, um den Allgemeinzustand zu heben. Den Titel eines „Spezifikum gegen Lepra“ verdient am meisten Chaulmograöl, das ohne Gefahr für den Magen innerlich und zwar in Form von keratinierten Pillen genommen werden kann. Man kann es auch in Form von Klystieren ( H a ll o p e a u ) geben; aber wegen ihrer zu grossen Schmerzhaftigkeit nicht als subkutane Injektion. Das Salol wurde ebenfalls mit Erfolg von U n n a bei gewissen sehr schmerzhaften Fällen angewandt. Die von Herrn U n n a mitgeteilten verschiedenen Färbemethoden, die nach seiner Angabe darüber Aufschluss geben, ob die Leprabazillen noch lebensfähig oder bereits abgestorben waren, lassen sich in einem kurzen Keferat nicht wiedergeben. (Schluss im nächsten Heft.) Sitzungsbericht. Berliner dermatologische Gesellschaft. S i t z u n g am 13. F e b r u a r 1906. Vorsitzender: H err E. L e s a e r . S chriftführer: Herr B r u l in s . Neu aufgenomnien in die Gesellschaft sind die Herren B r e n n i n g und G r ü n f e ld . Als Gäste sind anwesend die Herren D s i n t e r s und S t r a u t s c h , ferner die Herren R a e t h e r und E. C ro n b a c h . Der Vorsitzende gibt einige auf den Kongress in Lissabon bezügliche Druckschriften herum, und teilt darauf mit, dass dank der Fürsorge des Herrn H e l l e r ein geeigneteres Lokal für die Versammlungen der Gesellschaft im Auditorium der dritten medi zinischen Klinik gefunden sei, wo auch ein Epidiaskop zur Ver fügung stehe. Die Sitzungen der Gesellschaft werden in Zukunft dort stattfinden. T a g e s o r d n u n g . 1. H err B l a s c h k o : Krankenvorstellung: P s e u d o p e l a d e . Bei dem Kranken, den ich Ihnen hier vorstelle und der auf den ersten Blick an Alopecia areata zu leiden scheint, handelt es sich um eine E rkrankung, die seit 5 Jahren besteht, hinter dem rechten Ohr angefangen, allmählich weitergekrochen ist und je tz t fast den ganzen 37*
Dermatology – Karger
Published: Jan 1, 2009
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