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Berliner Dermatologische Gesellschaft

Berliner Dermatologische Gesellschaft Sitzung am 12. November 1929. Vorsitzender: H err Buschke. Schriftführer: H err 11'. Fischer. T a g e s o r d n u n g : Geschäftlicher Teil. H e rr Ledermann gibt den Bericht des Schriftführers, H err Heller den über Kasse und Bibliothek. Der durch das Ableben von Herrn Arndt f«“¡gewordene Platz des ersten Vorsitzenden bleibt auf Vorschlag von Herrn Hasehke unbesetzt. F ü r den verstorbenen H errn Pulvermacher wird H err A. Alexander in den erw ei­ terten Vorstand gewählt. Die bisherigen Mitglieder werden durch Zuruf wiedergewählt, Wissenschaftlicher Teil. H err Btischke: Meine H erren! Bevor wir in die. Tagesordnung ein- treten, erfüllen wir die traurige Pflicht, zweier verstorbener Ehrenmitglieder unserer Gesellschaft zu gedenken: P. G. Unnas und Domenicus Majocchis. Auf die große Bedeutung Unnas, eines der genialsten Dermatologen, dem unser Fach grundlegende, Fortschritte auf verschiedenen Gebieten in umfassender Weise verdankt, brauche ich nicht noch einmal hinzuweisen, nachdem w ir in einer besonderen Trauerfeier die Verdienste dieses großen Mannes gewürdigt haben. Majocchi hat jahrzehntelang die Dermatologische Klinik in Bologna geleitet. Eine große Reihe von hervorragenden Arbeiten haben ihn in der Fachliteratur der ganzen Welt berühmt gemacht. Dauernd wird sein Karne verknüpft bleiben mit dem nach ihm benannten Granuloma trichophytieuin und vor allem mit der Purpura annularis, deren allgemeine medizinische Bedeutung, ihre Verknüpfung mit der Hyperglobulie in der letzten Zeit H err Gottron festgestellt hat. Noch bis in die letzte Zeit hat M. wichtige Arbeiten vollendet, wie der Bericht über eine Epidemie einer durch die Getreidemilbe erzeugte Dermatose dartut. W ir werden den beiden verstorbenen Ehrenmitgliedern und hervorragenden Förderern unseres Fachs ein dauerndes ehrendes Andenken bewahren 1 H err Buschke: Magnifizenz, verehrte Trauergäste und Kollegen! Bevor w ir heute an unsere Arbeit, gehen, liegt uns die traurige Pflicht ob, hier zum letzten Male unseres verstorbenen 1. Vorsitzenden, Georg Arndt, zu gedenken. Ich habe bereits am Sarge des Verstorbenen im Aufträge der Gesellschaft einen Kranz niedergelegt und unsere letzten Grüße übermittelt. Es war Arndt nicht vergönnt, so wie seine Fähigkeiten und sein Fleiß es ihm bei völliger Gesundheit wohl ermöglicht hätten, voll und ganz das zu leisten, was ihm vorgeschwebt haben m ag: denn jahrzehntelang mußte e r seinem kranken Körper seine Leistungen abringen und vieles, was e r vollbringen wollte, mußte unterbleiben, weil sowohl seine körperliche Leistungsfähigkeit, wie auch eine gewisse psychische Hemmung es ihm nicht gestatteten, sich voll wissenschaftlich und praktisch in dem von ihm so überaus geliebten Fach auszuleben. In jüngeren Jah ren hat e r durch ausgezeichnete Arbeiten unser Fach bereichert, später h at sein überaus starkes Pflichtgefühl, eine außer­ ordentliche K ritik ihn vielfach gehindert, selbst zu publizieren und seine Schüler publizieren zu lassen. Hm so mehr baute e r seine Lehrtätigkeit aus, 3* Berliner Dermatologische Gesellschaft. 3i> bei der er sein ausgezeichnetes Wissen und sein pädagogisches Talent e n t­ falten konnte. Das kam natürlich in erster Linie den Studenten und seinen engeren Schülern, dauernder ganz besonders unserer Gesellschaft zugute, in der er aus dem reichen Material seiner Klinik, aus seiner tief schürfenden Kenntnis, besonders auch der ausländischen Literatur und auf der Basis einer hohen diagnostischen Kunst, mit der er intuitiv viel schneller, viel gründ­ licher und viel besser schwierige Erscheinungen unseres Faches erfaßte als wir, uns belehrte. Seine vorzüglich vorbereiteten Demonstrationen auf klini­ schem und histologischem Gebiet bildeten den Höhepunkt unserer Sitzungen, und kaum ein Abend ging vorüber, an dem wir nicht durch ihn unser Wissen erweitern konnten. So sind gerade wir. die Berliner Dermatologische Gesell­ schaft, dem Verstorbenen zu besonderem Danke verpflichtet, für die Förde­ rung, die er, oft im Kampfe mit seiner Gesundheit, uns hat angedeihen lassen. Deshalb hielten w ir es für unsere Pflicht, heute noch einmal das Bild dieses ausgezeichneten Fachmannes, dieses vornehmen Menschen, dieses w arm ­ herzigen Arztes und zuverlässigen Kollegen vor uns erstehen zu lassen. Sein ältester Schüler, der ihm auch menschlich sehr nahe stand, H err Löhe, hat es übernommen, die Persönlichkeit und das Wirken Arndts hier zu schil­ dern, des Mannes, der mit solchem Erfolg in unserer Mitte gew irkt hat und dem wir über das Grab hinaus ein ehrendes Andenken bewahren werden. H err Löhe: Gcdärlitnisrede an/ Herr» Professor Arndt. (Erscheint in dieser Zeitschrift.) K rauhen Vorstellungen. H err Gottron (Universitäts-Hautklinik). a) Xanthomatose, Degeneration im Bereich von Narben, die von tube­ rösen Sgphiliden herrähren. 55jähriger Patient, bei dem es 37 Ja h re nach der Infektion zur E nt­ wicklung eines am Stamm und an den Extremitäten ausgedehnt generali­ sierten tuberösen Syphilides kam, das auf Jodkali in etw a 3 Wochen ab ­ heilte. Das Exanthem bestand bei Beginn der Beobachtung bereits 3 Monate und war teilweise schon spontan abgeheilt. Einzelne der Narben, und zwar sowohl im Bereich des Stammes wie der Extremitäten boten sich als fleck­ förmige, strohgelbe Gebilde dar. Diese waren klinisch als xanthomatös de­ generierte Narben aufzufassen. Histologisch fanden sich in den oberen An­ teilen der Kutis in Zügen ungeordnete Xanthomzellen. Diese sind von spinde- liger Form, weisen einen zentralen, oft etwas zusammengedrückten Kern und ein feinwabiges Protoplasma auf, in dessen Bereich bei Sudanfärbung sich eine doppelbrechende Substanz (Cholesterin) wahrnehmen läßt. Die auf unsere Behandlung zurückgebildeten tertiärluetischen Effloreszenzen lassen bis jetzt noch keine Xanthomatose Degeneration erkennen. Anamnese bezüglich Lebererkrankung negativ, im Urin kein Säccharum; Cholesteringehalt des Blutes 205»/00. b) Epidermoltjsis bullosa bei einem 26 jährigen Patienten. Der mir seit etwa 2 Ja h re n bekannte K ranke weist eine stets auf die Handrücken be­ schränkte Neigung zur Ausbildung von Blasen auf, die meist serös und nur ganz vereinzelt einmal hämorrhagisch sind. Beiderseits unter dem distalen Anteil der Daumennagelplatte Blasenbildung. Angeblich soll sich bei dem etwa 70jährigen Vater seit etw a einem halben J a h r die gleiche Erkrankung mit gleicher Lokalisation bemerkbar machen. Die Eltern sind nicht bluts­ verwandt. Seit, etwa 2 Monaten macht das Gehen dem Kranken Beschwerden. Berliner Dermatologische Gesellschaft. Deshalb Überweisung zur Nervenklinik, wo durch Dr. Albrechl der folgende Befund erhoben werden konnte: Spastisch gesteigerte Sehnenreflexe an Armen und Beinen, an den Beinen am stärksten, hier auch ausgesprochen© spastische Paresen. Sensible Störungen bestehen nicht; am linken Arm eine leichte Ataxie. Seit einer Reihe von Ja h re n Störungen der Miktion und N ei­ gung zum Zwangslachen. Danach das Vorliegen einer multiplen Erkrankung des Zentralnervensystems wahrscheinlich. Gegen eine multiple Sklerose spricht etwas der völlig normale Liquor, doch ist eine multiple Sklerose trotzdem am wahrscheinlichsten. e) Purpura aufgetreten im 1 ’erlauf einer schweren Tbc. der Lunge und des Kehlkopfes bei einem 55 jährigen Manne. Tuberkelbazillen im Auswurf. Im September 1928 bestand außerdem noch eine Pleuritis links. Damals 'fern peratursteigerung bis über 39°, während jetzt nur noch geringe Tem peratur­ steigerung besteht. Die damalige Blutformel unterschied sieh von der jetzigen vornehmlich durch den Prozentgehalt der Eosinophilen, damals 1 "/o, jetzt 6®/o. Seit Mai 1929 in Schüben auftretende petechienartige Blutungen in symmetrischer Verteilung an Armen und Beinen, wobei die Beugeseiten stärker befallen sind wie die Streckseiten. Vorhanden waren punktförmige, fleckige, bläulichrote Gebilde. Rumpel-Leede negativ. Dieses Bild w ar bei klinischer Betrachtung nosologisch in eine der hämorrhagischen Diathesen nicht eingruppierbar. Auch Prof. H. Uirschfeld, dem ich den Pall zeigte, war sich über die Stellung dieses Exanthemes nicht im klaren. Hämatologisch kein wesentlich vom Normalen abweichendes Bild: insbesondere ist hervorzu­ kehren, daß die Thrombozyten nicht vermindert waren. Differentialbild: 10«,o Stabk., 53 «o Segmentk.. 6«/o Eos., 16°,b Lymphoz., 11"/# Monoz., 3 o/o Reizungsformen, 1 "o Mastz. Im Verlauf der weiteren Beobachtung konnte nun im Beginn eines neuen Rezidivs ganz ausgeprägt ödematöse E ry ­ theme festgestellt werden, die nur eine besondere Kleinheit aufwiesen, und in die hinein Punktblutungen erfolgten. Damit w ar der Hinweis gegeben, daß wir es mit einer Schönleinschen Purpura zu tun haben. Damit ist wohl auch in Einklang zu bringen die jetzt erhebbare Feststellung, daß das E x ­ anthem immer wieder bei dem Kranken nach einem größeren Biergenuß in Erscheinung t r i t t 1). Sehleimhautblutungen bestehen nicht. Ob und inwieweit die hier vorliegende hämorrhagische Diathese mit der G rundkrankheit des Patienten in Beziehung zu bringen ist, muß offen bleiben. Sicherlich sind die bei Tuberkulose beobachtbaren Purpuraformen nicht einheitlicher Patho­ genese. Der Patient weist einen positiven Wassermann auf. Im September, zur Zeit des Bestehens der Pleuritis und der hohen Temperatursteigerung, hatte e r einen Blutdruck von 145—70, während er jetzt einen Blutdruck von 180—90 aufweist. Röntgenologisch ist eine breite Aorta vorhanden. d) Ungewöhnlich stark ausgeprägte warzige Psoriasis vulgaris, die be­ dingt ist durch das Emporschießen des hyperplastischen Papillarkörpers bei einem 74 jährigen Mann. Sitz dieser Veränderung ist ein handflächengroßer, scharf begrenzter K rankheitsherd auf der Streckseite des linken U nter­ schenkels im unteren Drittel. Hier findet sich eine mehrere Millimeter die Umgebung überragende zartgekörnte, etwas bläulichrote Wucherung des Papillarkörpers. Diese w ar mit einer bräunlich grauweißen, nicht locker g e­ schichteten, schuppenkrustösen Auflagerung bedeckt, die kreuz und quer l ) Vergleiche 'Kreibiseh, Purpura nach Biergenuß. Ztrlbl. 1928. Berliner Dermatologische Gesellschaft. laufende tiefe Einrisse aufwies. Vereinzelte ähnlich gestaltete und ins­ besondere ebenfalls eine Hyperplasie des Papillarkörpers, wenn auch nicht so hochgradig, aufweisende Krankheitsherde finden sich in Münzengröße auf den Gesäßbacken und auf den Ellenbogen. Auch histologisch steht die papillomatöse Wucherung des Papillarkörpers im Vordergrund, der gegenüber die Akanthose und die schmalkantige Verhornungszone zurücktritt. e) Akut einsetzende Pilt/riasis lichenoides bei einem 28 jährigen Arzt. Stamm und Extrem itäten sind übersät (viel dichter als im Muchaschen Falle, Arch. 123) von Krankheitseffloreszenzen, die innerhalb von etwa 10 Tagen diese Dichtigkeit der Aussaat erreichten. Ursprünglich waren vor allem die seitlichen Rumpfanteile insbesondere nach der Achselhöhle zu und das obere Drittel der Extrem itäten am stärksten befallen, so daß diese Ver­ teilung und das Vorhandensein von fleckförmigen seborrhoiden Effloreszenzen mich auch an Pityriasis rosea denken ließen, eine Diagnose, die aber nicht aufrechterhalten werden kann. Einige Tage später waren auch die übrigen Teile des Stammes und der Extrem itäten einschließlich der Hand- und F inger­ rücken befallen. Daneben wurden behaarter Kopf, Gesicht sowie die Schleim­ haut der Unterlippe Sitz einer größeren Anzahl von Effloreszenzen. Diese boten sich in der Hauptsache dar als reiskorn- bis über erbsengroße, meist rundliche, bläulichrote oder bräunlichrote, knötchenförmige Gebilde, die zu einem geringen Teil zentral ein oft Linsengröße an Umfang erreichendes Bläschen aufwiesen. E tw a drei Wochen nach Einsetzen der Erkrankung war das Bild insofern ein anderes, als jetzt in größerer Zahl hämorrhagisch-nekro­ tische Effloreszenzen (Typ'M ucha) vorhanden waren, die in bewerkenswerter Weise neben ihrem hauptsächlichen Verbreitungsort am Stamm auch auf Hand- und Fingerrücken zu Gesicht kamen. .Jetzt waren auch, was in der Folgezeit immer mehr in Erscheinung trat, zahlreiche charakteristische Knöt­ chen wahrnehmbar, die sich unter allmählicher Rückbildung des Infiltrates mit einem Schüppchen bedeckten, das sich schließlich als kollodiumartig auf- geklebt erscheinendes Häutchen darbot. Dieser akut einsetzende Fall wies im Laufe seiner Beobachtung alle bekannten Varietäten der akuten Pityriasis lichenoides auf: Die seborrhoide Form (die ja ursprünglich an Pityriasis rosea denken ließ) Toulons, auf deren Vorkommen auch ich wiederholt aufmerksam gemacht habe (Sitzung De­ zember 1926 und Mai 1927), weiterhin die von mir zuerst hier (ebenda) demonstrierte vesikulöse Form und zuletzt die vielfach beobachtete Mucha­ sche Form, w ählend jetzt nach Rückbildung der noch sichtbaren Efflore­ szenzen vom Muchaschen Typ in der Hauptsache das gewöhnliche Bild der Pityriasis lichenoides vorliegt. Die hier beobachtete Entwicklungsreihe zeigt doch, daß w ir immer mehr mit größerer Sicherheit all diese Erscheinungs­ bilder der Pityriasis lichenoides zurechnen dürfen, deren Krankheitsbild d a­ mit zu erweitern ist, was ja auch Geltung hat für Fälle von Parakeratosis variegata, wie ich in dieser Gesellschaft ausführen konnte (Derm. Ztschr. Bd. 56). Bei dem hier demonstrierten Falle erscheint mir noch das Folgende be­ merkenswert: 1. Pirquetsche Reaktion stark positiv (vgl. früher mitgeteilte Beobachtungen); klinisch keine Zeichen einer aktiven Tuberkulose. 2. Bei Feststellung des Blutdruckes, der jetzt eine Höhe von 115—70 aufweist, machte der Kollege die Angabe, daß zuweilen bei ihm ein höherer Blutdrucks­ wort festzustellen ist, und daß er bereits vor 6 Ja h re n , also im 22. Lebens- Berliner Dermatologische Gesellschaft. 3U jalir, einmal einen Blutdruck von HO aufgewiesen habe. Wir haben es also mit einem labilen Hypertoniker zu tun (vgl. meinen Hinweis auf erhöhte Reaktionsbereitschaft der Haut bei labilem Hypertonus [demnächst Purp. Maj. Arbeit im Archiv |). Der K ranke ist im übrigen vollblütig und mäßig beleibt. Nationalität Spanier. 3. Der Kollege führte von sich aus als Therapie eine möglichste. Beschränkung der Nahrungsaufnahme durch (genoß nur zwei Glas Milch, aß einige rohe Äpfel und Butterbrote). Danach (oh post oder propter hoc fraglich) bildete sich die, akute Note des Krankheitsbildes zurück. 4. Blutbild: 5,3 Mili. Rote, D ifferentialblutbild: B. 1, Eos. 2, Stabkern., 3, Segmentkern. 46, Lympho. 45, Mono. 5 o/o. f) Gleichzeitiges Vorhandensein von Ergthsma indurat.um und Sarkoid- Darier- Roussg laei einem 44jährigen wohlgenährten, etwas beleibten Mann, nebst einigen Bemerkungen zu einer wohl als hyperergisch ( Rößle-Hübsoh- mann) zu bezeichnenden Reaktionsform der Hauttuberkulose. Seit 6 J a h re n will der Kranke etw a alle zwei J a h re einmal das Auf­ treten von Krankheitsveränderungen wie die jetzt bestehenden bei sich beob­ achtet haben. Die Unterschenkel sind der Sitz von drei- bis fünfmarkstück­ großen Erythemen, in deren Bereich sich kutan gelagerte plattenartige I n ­ filtrate finden. Ein Teil dieser weist scharf begrenzte, steil abfallende Ränder zeigende, fingernagelgroße, zartgranulierte Ulzera auf, deren bräunlich­ roter Grund streifenförmig angeordnete graugelte Bezirke erkennen läßt. Die einzelnen zum Teil narbig abgeheilten Krankheitsherde lassen eine strang- förmige Anordnung erkennen. Am Arm sind — den Sarcoides noueuses D ariers entsprechende — mehr tiefer gelagerte bohnengroße Knoten, über denen die H aut von blaßroter Farbe ist. Diese finden sieh auch auf den Gesäßbacken. Hier wie auch in den seitlichen Rumpfteilen unmittelbar oberhalb der Spina iliaca sind nun noch in ziemlich symmetrischer Verteilung eine größere Zahl subkutaner Sarkoide vorhanden, auf die die Aufmerksamkeit erst durch den K ranken gelenkt wird, und die nur bei Betastung wahrnehmbar werden. Die letzteren erreichen meist Erbsen-, vereinzelt a t e r auch Bohnengröße. Die Haut ist im Bereich der indolenten Gebilde von meist normaler und nur ver­ einzelt von zart bläulich-roter Farbe. Beim Abheben der Haut ist zuweilen die von Darier beschriebene orangenschalenartige Oberflächengestaltung be­ merkbar. Ein histologisch untersuchtes Dariersches Sarkoid zeigt in einem Um­ fang von Halbpfennigstückgröße fast ausschließlich in der Subkutis gelagerte entzündliche Veränderungen. Diese haben im Zentrum des Krankheitsherdes das Fettgewebe vollkommen ersetzt, während in der Peripherie die F e tt­ gewebszellen auseinandergedrängt erscheinen und zwischen sich eine zöllige Gewebsinfiltration aufweisen. In geringem Umfang ist das Zentrum des Krankheitsherdes im Schnitt ausgefallen und die so entstandene Lücke ist umsäumt von einem mit zahlreichen ( a te r im mer n u r in den zentralen Anteilen feststellbaren) Leukozyten durchsetzten lymphozytären Infiltrat, das zentral- wärts entweder vollständig nekrotisch geworden ist, bzw. eine schlechte F ä rb ­ barkeit der Kerne erkennen läßt. Plasmazellen fehlen. Insbesondere in der Peripherie finden sich, und zwar meist in nesterförmiger, vom Hauptherd getrennter Anordnung Epitheloidzellenknötchen, die hie und da einmal eine Riesenzelle einschließen. Im Krankheitsherd sind immer wieder Gefäßver­ änderungen feststellbar. Die Gefäße sind verdickt, meist auf Kosten der Media, stellenweise ist auch die Adventitia verbreitert. Sie erscheint auf- B erliner Dermatologische Gesellschaft. gelockert und zeitig durchsetzt. Seltener begegnet man einer Wucherung der Gefäßinnenhaut. die vereinzelt eine fast vollkommene Obliteration der Ge­ fäße zur Folge hat. Die Elast iea interna derartiger Gefäße ist mehr oder minder vollkommen zugrunde gegangen (aufgesplittert). Im Bereich der be­ troffenen Subkutis weisen die noch vorhandenen Bindegewebssepten keine besondere Verbreiterung auf. Die Bindegewebszüge sind etwas auseinander­ gedrängt und mäßig zellig durchsetzt. Das Bindegewebe selbst ist teilweise völlig zerfallen und hyalin entartet. Das Zusammenvorkommen von Erythema iudurafum und Sarkoid Darier-Boussy, sowie die im klinischen Bilrl feststellbaren allmählichen Über­ gänge der einzelnen Erscheinungsbilder ineinander und sowie, insbesondere auch' das beim Sarkoid Darier-Boussy anzutreffende histologische Bild, das sich doch in nichts wesentlichem von den Veränderungen, wie man sie beim Erythema induratum zu sehen bekommt, unterscheidet, sprechen dafür, daß wir es mit Erscheinungsbildern der Hauttuberkulose zu tun haben, die zusammengehörig sind und eine gegenseitige Abtrennung nicht erheischen. Zu diesem Ergebnis war Zieler in seiner Monographie der Hauttuberkulose bereits 1912 gekommen. Auch Volk (Wien. Klin. Wschr. 1913) und Kohl (Wien. med. Wschr. 1913) haben an Hand je eines ähnlich gelagerten Falles wie der vorliegende den gleichen Standpunkt eingenommen. Eine Abtrennung der Darierschen S ar­ koide von der Sarkoiderkrankung (Boecksehes Sarkoid ctr., siehe meine De- monstr. B. I). G., Ju li 1929) muß erfolgen auf Grund der anderen Art der Gewebsreaktion,- auf Grund des immunbiologischen Verhaltens und auf Grund der sonstigen im Körper vorhandenen tuljerkulösen Herde. Auch Darier, der bezüglich der nosologischen Gruppierung seiner Sarkoide im Laufe der Jah re eine verschiedene Stellung einnahm (siehe Zieler), scheint ja heute gleich­ falls diese (soweit sie durch den Tuljerkelbazillus bedingt sind) dem Erythema induratum anzureihen und sie vom Boeckschen Sarkoid abzutrennen (siehe. Precis de Demi., 1928). Jadasaohn (Zentralblatt, 20, 74-1) hingegen betont, daß Erythema induratum und die Darier-Bonssysche Form des Sarkoids in ihrer charakteristischen Ausbildung noch recht weit voneinander entfernt sind. Bezüglich der Tuberkulosekrankheil des hier demonstrierten Patienten ist noch bemerkenswert, daß e r im 14. Lebensjahr an Skrofuloderm g e ­ litten, worauf die noch jetzt vorhandenen Xarbeu hinweisen. Die hier zu beobachtende Verlaufsweise der Tuberkulose lenkt die Aufmerksamkeit auf die Beziehungen der jetzt vorhandenen Beakt ionsformen der Hauttuberkulose (Erythem a ind. und Sarkoid Darier-Boussy) einerseits und des früher be­ standenen Skrofuloderms andererseits. Man wird wohl immer mehr zu der Erkenntnis kommen, daß es sich bei diesen Erscheinungsformen der H aut­ tuberkulose (Skrofuloderm. Erythem a indurat., Sarkoid Darier-Boussy) um eine zusammengehörige Eeaktionsform der Hauttuberkulose handelt. Zieler weist darauf seit längerem hin. Auch Darier hebt die großen Analogien hervor. Es handelt sich um eine Generalisationsform von Tuberkulose in der Haut. Die Gewebsreaktion dieser ist dadurch gekennzeichnet, daß das Ver­ hältnis der exsudativen zur produktiven Komponente sehr zugunsten der ersteren überwiegt (siehe Arbeiten Hübschmanns). Ilübschmann betont, daß bei derartigen Ablaufsformen ein hyperergischer Zustand entweder lokal oder allgemein vorliegt. Das Skrofuloderm wäre nach dieser Auffassung (eventuell unter dem Einfluß einer stärkeren Infektionsdosis als sie. den anderen klini­ schen Bildern zukommt) das am stürmischsten verlaufende Erscheinungsbild, Berliner Dermatologische Gesellschaft. hei dem dementsprechend die exsudative Note mul der Zerfall am ausgepräg­ testen sind. Erythem a induratum und Sarkoid Darier-Roussy verlaufen milder, aber auch hierbei tritt die produktive Note sehr zurück, und sofern sie w ahr­ nehmbar ist, ist sie immer wieder meist als Umrahmung und in einzelnen Nestern sichtbar. All diese Formen sind dann weiterhin geweblich gekenn­ zeichnet durch eine besondere .Anfälligkeit, des Gefäßsystemes; mehr oder minder ausgesprochene Gefüßverümlerungen sind immer wieder vorhanden. Auch bei diesen Reaktionsformen entsprechen den pathologisch-anatomischen Vorgängen bestimmte innnunbiologisehe. Verhältnisse. Während wir bei der Sarkoiderkrankung, der geweblich rein produktiv (Epitheloidzellentuberkel) charakterisierten Reaktionsform einer positiven Anergie (negativer Pirquet) begegnen, weisen die hier in Rede stehenden Tabe.rkuloseformen meist eine stark positive Pirquetreaktion auf, wie das auch bei unserem Kranken der Fall ist. Bezüglich sonstiger im Körper vorhandener tuberkulösen Verände­ rungen scheint bei dieser hyperergischen Reaktionsform der Hauttuberkulose meist wenig fcstzustellen zu sein. Unser Kranker zeigte im Röntgenbild nur einzelne kleine inaktive Herde (vgl. z. B. auch Martensleins Befunde an den Lungen bei Skrofuloderm (Areh. 131 u. 140). Erwähnt sei noch, daß der Kranke in der Achselhöhle je eine bohnen­ große und in der Inguinalbeuge je eine, erbsengroße Drüse aufwies. 2. H err Gotlron und H err Jacobi (Universitäts-Hautklinik. B erlin ): ,siiblcukiimische Lymphadenosis cutis und des lymphatischen Apparates nach Herpes zoster generalisata» liei einem 03jährigen Mann. Seit April 1929 beobachtet der K ranke ein Größerwerden der Drüsen am Hals, in den Achselhöhlen und den Inguinalgegenden. (in Bereiche dieser Körperregionen ziemlich gleichmäßige Schwellung aller Lymphdrüsen, was ja mehr für Leukämie als für Lymphogranulomatose spricht. Die Drüsen selbst sind weich (nicht erweicht), nicht hart, was im gleichen Sinne aus­ zuwerten ist; sie sind indolent, vielfach isoliert, auf der Unterlage verschieb­ lich und nicht mit der Haut verwachsen. Es finden sich aber auch größere Drüsenpakete, wie zum Beispiel in der rechten Achselhöhle, die der Sitz um­ fangreicher bis faustgroßer Drüsenschwellungen ist. Größere Drüsenpakete sind ferner vorhanden an den Kieferwinkeln, wo sie zur leichten Abhebung der Ohrläppchen geführt haben, während sonst die Submental- und Inguinal- gegend sowie Ellenliettgen nur haselnuß- bis gänseeigroße (inguinal) Drüsen feststellbar sind. Außerdem ist eine große Milz h ärterer Konsistenz nachweisbar. Be­ sonders bemerkenswert sind die Hautveränderungen. Zweierlei ist hier zu sehen, einmal ein fläehenhafter Krankheitsherd, der das Gebiet der linken Zervikalsegmente 111 und IV einnimmt. E r ist gekennzeichnet durch ein bräunliches, dünnplattenartiges Infiltrat, in dessen Bereich die verdünnte. Oberhaut zarte Gefäßreiserchen durchscheinen läßt. Auf Glasdruck verbleibt ein blaß graubrauner Farbenton. Hervorzuheben ist, daß dieses Infiltrat inselförmig unterbrochen wird von linsen- bis fingernagelgroßen, mäßig gegenüber der Umgebung eingesunkenen, straff atrophischen Narben. In der Umgebung des flächenhaften Infiltrates sind einzelne rundliche, linsengroße Infiltrate vorhanden. Derartige kleinere Infiltrate, die den zweiten Teil der an der Haut beobachtbaren Erscheinungen ausmachen, sind über den ganzen Körper verstreut. Sie sind auf der linken Körperhälfte wohl etwas zahlreicher als auf der rechten. Sitz derartiger Infiltrate sind der behaarte Kopf, die Stirn, B erliner Dermatologische Gesellschaft. Wie Extremitäten, wobei Oberarme dichter besät sind als Unterarme, aber auch Hände und Finger beteiligt sind, sowie die Brust und seitliche Rumpf- teile. Die Einzeleffloreszenzen sind meist linsen-, zuweilen auch fingernagel­ groß, meist von bräunlichroter, an den distalen Teilen der Extremitäten aber von bläulichroter Farbe. Ein Teil der Gebilde weist im Zentrum eine kleine Narbe auf. Auf der rechten Brust und am rechten Oberarm finden sich in streifenförmiger Anordnung Infiltrate, in deren Bereich die Follikel erweitert >uid mit schwärzlichen, punktförmigen Hyperkeratosen ausgefüllt sind (ob sich hier die Erkrankung im Bereich eines Komedonennävus lokalisiert hat, muß fraglich bleiben). Histologisch weisen die an Wangen und Arm herausgeschnittenen In ­ filtrate das charakteristische Bild einer Lymphadenosis cutis auf. (De­ monstriert.) Das Blutbild ist nun dadurch gekennzeichnet, daß eine Gesamtvermeh- rung der weißen Blutkörperchen nicht besteht, wohl aber das Pinkussche Zeichen (relative Lymphozytose) positiv ist. Die Blutformel ist die folgende: Erythrozyten 3880000, Leukozyten 9900. Die Differentialzählung e rg a b : l°.'o Basophile, 4°/o Eosinophile, 1% Jugendliche, 6»/o Stabkernige, 31 «o Seg­ mentkernige, 51 #/o Lymphozyten, 0 ® /o Monozyten. F ü r das Verständnis des in diesem Falle beobachtbaren Erscheinungs­ bildes sind die folgenden Daten von Bedeutung: Vor etwa I Monaten soll der Kranke nach Diagnose eines erfahrenen Kollegen eine Skabies gehabt haben, die auf Schwefelbehandlung abgeheilt ist. Ob diese Diagnose absolut gesichert, läßt sich jetzt nicht mehr sagen, die Verbreitung (Interdigitalfalten, Achsel­ höhlen) und die erfolgreiche Schwefeltherapie sprechen für die Richtigkeit. Natürlich wäre auch an Prurigo bei lymphatischer Leukämie zu denken. Nach Abheilung dieser Erkrankung trat im Oktober ein Herpes zoster (Arsen hat der K ranke vorher nicht bekommen) im Bereiche der Zervikalsegmente III und IV in Erscheinung (deshalb Aufnahme auf die Abteilung von Prof. Buschice), der nach Angabe des Kranken begleitet war von einer generali­ sierten Aussaat von Effloreszenzen am Kopf, Stamm und Extremitäten. Wir haben es also mit einem Herpes zoster, wahrscheinlich generalisatus bei subleukämischer Leukämie zu tun. Herpes zoster und auch insbesondere generalisierte Formen haben wir mehrfach bei Leukämie beobachten können, und 11. Freund hat ja vor kurzem an Hand einer eigenen Beobachtung auf die Häufigkeit dieses Zusammentreffens hingewiesen. (Arch. 154. D. W. 88.) Nach Abheilung des Herpes zoster, der teilweise ein gangränöser war, wofür die jetzt vorhandenen Narben, welche die inselförmigen, von leukämi­ schem In filtrat frei bleibenden Bezirke abgeben, sprechen, kam es zur Aus­ bildung des jetzt vorhandenen Exanthems, das den Kranken veranlaßt hat, unsere Klinik aufzusuchen. Auf der Abteilung BuscKke w ar dasselbe, wie uns H err Prof. Buschko mitteilte, noch nicht vorhanden. Es ist insbesondere im Bereich der vom Zoster betroffenen Zervikalsegmente zu einem flächen- haften, leukämischen In filtrat gekommen. Aber auch am Sitz der generali­ sierten Zostereffloreszenzen kam es zur Ausbildung leukämischer Infiltrate. Ob auch die etwas fraglichen Krankheitsherde der Skabies die Ausbildung leuk­ ämischer Infiltrate an ihren Lokalisationsstellen förderten, muß unentschieden bleiben. Der Sitz von leukämischen Infiltraten an den Interdigitalflächen könnte so seine E rklärung finden. Auf die Entwicklung von leukämischen I n ­ filtraten im Bereiche vorausgegangener Herpes-zoster-Effloreszenzen hat Berliner Dermatologische Gesellschaft. ■Jadassohn hingewiesen (Ztrlbl. TW. 20, S. 741). Im Jadassohnsdien Falle handelte es sich um eine lymphatische Leukämie mit Herpes zoster generali- satus, während hier eine subleukämischc Leukämie vorhanden ist. Auch inso­ fern bildet die vorliegende Beobachtung eine Parallele zu dem Jadassohnschen Falle, als die weitere Beobachtung ergab, daß sich die leukämischen H au t­ infiltrate auf Bestrahlung der Drüsen hin zurückbildeten, obwohl die leuk­ ämischen H autinfiltrate selbst nicht bestrahlt wurden. Bemerkt sei bei dieser Gelegenheit, daß wir vor Ja h re n einmal im An­ schluß an einen Zeckenstich im Bereiche dieses die Kntwieklung eines aleuk­ ämischen Infiltrates beobachten konnten. Erwähnenswert erscheinen noch die äußerst heftigen neuralgischen Beschwerden des Kranken im Bereiche der befallenen Nervensegmente. Bei alten Leuten sind ja die Neuralgien öfters einmal sehr schmerzhaft, aber in diesem Falle scheinen sie besonders hochgradig und lange anhaltend (seit 2 Monaten) zu sein. Auch Jadassohn hat in seinem Fall auf das Vorhanden­ sein heftiger neuralgischer Schmerzen hingewiesen. Nachzutragen ist noch, daß der Kranke Ende November von einem im Gesicht lokalisierten Erysipel befallen worden ist. 3. H err Freund (U niversitäts-H autklinik): a) Gruppiertex, großpapu­ löses Tuberkulid (Jadassohn). 42jähriger Patient. M utter und ein Bruder an Tbc. gestorben. Vor 22 Ja h re n Schanker, machte G Schmierkuren. Sonst nicht krank. Seit 8 Jah ren Blaufärbung der Beine und Ellenbogengegend. Vor einem J a h r traten die jetzt bestehenden Knötchen auf. Befallen beide Beine, rechts mehr als links und (in geringerem Grad) die Ulnarstreifen beider Unterarme. Man sicht braunrote, teils etwas livide gefärbte, hanf- korn- bis linsengroße, in ein- bis fünfmarkstück- bis kleinhandtellergroßen Gruppen zusammenstehendc, derbe Knötchen, entsprechend große Narben und braune Pigmentflecke. An den Unterarmen auffallende Transparenz e in ­ zelner mehr gelblich-weißlich gefärbter Knötchen. Bei Glasdruck bleibt keine Farbveränderung zurück. Nirgends Nekrosen. Keine Drüsenschwel­ lungen. Auf der r. Gesäßhälfte ringförmiger Herd mit bläulichem, narben­ reichem Zentrum. Auf der r. Wade eine größere, zentral gelegene, in Ab­ heilung begriffene Papel, satellitenförmig umgeben von einer Schar kleinerer, hellroter Knötchen (korymbiformes Tuberkulid, Delbanco). Hie und da e r ­ innern die zum Teil polygonalen, glänzenden und unter Hinterlassung brauner Pigmentierung abheilenden Knötchen an Lichen ruber. Pirquet -|— Wa.R. (wiederholt) negativ. — Beide Beine und Ellenbogengegend diffus bläulich verfärbt. Hautvenen an den Beinen vielfach erweitert und stark h ervor­ tretend. H autatrophie nur andeutungsweise vorhanden. Im ganzen erinnert diese Veränderung an Akrodermatitis chronica atrophicans, ohne daß sich eine Diagnose mit Sicherheit stellen läßt. Lungen (P latte): Ober beiden Hili ziemlich ausgedehnte Verdichtungen und Pakete mit Strängen nach oben und unten. Alte Hitus-Tbc. ? Keine rezente Erkrankung. Histologisch (Arm und G esäß): Epitheloidzellhaufen mit Lymphozyten, Plasmazellen und einigen Kiesenzellen. Vereinzelt zahlreiche, benachbarte Biesenzellen, weniger Epi- theloide und Lymphozyten. Vorwiegend perivaskuläre Anordnung. Der K ranke steht seit i/i J a h r unter Beobachtung. Mehrere Flaschen .Jodkali wurden erfolglos gegeben. Auf Arsen Verschlimmerung. Jetzt All­ gemeinbestrahlungen. Bemerkenswert ist die große Luesähnlichkeit des Falles, zumal der Patient einen Schanker gehabt hat. Für ein Tuberkulid Berliner Dermatologische Gesellschaft. spricht vor allein die Erfolglosigkeit der Jodkalitherapie, die familiäre Be­ lastung, der Lungenbefund, der positive Ausfall des Pirquet. Es handelt sich um das zuerst von Jadassohn beschriebene, seltene Bild (vgl. auch Hauser. Areh., Bd. 128, S. 149). b) Sklerödema adultorum (Busehke). 59 jährige Witwe. Frühere Ana­ mnese belanglos. Seit 8 J a h re n in der Menopause. Im J a n u a r 1929 während der Epidemie an Grippe, erkrankt, lag aber nicht im Bett. Bald danach Be­ ginn der Hautverhärtung, zuerst im Gesicht und Kacken. F ühlt sich dadurch behindert. Allgemeinbefinden jedoch ungestört. Schwitzt leicht. Befallen sind zur Zeit noch hauptsächlich Gesicht, Hals, Kacken, Ober­ und Unterarme. Patientin steht seit April in Beobachtung. Seitdem h at sieh die Affektion schon beträchtlich zurückgebildet (Bäder, Massage, verschie­ dene inkretorische P räparate). Besonders bemerkenswert ist, daß bei der Patientin ein exlrasellarer 11 ypophysentumor gefunden worden ist (Privatdozent Dr. Graßheim, I. Med. Klinik). Die Schilddrüse macht einen etwas vergrößerten Eindruck, ohne daß sich entscheiden läßt, ob es sich um eine Parenchym Vergrößerung oder eine passive Infiltration des Organes handelt. Über den histologischen Befund wird in einer der nächsten Sitzungen berichtet. c) Fox-Fordyeesche Krankheit. 73jährige Patientin. Seit einem J a h r bestehend. Früher brünett. Keine Jüdin. Befallen beide Achseln und Mons veneris. Stecknadelkopf- bis hanfkorngroße blasse oder schwach rosafarbene Knötchen. Haare fehlen größtenteils. In der Umgebung der Mamillen trotz heftigen Juckens keine sichtbaren Veränderungen. Das spricht für die sekun­ däre Bedeutung der liehenartigen Knötchen und für eine primäre Störung in den apokrinen Drüsen im Sinne von H. Fischer. d) Xanthelasmen und tuberöse Xanlhome am Auge. 67jährige Patientin. Seit 20 Ja h re n gelbe Flecke an den Augenlidern. Seit 4 bis 5 Monaten außer­ dem braune Knoten, die sich rasch vergrößerten. Sonst gesund. Man sieht ockergelbe, flache, fleckförmige Einlagerungen in der Haut beider oberen und unteren Augenlider, welche, unmittelbar in bohnenförmige bzw. halbkugelige braunrote Knoten übergehen, die an den seitlichen Teilen der Nase ungefähr die Größe einer halben Walnuß erreichen. Symmetrische Gruppierung um beide Augen. Die gesamte übrige Haut, insbesondere Knie und Ellenbogen, sind frei. Alb. und Sach, negativ. Wa.K. negativ. Histologisch (großer Knoten) reichlich Fettablagcrungon, teils innerhalb, teils an der Peripherie von Zell häufen, welche sich aus Bundzeilen, Elementen mit ovalen, blaßgefärbten Kernen, Epitheloiden ähnlich, und Biesenzellen vom Typ Touton mit braun­ gefärbtem, scholligem In h alt zusammensetzen. — Bemerkenswert ist, daß sich an Xanthelasmen nach jahrzehntelangem Bestand tuberöse Xanthome in un­ mittelbarem Kontakt anschließen. Der Fall demonstriert daher die Einheit­ lichkeit von Xanthelasma palpebrarum und tuberösem Xanthom. Auffallend ist für letzteres die sehr seltene, ausschließliche Lokalisation an den Augen. e) Pseudoxanthoma elasticum. 37jährige Krankenschwester. Seit z.irkji einem J a h r an den vorderen und seitlichen Teilen des Halses und der Vorder­ seite beider Achselhöhlen gelblich-sandfarbene, knötchen- oder streifenförmige, netzartig konfluierende Einlagerungen. Histologisch: Knäuelartige Zusammen­ ballung elastischer Fasern in den mittleren Teilen der Kutis. Berliner Dermatologische Gesellschaft. f) Alopecia areata und Fazialisparese. 45jährige Patientin. Keine Lues in der Anamnese. Seit 3 Monaten nach großer Aufregung ( ? ) Lähmung der rechten Gesiehtshälfte, 4 Wochen später fünfniarkstückgroße kahle Stelle auf der rechten Kopfseite. Es besteht komplette rechtsseitige Fazialisparese und Alopecia arcata derselben Seite. Am Nervensystem, Auge und Ohr kein weiterer Befund. Wa.JL negativ. g) Acrodermatitis cliroti. atroph. Verschluß der Arleria dorsalis pedis. 82jährige Patientin. Vor 35 Jah ren linksseitige Gesichtslähmung. Keine Fehl­ geburten. Beginn der Hötung vor 2 Ja h re n am r. Knie. Seit einem J a h r ist das Knie dick geworden und seit 3 bis 4 Monaten besteht Gefühllosigkeit und Ameisenlaufen des r. Fußes, Ziehen und Kliebeln im 1. Fuß und nächt­ liches „Absterben“ der Hände. Befallen das r. Bein, besonders oberhalb des Knies. Fleck- oder streifen­ förmige braun- bis blaurote Herde mit beginnender Atrophie. Das r. Kniegelenk ist um 3 bis 4 ein dicker als links (Arthritis de- formans). Die Pulsation der A rteria dorsalis pedis ist. r. im Gegensatz zu I. aufgehoben. Neurologisch: Bein-Sehnenreflexe r. gegenüber 1. deutlich herab­ gesetzt. Am r. äußeren Fußrand umsehrieltene anästhetische Zone für alle Qualitäten. Wa.IL negativ. Jodkali seither ohne Erfolg. Blutdruck 170/95. 4. Kaele Jaffe (L'niversitäts-Hautklinik). a) Ulcus vulvae acutum am Genitale mit aphthenähnlichem Ulkus an Zunge bei 23jähriger F rau. Bemerkenswert ist zunächst, daß es sich nicht um Virgo intakta handelt, sondern um eine Frau, die wegen chronischer Gonorrhöe bereits in unserer Behandlung war. Bemerkenswert ist der rezidi­ vierende Charakter der Erkrankung, der auch in dem Fall, über den Gottron in der Berl. Demi. Ges. 13. 11. 1928 (Denn. Ztschr., 55, S. 307) berichtete, zu beobachten war. Wir beobachteten jetzt den dritten Schub. Jed er Schub dauerte 3 Wochen, die freien Intervalle betrugen 2 bis 4 Wochen. Bei jedem Schub kam es nacheinander zum Auftreten mehrerer Ulzerafionen. Augen­ blicklich besteht an der Innenseite der linken kleinen Labie ein scharf ge­ schnittenes Geschwür von Pfennigstückgröße mit glattem, teilweise u n ter­ miniertem Band, mäßig vertieftem, weich infiltriertem Geschwürsgrund, der eine dicke ge 1 Ixt Nekrose hat. Keine entzündliche Reaktion in der Umgebung. An dem linken Zungenrand besteht eine linsengroße Ulzeration mit scharf geschnittenem Band in einer bohnengroßen weichen Infiltration. Der Ge- schwürsgrund ist glatt. Beide Geschwüre sehr schmerzhaft. Derartige aphthen­ ähnliche Veränderungen im Mund l>ei Ulcus vulvae acutum sind von Lip- schülz und Fehügl, Carol und liuys beobachtet worden. Auch Kumer ttnd Gottron berichteten davon auf dem Demi. Kongreß in Königsberg 4. 8. 1929 (Ztrlbl. f. Herrn., Bd. 3, 31, 417). Vaginalsekret: Reinkultur von zahl­ reichen einzelnen oder in Haufen liegenden, ziemlich plumpen Stäbchen mit rechteckig abgestutztem Ende (Bac. crassus, Lipschütz). Abstrich von Ulkus am Genitale: Bac. crassus reichlich, daneben noch Kokken und Stäbchen. Ulkus an Zunge: Bac. crassus negativ. Kulturen stehen noch aus. Die ätiologische Bedeutung des Bac. crassus für das Ulcus vulvae acutum war nicht klar, worauf ja auch H err Prof. Blumenthal anläßlich des von Gottron vorgestcllten Falles hingewiesen hat (Berl. Dermal. Ges. 13. 11. 1928). Inzwischen ist die ätiologische Bedeutung des Bac. crassus sicher­ gestellt durch den Befund dieses Bazillus in dem Schnitt eines Erythema Berliner Dermatologische Gesellschaft. 4(3 nodosum als Metastase eines Ulcus vulvae acutum. (Satnelc und FUehcr. Areh f. Dermal.. Bd. 158, S. 729.) b) Alopecia totalix nach Quecksilbervergiftung bei 2:5jähriger Patientin mit Thyreotoxikosc. Vergrößerte Schilddrüse seit 5 Jah ren . Ist seit einem J a h r in indu­ striellem Betrieb m it Quecksilber beschäftigt. Seit ;',i J a h r Zahnfleisch - heschwerden, seit i/s J a h r allgemeiner Haarausfall. Ks besteht jetzt Stomatitis mercurialis, sekundäre Anämie, vollständiges Fehlen von Kopf-, Achsel-, Scham-, Lanugohaaren, Augenbrauen. Keine klinischen Symptome von Base­ dow. Stoffwechsel gesteigert. c) Jodexanthem bei 30 jähriger Patientin mit Lucs lat. Patientin nahm eine Woche lang 3 mal täglich 1 g Jodkali. Gleichzeitig mit dem Jodexanthem wurden raynaudartige Symptome an den Händen ausgelöst. 5. H err B m chkc: a) Einen 29 J a h r e alten Mann mit einer ausgedehnten Lues maligna. Angeblich soll 1920 die Infektion erfolgt sein. Damals eine kombinierte Kur. dann keine weiteren Kuren bis 1926. In diesem J a h re zwei kombinierte Kuren, 1927 eine. Vor 4 Wochen Einlieferung, seit 3 Wochen Wund­ sein am Glied. 2 Wochen vor der Einlieferung ins Krankenhaus Geschwüre über den ganzen Körper. Die Anamnese des Patienten, der auch sonst psychisch sehr deprimiert und vielfach benommen war, ist unsicher und hat sich auch später nicht sicher vervollständigen lassen. Wa.R. -j—|—|—|-. Spiro­ chäten wurden nicht gefunden. Über Rumpf, Extrem itäten, Kopf zerstreut typische Ulzerationen. Unter gemischter Behandlung sehr schnelle Besserung. b) Ein 22 J a h re altes Mädchen, sonst ohne Zeichen von Tuberkulose, mit einem an beiden Unterschenkeln lokalisierten ulzerierten Erythema in- duratum (Bazin). c) Einen 57 Ja h re alten Mann mit einer Dermatitis herpetiformis am Rumpf und den Extrem itäten. Positive Jodkalireaktion. Das Leiden trotzt jeglicher Behandlung, auch mit Hormonen, und zwar sowohl Ovarial- wie Testis-Hormonen, Hypophysenhormonen, Arsen. Nur vorübergehend bei Eigen­ blutbehandlung tra t Besserung ein. d) Ein 21 J a h re alter Patient mit einem universellen allerschwersten Lichen ruber planus der Haut, des Rumpfes und der Extrem itäten,, an den Unterschenkeln mit Liehen ruber verucosus. Befallensein der Mundschleim­ haut. Angeblich w ar die Wa.R. außerhalb des Krankenhauses positiv g e­ wesen, und der P atient w ar mit Neosalvarsan und Bismogenol behandelt worden. Wir konnten von Lues nichts mehr nachweisen, auch war die Sero­ reaktion negativ. Bei dieser Sachlage haben wir die kombinierte Behandlung fortgesetzt und eine, gemischte K u r gemacht, nach der die Affektion mit starker Pigmentierung abheilte. Die verrukösen Herde am Unterschenkel mußten geröntgt werden. Histologisch typisch Lichen ruber. e) Unter elf Detoxin-Injektionen abgeheiltc Salvarsan-Dermatitis bei einer 28 Ja h re alten Frau, die eine Lues cerebri und Psoriasis hatte. Sehr starke Alopecia capitis. Nach Abheilen der Salvarsan-Dermatitis tritt die vorher verschwundene Psoriasis wieder auf. Eis wird darauf hinge wiesen, daß w ir während der letzten Zeit einen Todesfall an Salvarsan-Dermatitis mit akuter gelber Leberatrophie bei einem jungen kräftigen Manne sahen, der uns mit diesen Erscheinungen bereits eingeliefert w ar und zur Zeit Berliner Dermatologische Gesellschaft. 47 zwei weitere schwere Fälle mit Salvarsan - Dermalitis auf der Abteilung liegen haben. f) Eine 40 J a h re alte Frau ohne spezifische Anamnese mit sehr aus­ gedehnter tertiärer luetischer Zerstörung der Nase. Perforationen am harten und weichen Gaumen, Zerstörung der Uvula, spezifischen Narben an den Unterschenkeln. Unter Schmierkur und Jo d k ali liereits wesentliche Besserung. g) Demonstration des früher vorgestellten Kindes mit Monilethrix, die seinerzeit durch Thallium vorübergehend geheilt w a r; dann Rezidiv. Jetzt zum sehr großen Teil normaler Haarwuchs, normale Entwicklung des Kindes. h) 20 J a h re altes Mädchen, welches seit 3 Monaten auf dem rechten Handrücken ein ziemlich ausgedehntes Geschwür zeigt, zum Teil noch mit nekrotischer Epidermis. Aspekt ähnlich wie nach Karbolätzung. Starke H y ­ sterie». Unter festem Verband Heilung. Interessant für die Pathogenese ist. daß die Patientin Linkshänderin ist, so daß damit erklärt ist, daß sie sieh das Ulkus auf der rechten Hand gemacht hat. 6. Herr Löhe: a) Frl. E. St. 27 Jah re. Lupus erythematodes acutus des Gesichtes, Lippen. Stamm. Finger. Zehen (Lupus pernio). Starke Schwel­ lung und blaurote Färbung der befallenen Partien. Heute nach 9 wöchiger Diätbehandlung (kochsalzarme Diät unter Be­ vorzugung von Rohkost) restlose Abheilung mit leicht bräunlicher Pigmen­ tierung. Gewichtszunahme von 4\ ! - > kg. Keine andere Medikation. b) Frl. M. F. 21 Jahre. Lupus tumidus des Gesichtes, der Mund- und Nasenschleimhaut. K rankheit besteht seit dem 6. Lebensjahre, fast dauernd behandelt, mit Höhensonne, Röntgen, Pyrogallus, zuletzt m it Ertubaninjek- tionen. Seit 12 Wochen mit kochsalzarmer Diät wie in Fall a behandelt. Lokal: Borsalbe; innerlich: Lebertran, Kalksalze. Gewichtszunahme 31/» kg. Zur Zeit glatte Narben im Bereich der ehemals tumorartig veränderten ulzerösen Stellen der Nase, Oberlippe und Wange; in der Peripherie Lupus­ knötchen. e) F rl. J . Sch. 17 Jah re. Lupus miliaris der Nase. Seit 11'¡> Jah ren be­ stehend, ohne Erfolg mit Salben, Röntgenbestrahlungen, Triphai- und Ertuban- injektionen behandelt. J e tz t seit 3 Monaten wie Fall a behandelt. Gewichts­ zunahme 4i » kg. Alle Knötchen bis auf einzelne an der Nasenspitze ab- gehcilt. d) Frl. F. G. 24 Jah re. In Abheilung begriffene universelle Psoriasis pustulosa. Seit Pfingsten 1929 bestehend. E rster Ausbruch von Psoriasis vor 5 Jah ren . Befallen waren behaarter Kopf, Gesicht, Rumpf, Arme und Beine. Hände der Acrodermatitis suppurativa Hallopeau ähnlich. Nach 7 Wochen unter Diät wie F all a, sowie Natr. salieyl. (intravenös), Rückgang der Haut- und Allgemeinerscheinungen. Lokal: weiße Vaseline, Puder. J e tz t H aut des ganzen Körpers restlos abgeheilt, nur noch an den Nägeln Veränderungen sichtbar in Form von Abhebung, Splitterung. e) F r. M. B. G3 Jah re. Lues III. Vor 2*'» Jah ren Beginn der E rschei­ nungen im Rachen und zunehmende Schwerhörigkeit rechts. Drei bis vier gemischte Kuren, letzte K ur J u li 1929. Zur Zeit ulzeröser Prozeß am harten und weichen Gaumen, Wa.R. negativ. Gute Beeinflussung durch kleine Kalomelinjektion. f) H err K. P. 19 Jah re. Lucs maligna. Ulzerierte Papeln am Kopf. Rumpf, Penis und an den Extremitäten m it auffallender Bevorzugung der linken Körperhälfte. Wa.R. negativ. Nur geringe Besserung durch Salvarsan- Berliner Dermatologische Gesellschaft. und Bi-Behaudlung, dagegen schnelle- Rückbildung der Erscheinungen nach einer Kalomelinjcktion. g) H err E. Br. 16 Jah re. Lues II. Ulzcricrter H erd am Kopf (Solitär- Sekundäraffekt). Spir. pa.ll. regionäre Drüsensehwellung. Wa.R. -|—|—j— )- positiv. Infektion April vorigen Jah res mit 1\ A. am Penis. Herd am Kopf Mitte August sofort nach Beendigung der ersten K ur aufgetreten. h) H e rr E. K1 . 25 Jah re. Lues III. Ulzeröser Prozeß im Bereich des Gaumens, der Tonsillen und der hinteren Rachenwand mit Zerstörung der Gaumenbögen, Tonsillen, zum Teil auch des harten Gaumens. Infektion 1925. Beginn der Munderseheinung vor einem Jah r, fortschreitende Zerstörung trotz dauernder Behandlung m it Bi. und Salvarsan. Schnelle Rückbildung und Vernarbung nach kleinen Dosen Kalomel. 7. H err B ruhm : a) 15jährige Patientin mit Iiroeqscher Erythrodermia pitgriasique en plaques disséminées. Vor 5 Monaten Ausschlag im Gesicht, kurze Zeit später runde und ovale rote Flecken auf Rumpf und davon über­ greifend auf Oberschenkel. Man sieht jetzt fünfmarkstückgroße, teilweise größere, teilweise auch kleinere rote Flecken, rund oder oval, feinschuppend, wenig juckend auf Brust, Rücken und Oberteil der Oberschenkel. Im Ge­ sicht seborrhoisches Ekzem am Mund und Auge. Die Stellen am Rumpf und Oberschenkel aber müssen wegen ihres Aussehens und der Resistenz gegen jede Therapie, durch die sonst seborrhoisches Ekzem zu beeinflussen ist, als Brocqsche Erythrodermie aufgefaßt werden. Histologischer Befund ent­ spricht der Brocqsehen Krankheit. b) Lichen ruber verrucosus und gleichzeitige Neurodermitis. Bei älterer Patientin am rechten Unterschenkel sein- ausgeprägter Lichen ruber verru­ cosus am linken Unterschenkel in geringerer Ausbreitung. Seit zirka einem J a h r bestehend. Höher am Unterschenkel, am Oberschenkel, am Abdomen und am Rücken typische Neurodermitis, angeblich ebenfalls seit zirka einem J a h r, wohl sekundär entstanden. 8. H err Pinkus: Tuberkulöse Injektion von Kokainabszessen bei einer Tuberkulösen. Anamnese: Vater 70 Jahre, alt au Leberlues gestorben; Schwester und Bruder der M utter an Tuberkulose der Lungen gestorben. Die jetzt 35 jährige Patientin w ar wegen Gonorrhöe seit 1924 mehrmals im Frauenkrankenhaus in Behandlung. — 1909 Suizidversuch ; Brustschuß und Nierenruptur rechts­ seitig nephrektomiert. Seitdem stärkerer Gebrauch von Morphin, von 1924 an (etwa 4 Ja h re lang) auch Kokainismus (Einspritzungen) bis 1 g. Aus Amerika, wo sie verheiratet war, ausgewiesen wegen Morphinabusus nach Ellis-Island, wo sie 2 Monate blieb; in der Ehe P artus: 1; Abortus: 1. P a ­ tientin war mehrfach in Wittenau, machte verschiedene Morphinentziehungs­ kuren, wurde aber immer wieder rückfällig. Syphilisinfektion unsicher, un­ zureichend mit Wismut und Spirozid behandelt. 1924 in Wittenau, 8 Monate Malariakur wegen positiven Liquorbefundes, anschließend noch eine Morphin­ entziehungskur. Seit 1928 kein Kokaingebrauch mehr, aber Morphium bis 0,1 g täglich. Vor 4 Ja h re n Beginn stärk erer Aktivität der zur Zeit noch bestehenden Tbc. pulm. Nachtschweiße, Gewichtsabnahme 72 kg — - 45 kg in einigen Monaten, am 10. 4. 1929 Tbc.-Bazillen im Sputum: Hauterscheinungen. Vor 1 ' Jahren — seit sie Kokain gebrauchte — begannen zuerst an den Einstichstellen schwer heilende, wieder aufbrechend Berliner Dermatologische Gesellschaft. 41* und fistelnde, blutig-rahmigen Eiter entleerende schmerzhafte Abszesse zu bilden. 11)28 in der Berliner Dermatologischen Gesellschaft von Prof. Dr. Loche demonstriert. Nach Mitteilungen von Prof. Loche sind damals in den Geschwüren massenhaft Tb. gewesen. Die geimpften Tiere sind rapid an Miliartbc. gestorben. Seit April 1929 ist Patientin im Frauenkrankenhaus Rei­ nickendorf. Besserung des Allgemeinbefindens, Heilung aller Abszesse, das Fieber hörte auf. Lungenbefund: Verschattung der gesamten rechten Thorax - Seite, auch links ausgedehnter Herd. Tuberkelbazillen -f-. Während der Ab­ heilung entstanden um die Narben der tuberkulös gewordenen Spritzabzessa Lugusknölchen. Tierimpfung mit exzidierter H aut vom Vorderarm .Juli 1920. 12. November: Die Tiere leben, haben gesunde Ju n g e geworfen, sind aber abgemagert, an der Impfstelle Knoten, noch nicht durchbrochen. Mikro­ skopischer Befund des exzidierten Hautstückes: Tuberkel. 9. Herl- R. Ledermann: a) Psoriasis infantum. Leukoderma psoriaticum. Kind Elli G., 6 .Jahre alt. Seit einigen Monaten Ausschlag, der sich vom Kopf über den ganzen Körper ausgebreitet hat. Beide Ohren und hand­ flächengroße benachbarte Stellen des behaarten Kopfes und des Nackens mit Borken und Krusten liedeckt. Am Hals, Stamm und Extremitäten isolierte schuppende Psoriasisherde, einzelne bis Linsengröße von pustnlösem Cha­ rakter. Behandlung mit Salizylsalben. 8. 10. Auftreten eines Leukoderma colli. 11. 10. Progressive Ausbrei­ tung des Leukoderms über den Körper an den abgeheilten Stellen der Ef- floreszenzen. 5. 11. Psoriasis am Körper abgeheilt. Leukoderm blaßt ab. b) Universelle Dermatitis von ergth.rodennicarligem Charakter. (A ty­ pische Psoriasis?) H. B., 61 J a h re alt, bemerkte vor 2 Jahren einen schuppenden Aus­ schlag auf dem Kopf und an den Ohren. Langsame Ausbreitung über das Gesicht und seit einem halben J a h r über den ganzen Körper. Seit einem J a h r starke Verschlimmerung des Zustandes mit völligem Ausfall der Kopfhaare und nässender Entzündung der Kopfhaut. Aufnahme in die Klinik 12. 7. 1929, Entlassung aus der Klinik 11. 9. 1929. Behandlung in der Klinik:, intern. Injektionen mit Arsylen, Pituglandol und Follikulin, zeitweise Testasa- Tabletten. Status praesens: Oedema perstans faciei. Totale Alopecia capitis. Starke entzündliche Rötung der Kopfhaut mit vereinzelten nässenden Erosionen und Borkenbildungen. Universelle Rötung und Schuppung der H aut m it einzelnen an Ellbeugen, Knien und Rumpf psoriasiformen Effloreszenzen. Netzförmige Felderung der Haut an Rumpf und Oberschenkeln. Verlust der Achselhaare. Ratifikation der Schamhaare. Starke schmerzfreie Drüsenschwellungen der Inguinal-, Zervikal- und Supraklavikulargegend. Leberrand palpabel, schmerzfrei, kein Milztunior. Schleimhäute frei, leicht anämisch. Blutbild: Hgb. 80",o, Erythrozyten öOOOOOO, Leukozyten 9150, Lympho­ zyten 50 o/o, Monozyten 8 °/o, Segmentkernige 36°/», Stabkernige fio/o, Eosino­ phile 1 o/o. 10. H e rr 1F. Fischer zeigt einen Riesennävus an der unteren Rücken­ seite bei einem jungen Mann, der von Kindheit an bestand und ganz allmäh­ lich zu der jetzigen Größe von etw a 2ö: 30 cm gewachsen ist. Mangels der D erm a to lo g isc h e Z e its c h rift. Bd. L V III. H e ft 1/2. 4 Berliner Dermatologische Gesellschaft. Möglichkeit einer histologischen Untersuchung läßt sieh nur sagen, daß der klinische Aspekt ihn ins Gebiet der Recklinghausenscheu Krankheit einreihl. Wie man bei den Tierfellriesennävis die Bildung molluskoider Tumoren findet, haben sich auch hier, allerdings härtere keloidartige stark hervor­ springende Geschwülste gebildet. 11. H err Erich Langer (Krankenhaus B ritz): a) PhiilenepUhelkarziuom des Penis. Bei einem (ißjährigen Manne, der seit zirka einem Ja h re wegen m ul­ tipler Blasenpapillome in ärztlicher Behandlung ist. trat vor zirka einem Monat eine Phimose auf. Zur Operation wurde er auf meine. Abteilung gelegt. Bei der Dorsalincisiou fand sieh unter der Vorhaut eine zirka einm arkstück­ große ulzerierendo Geschwulst, die histologisch als Plattenepithelkarzinom festgestelli werden konnte. b) Abs;edierende Orchitis bei Gonorrhoe, ln der letzten Zeit konnten im ganzen in drei Fällen im Verlaufe einer gonorrhoischen Epididymitis abszedierende Hodenentzündungen fcstgcstellt werden, ln allen drei Fällen konnte nach der Inzision, bei der sich große Mengen nekrotischen Hoden- gewebes entleerten, in dem E iter Gonokokken nicht gefunden werden. Glatte Heilung in allen Fällen nach Abstoßung der Nekrosen. Es scheint mir. daß die gonorrhoische Orchitis überhaupt, viel häufiger vorkommt, als bisher all­ gemein angenommen wird. (Ausführliche Veröffentlichung in der VI. med. Wschr.) c) Paraurethraler Abszeß bei Gonorrhoe. Im Anschluß an die gonor­ rhoische Infektion eines ausgedehnten paraurethralen Ganges trat eine Absze­ dierung desselben auf, die zur Verwachsung mit der darül«fliegenden Haut und auch mit der Harnröhrensehleimhaut führte. Nach Exzision des Ab- zesses, bei der eine Perforation in die Urethra festgestellt werden konnte, bleib eine Fistel zurück, die aber, da der Patient sowieso hochgradige Hypospadie hat, keinerlei Beschwerden macht. 12. H err Alfred (John: Lokalisierte Skhtrodermie. a) Bei dem ersten Fall handelt es sich um eine 59jährige Patientin, die seit dem J a h re 1911 an Basedow leidet. Im August ds. Js. hat sie. sich zweimal an ihrem 1. Unterschenkel gestoßen und an gleicher Stelle kurz darauf sieh angeblich einen Fliegenstich zugezogen. Unterhalb dieser Stelle entwickelte sieh allmählich die lokalisierte Sklerodermie, die insofern auf­ fällig ist, als die. oberste Halbschicht frei vom Krankheitsprozeß is t und nur diu tiefen Schichten der Haut befallen zu sein scheinen. W'a.li. und Meinieke waren negativ. b) Fall zur Diagnose: Der 2(1 jährige Patient war bis zum Ja h re 1925 nie ernstlich krank. Bei seinem ersten Aufenthalt in den Tropen von 1925 bis 1927 zog er sieh eine Gonorrhoe und eine Malaria zu. Bei seinem zweiten Aufenthalt in den Tropen 1927 bis 1929 erkrankte e r abermals an Malaria, «lie mit Salvarsan und Chinin behandelt wurde.. Bei seiner Rückfahrt von Kamerun im Oktober 1929 zeigten sich Drüsensehwellungen im Nacken und in der Leistengegend, sowie außerdem nächtliches Hautjucken. Der Befund ergab eine indolente Schwellung der Nackendrüsen, der !. Kubitaldrüse und beider Leistendrüsen, besonders rechts. An den Armen und am Rücken zeigten sich vereinzelte Kratzeffekte, die durch starkes Jucken, welches in den frühen Aliendstunden anfing und las zur Morgenstunde auhielt. hervor­ gerufen wurden. Die Drüsenschwellung ließen den Verflacht, sowohl auf Berliner Dermatologische Gesellschaft. Schlafkrankheit, wie auf eine luetische Infektion aufkommen. konnten alter auch auf eine bestehende Filariosis hinweisen. Wegen des Verdachts auf Schlafkrankheit erfolgte eine zweimalige Blutverimpfung auf Ratten und Mäuse, die aber bis jetzt negativ ausfiel. Die Wa.R. war zweifelhaft (•!—)-), der Kahn jedoch: -)—|—\—¡-. Eine Luesinfektion w ar dem Patienten unbe­ kannt. Die wiederholte Blutuntersuchung auf Filarien fiel im gefärbten P r ä ­ parat negativ aus, was möglicherweise auf den Klimawechsel zurückzu­ führen sein dürfte. 18. H err W. Richter (Hautabteilung der chir. Universitätsklinik): a) Plastik nach Hautdefekt mul Knochennekrose im Anschluß an eine Ostitis und Osteomyliiis luica über dem linken Os. parietale. Frieda O.. 43 J a h re alt, drei Fehlgeburten, ein gesundes Kind, 1919 angeblich Lues- infektiou, danach eine spezielle Kur. 1922 Venenentzündung mit nachfolgen­ der Rippenfell- und Herzbeutelentzündung in Krankenhausbehaudlung. 1927 fiel die Kranke bei einem Ohnmachtsanfall mit der linken Kopfseite auf einen brennenden Ofen. Seit dieser Zeit hat sich nach Angabe der Patientin an dieser Stelle eine. Wunde entwickelt, die trotz jahrelanger ärztlicher Behandlung nicht heilte. Befund Januar 7.92.9: Über dem linken Scheitelbein dicke krustöse Auf­ lagerungen, die sich von der Unterlage nicht trennen ließen, dem erkrankten Bezirk fehlten die Haare, während sie in der Umgebung verfilzt waren. Röntgenologisch zeigte sich eine zirka markstückgroße, scharfrandige Aussparrung des Schädelknochens, in dem von Krusten bedeckten Teil des Os. parietale. Sämtliche Seroreaktionen: stark positiv. Im Laufe der folgenden spez. K u r: 10 Xeo-Salvarsan- und 15 Bismo- genol-Injektionen, stießen sich die Krusten mehr und mehr ab, und es blieb ein zirka fünf markstückgroßer, kreisrunder Hautdefekt bestehen. Die fre i­ liegende Knochenpartie w ar schwärzlich verfärbt. Eine Plastik wurde zu diesem Zeitpunkt von uns noch abgelehnt, und erst nach Durchführung einer nochmaligen spez. Behandlung .nach 2 monatiger Pause, vorgeschlagen. Das Kontrollröntgenbild ergab jetzt in dem vorher ausgesparrten Knoeheuteil eine Verdichtung der Knochensubstanz. Am 26. 11. Operation (Prof. Israel) in örtlicher Betäubung Abmeißelung der Tabula externa in dem eburnisierten Bezirk. In der mittleren Partie zeigte sich hierbei ein Granulationsherd, der aber nach den histologischen U nter­ suchungen von Prof. W olf/ für Lues keine Anhaltspunkte mehr gab. Nach der Abmeißelung wurde der Defekt mit einer sogenannten feuchten Kammer g e ­ schlossen, d. h. direkt auf die Wunde BiHrotbatist gelegt, der am Rande mit Mastisol verklebt wurde. Nach 14 Tagen wurde der Verband abgenommen; es zeigte sich starke Eiterung, nach dessen Entfernung über der ganzen Opera­ tionsfläche Granulationen zu erkennen waren. 4 Tage später wurde dann nach der von Braun angegebenen Methode die Granulationsfläche homöoplastisch gepfropft. Aus dem Oberschenkel wurden m it einem scharfen Messer dünne Schichten von Epidermis oberflächlich abgelöst, und diese sogenannten Setz­ linge auf die Geschwürsfläche ausgebreitet aufgelegt. Bei dem Verbandwechsel nach 5 Tagen zeigte sich, daß die Setzlinge gut angegangen waren, unter Nachbehandlung mit Xaftalansalbe wurde der Prozeß innerhalb 14 Tagen zur Abheilung gebracht. 4 % Berliner Dermatologische Gesellschaft. 5 - 2 b) Melanom auf der Basis eines Näciis, der vor mehreren Jah ren mit Karbolsäure geätzt war. Pal. Paul P., 71 J . all. Vor zirka 8 Ja h re n wurde ein linseugroßes Knötchen, das bräunlich verfärbt war, mit Karbolsäure geätzt. Im Anschluß daran trat mehr und mehr eine Schwarzfärbung ein, die sich be­ sonders in den letzten 8 Ja h re n immer weiter aiisdehnte. Behandlung: Kadiuni mit Silberfilterung bisher eine Sitzung 20 mgr Stunden. c) Erythema imluriilum Bas in. geheilt durch Diätbehandlung nach Saner- hmeh, Hermanndör/er-Gerson. Kombiniert mit lonthophorese mit Vitrisol- lösung (Schwabe). Aussprache zu dem Vortrag des Herrn Heller: Ist die Unterlassung der Frühbehandlung der Syphilis wirklich ein die Schadenersatzpflicht des Arztes bedingter Kunstfehler? Reichsgerichtsentseheidung 18. J a n u a r 1929, I I I 257/28. H err Buschice: Es ist außerordentlich dankenswert, daß H err Kollege Heller diese ganze Frage hier aufgerollt hat und den Fall zur Sprache brachte. Die Diskussion ist zum Teil auf ein falsches Geleise gekommen, indem in den Vordergrund gestellt worden ist, daß der betreffende Kurpfuscher die fragliche Läsion nicht auf Spirochäten untersucht hat. Daß e r sich hierdurch eines Kunstfehlers schuldig gemacht hat, steht außer Zweifel nach der heutigen Auf­ fassung der Dinge. Es ist mir sogar auch nicht zweifelhaft, daß der Richter durch diese Tatsache sich in seinem Urteil hat beeinflussen lassen. Da aber dieses nicht die Basis der Klage und der Verurteilung geworden ist, so kann es offiziell für die Beurteilung des juristischen Ergebnisses nicht herangezogen werden und bleibt am besten aus der Diskussion weg. Was nun die Frage betrifft, ob die Unterlassung der kombinierten F rü h ­ behandlung nach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse schon so beurteilt werden kann, daß aus ihrer Unterlassung so weitgehende Schlüsse gezogen werden, wie es hier der Richter getan hat, scheint m ir nicht zutreffend. Denn erstens wissen wir, daß gelegentlich die Lues auch von selbst heilen kann, wenngleich ich selbst absolut nicht auf dem Standpunkt stehe, daß man das riskieren soll, und mich zur Zeit der Auffassung umschließe, daß man bei sero­ negativem Prim äraffekt, eventuell auch noch etwas später, den Versuch der Frühbehandlung machen muß, und zwar nicht mit einer Kur, sondern m in­ destens mit dreien und am besten doch 2 Ja h re behandeln soll. Aber eine ab ­ solute Sicherheit der Heilung resultiert auch hieraus nicht, wenngleich die Chancen einer solchen Heilung respektive dauernden Latenz große sind. Zu liemerkeu ist im übrigen, wie aus dem neuerlichen Vortrag von Herrn 0. Bosenthal hervorging, daß auch ältere Frühbehandlungen ohne Salvarsan vielfach ähnliche Resultate aufweisen konnten. Ob nun aber aus der Unter­ lassung dieser Frühbehandlung mit solcher Sicherheit ein späterer Schaden des Patienten zu erschließen ist und als Grundlage für die Bestrafung a n ­ genommen werden darf, erscheint mir nicht gesichert; denn 1. wissen wir, daß auch bei der besten Frühbehandlung Rezidive, auch Tabes, Paralyse und Aortitis Vorkommen können, andererseits wissen wir, daß bei der m il­ deren Behandlung der Lues, wenn sie das Primärstadium überschritten hat, sich sehr gute Resultate ergeben können, so daß Mer und da schon der Ge­ danke auftaucht, auch bei Anhängern des Salvarsans, ob es nicht häufig besser ist, wenigstens im Interesse des Patienten, vielleicht nicht so sehr im Interesse der Seuchenbekämpfung, das Exanthem abzuwarten, wie es die Berliner Dermatologische (Gesellschaft. r>3 älteren Syphilidologen meistens rieten. Jedenfalls alter besteht eine Sicher­ heit, daß der Patient eine Metasyphilis oder eine Aortitis bekommt, auch wenn die Behandlung unterlassen ist, keineswegs. Außerdem kann ja eine Strafe erst verhängt werden, wenn der Schaden erwiesen ist. Davon ist aber im Moment der Verurteilung nicht die Rede, so daß, abgesehen von den e r ­ wähnten medizinischen Einwänden zweifellos auch juristisch dieses Urteil anzufeehten ist. Es ist gar nicht abzusehen, welche Konsequenzen sich für die Ärzte ergeben würden, wenn die diesem Urteil zugrunde liegende Auf­ fassung Allgemeingut würde. Wir müssen annehmen, daß der Richter sieh hier auf das Urteil eines Sachverständigen gestützt hat, der in der Auf­ fassung der modernen Fortschritte zweifellos zu weit gegangen ist. Es wäre sicher zweckmäßig gewesen, mehrere Sachverständige heranzuziehen aus v e r­ schiedenen Lagern, um zu einer gerechteren und richtigeren Beurteilung der Lage zu kommen. H err liriihm : Obgleich ich selbst durchaus die Ansicht der Notwendig­ keit der Frühuntersuchung und -behundlung lxii seronegativen P rim är­ affekten vertrete, liegt für den Richter meines Erachtens die Sachlage doch nicht so, daß die Unterlassung heute schon als Kunstfehler im juristischen Sinne bezeichnet werden kann. Während alle einsichtigen Ärzte es für ab ­ solut notwendig halten, ein Karzinom, soweit es der Operation noch zugäng­ lich ist. mit Operation oder Radium usw. auszutilgen, ist die Frühbehand­ lung des Primäraffektes noch nicht in diesem Sinne bei allen anerkannt. Manche legen ja auch heute noch besonderes Gewicht auf die Ausnutzung der Abwehrkräfte des Körpers und sehen deshalb das Abwarten nicht als einen solchen Fehler au. Wenn das auch hei der Mehrzahl der Ärzte sicher nicht der Fall ist, so sind wir meines Erachtens noch nicht so weit, daß vom Standpunkt des Richters aus bei Unterlassen der Frühuntersuchung eine Verurteilung erfolgen kann. Ich stimme daher durchaus der Deutung des H errn Heller bei, daß rein juristisch gesehen, und nur darüber sollten wir jetzt, urteilen, der gefällte Spruch nicht berechtigt erscheint. H err F. F in k m : Der verurteilte Arzt hat überhaupt nicht untersucht, das ist der Fehler, den e r begangen hat. Seine ablehnende Stellung zur ü b ­ lichen wissenschaftlichen Medizin berechtigte ihn zu dieser Unterlassung n ic h t: ist es doch gerade bei der Beratung des Gesetzes versichert worden, daß alle Ärzte, ob den üblichen Gang oder einen abweichenden in ihrer Behand­ lung einschlagend, doch alle Errungenschaften der Wissenschaft benützen würden, daß nur der Arzt, ganz gleich welcher Richtung, die Garantie gebe, daß die K ranken gut behandelt würden, «laß die Kranken Ärzte jeder R ich­ tung vorfinden würden, zu der sie Vertrauen hätten. Und dabei war immer der Gedanke maßgebend: wenn der Behandelnde n u r Arzt wäre, gäbe das alle Sicherheiten. Der verurteilte Arzt hat also diesen einen Fehler gemacht. E r hat aber noch einen anderen Fehler begangen, der für ihn viel schw er­ wiegender ist als der erste, e r hat sich nämlich in der Beurteilung der Ge­ dankengänge seines Kranken geirrt, und es heißt doch gerade bei den so­ genannten Naturärzten, daß es ihr Vorzug sei vor uns gewöhnlichen Ärzten, daß sie mehr als die wissenschaftlichen Ärzte die Persönlichkeit, Psyche, a ll­ gemeine Menschlichkeit des Kranken in Betracht zögen; sein Fehler W al­ es, nicht zu wissen, daß der Kranke, als e r noch nicht wußte, daß er Syphilis hatte, ganz anders dachte als in dem Moment, wo e r es mit Sicherheit e r ­ fuhr. er habe Syphilis. Vorher, mit seinen paar Geschwüren, war ihm die Berliner Dermatologische Gesellschaft. ■>4 biochemische oder sonstige Behandlung durchaus erw ü n sch t: als er durch den Ausbruch des Exanthems sah, daß es Syphilis war, und daß er nicht durch den behandelnden Arzt vor dem Weiterschreiten des Leidens geschützt worden sei, lernte e r um und wandte sich wie jeder andere an seinen Kassen­ arzt. Dasselbe wäre geschehen, wenn der behandelnde Arzt ihm nach posi­ tivem Ausfall der Spirochätenuntersuchung gleich von vornherein gesagt hätte: Sie haben Syphilis. Schuldlos wäre der Arzt gewesen, wenn e r unter­ sucht, aber nichts gefunden hätte — aber e r hat ja gar nicht untersucht. H err Langer: Nach den Ausführungen von Bruh/is und dem von ihm herangezogenen Vergleich müßten wir mit der getroffenen Reichsgerichts­ entscheidung sehr zufrieden sein, da auf diese Weise auch juristisch die Pflicht des Arztes zur Dunkelfelduntersuchung bei jeder verdächtigen E ro­ sion oder Ulzeration festgelegt wird. Es dürfte heutzutage nicht mehr Vor­ kommen, daß ein Arzt eine Behandlung einer auf primäre Lues verdäch­ tigen Veränderung beginnt, ohne daß e r die Diagnose einwandfrei durch die mikroskopische Untersuchung gesichert hat. Bezüglich der Frühljehandlung ist den Ausführungen von Busehke nichts hinzuzufügen. H err TV. Fischer glaubt, daß mit diesem Reichsgerichtsurteil, das die Naturheilbehandler treffen soll in seiner generellen Bedeutung der Ärzte­ schaft ein schlechter Dienst erwiesen ist. Der Zwang jede Effloreszenz auf Spirochäten zu untersuchen, erscheint unberechtigt; ganz abgesehen davon, daß der negative Befund nichts Sicheres besagt. Wie oft ist man nun ver­ pflichtet, zu untersuchen, ohne sich strafbar zu machen? Gesetzt den Fall, daß ein Pat. sich auf einer de facto banalen und vom Arzt als banal e r ­ kannten Erosion einige Tage später infiziert und nun einen zweiten Arzt aufsucht, der einen inzwischen akquirierten Priraäraffekt feststellt, Nach der vorliegenden Keichsgerichtsentscheidung würde unter unglücklichen Um­ ständen der erste Arzt haftpflichtig werden können, denn es wird ihm aller Wahrscheinlichkeit nach unmöglich sein, nachzuweisen, daß eine spätere I n ­ fektion stattgefunden hat. Der Ausdruck „verdächtiges Ulkus" ist absolut, unzureichend und dehnbar; was dem einen verdächtig erscheint, wird der andere vielleicht gerade auf seiner Erfahrung basierend als banal ansehen. Die Neigung, die klinische Beobachtung zu vernachlässigen und dafür die nicht immer sichere mikroskopische und serologische Diagnostik in den Vordergrund zu rücken, erscheint gefährlich. Wenn ferner behauptet wird, daß durch die Unterlassung der Frühbehandlung dem Patienten ein Schaden erwachsen ist, so muß dagegen betont werden, daß bei aller Anerkennung der Erfolge dieser Methode im Einzelfall nie von vornherein zu entscheiden ist, wie die Infektion verlaufen wird. Da üljerdies zur Zeit von den namhafte­ sten Dermatologen selbst bei seronegativem Primäraffekt drei und mehr Kuren zur Heilung für erforderlich gehalten werden, ist meines Erachtens der juristisch verwertbare Beweis gar nicht möglich, daß dem betreffenden Patienten durch die Unterlassung der Frühbehandlung ein Schallen erwachsen ist oder erwachsen wird, d. h., daß er durch eine F rühkur absolut sicher geheilt und von Rezidiven oder von Spätschäden sicher verschont worden wäre. H err E. Feilchenjeld: 1. F rage an Prof. H.: Wurde nur ein Sachverständiger gehört? Denn es ist doch sonst üblich, daß mehrere von den Parteien zugeführt und vom Gericht gehört werden. 2. H errn Fischers Ansichten schließe ich mich an, da Berliner Dermatologische Gesellschaft. 5 5 wir sonst zu unmöglichen Zuständen kämen. Denn, wenn man z. B. Herrn Rangers Gerlankengang weiter verfolgt, würde es eventuell nötig sein, bei jeder luessuspekten Frau nach Spirochäten im Zervixkanal zu suchen, sonst droht das Gespenst des Kunstfehlers. H err K h eb erg : Daß in jedem Fall auf Spirochäten untersucht werden muß, ist eine Selbstverständlichkeit; aber für das Urteil des Gerichts ist. dieses Verfahren des Arztes nicht maßgebend gewesen. Das Gericht v e r­ urteilt den Arzt und begründet die Schadenersatzansprüche damit, daß der Kranke nicht im Primär-, sondern im Sekumtärstadium behandelt wurde; deshalb seien die Heilungschancen wesentlich geringere, und der Arzt wird für alle sich hieraus ergebenden Folgen haftbar gemacht. Nach Ansicht der überwiegenden Mehrzahl aller Ärzte ist jeder Syphilisfall sofort nach Feststellung der Diagnose im Primärstadium zu behandeln. Es gibt aber auch einzelne ernstzunehmende Vertreter der Anschauung, man dürfe die n a tü r­ lichen Abwehrkräfte des Organismus nicht unterdrücken, und man solle erst nach dem Auftreten der Sekundärerscheinungen mit der spezifischen Be­ handlung beginnen. Diese wissenschaftliche Frage kann durch einen G e­ richtsbeschluß nicht entschieden werden, und es ist abwegig, wenn das Ge­ richt aus diesem Grunde zu einer Verurteilung kommt. H err Adler: In einer so grundlegenden Frage, wie es die Frage nach den Erfolgen der Frühbehandlung der luetischen Infektion ist, sollten den Gerichten möglichst zuverlässige Daten zur Verfügung stehen, so daß die Gerichte sich nicht auf die individuellen Erfahrungen eines einzelnen G ut­ a c h te n zu stützen brauchten. Eine Weiterführung der vor einigen Jahren von Jadassohn durchgeführten großen Sammelstatistik über die Resultate der Abortivbehandlung mit Salvarsan, die etwa 1)0 °,'o günstige Ergebnisse fest- stellte, dürfte in obigem Sinne von Nutzen sein. H err 0. Rosenthal: Der Fall liegt, wie schon hervorgehoben wurde, durch die Persönlichkeit des Angeklagten eigentümlich. Man sollte a te r auch nicht außer acht lassen, daß der Begriff des sogenannten Kunstfehlers im Laufe der Zeiten außerordentlich schwankend ist. Um nur ein Beispiel anzu­ führen, das m ir im Augenblick einfällt, wie haben sich die Ansichten über den Gebrauch der Magensonde, z. B. te i Ulcus ventriculi, mehrfach diametral geändert. Im vorliegenden Falle ist auch nicht das Hauptgewicht auf die Unterlassung der Untersuchung auf Spirochäten, sondern auf die der Einlei­ tung der Frühbehandlung durch Salvarsan und die hierdurch entstehenden späteren Schäden, deren gutachtliche Beurteilung doch unendlich schwer ist, gelegt worden. Die allerdings zur Zeit nicht sehr zahlreichen Gegner dieser Behandlungsmethode bringen jedenfalls für ihre Anschauung wissenschaftlich begründete Argumente vor. Offenbar h at der gerichtliche Sachverständige durch sein einseitig abgegebenes Gutachten das Votum beeinflußt. H err Baum: Ich halte die Verurteilung des Arztes für verfehlt. Der Patient, der zum N aturheilarzt geht, weiß, daß dieser nicht auf dem Stand­ punkt der Schulmedizin steht, und kann, wenn e r seinen Standpunkt nach­ träglich ändert, den Arzt, der nach seiner Überzeugung behandelt, nicht v e r­ antwortlich machen. Wir wissen, wie oft die Schulmedizin im Laufe der J a h r ­ hunderte sich geändert hat. Was heute als Kurpfuscherei gilt, w ar früher Schulmedizin und umgekehrt. Ich erinnere an die Wandlung unserer Stellung­ nahme zur Homöopathie. — Berliner Dermatologische Gesellschaft. 5(3 So wenig wir uns heute eine wissenschaftliche Gonorrhöebehaudlung ohne mikroskopische Kontrolle denken können, so gibt es doch genügend Ärzte, die Gonorrhöe ohne mikroskopische Untersuchung behandeln, ohne daß sie deshalb bestraft werden. Was die Unterlassung der Salvarsanbehandlung be­ trifft. so gehen die Meinungen über die Methode noch weit auseinander, und selbst unter den Anhängern derselben gibt es Ärzte, die mit so kleinen Dosen behandeln, die nach allgemeiner Ansicht, z. B. für die Frühbehandlung, durch­ aus ungenügend erscheinen. So sehr ich persönlich von der Wichtigkeit der Spirochätenuntersuchung und von den Erfolgen der Frühbehandlung der Lues mit Salvarsan überzeugt bin, so wenig kann ich mich trotzdem der Verurtei­ lung eines Arztes anschließen, der auf einem anderen wissenschaftlichen Stand­ punkt steht und nach bestem Wissen und Gewissen behandelt, solange nicht eine bestimmte Behandlungsart gesetzlich festgelegt ist. H err Winkler. Herr Bailog. H err Bergei. H err Heller faßt im Schlußwort noch einmal die Gründe zusammen, die ihn zur Ablehnung der RGE. geführt haben. Es handelt sich um eine Frage, die für die ganze Ärzteschaft von großer Bedeutung ist. Nicht auf die Stellung der heutigen Wissenschaft zur speziellen Frage der Frühbehandlung der Sgphilis kommt es an, sondern auf die Frage der Haftpflicht des Arztes fin­ den Schaden, der durch Unterlassung einer bestimmten Behandlung dem K ranken zugefügt sein soll. Die Auffassung, daß eine Frühbehandlung der Syphilis eine Heilung in (> bis 8 Wochen gewährleistet, wird nur von ganz wenigen Ärzten geteilt und noch seltener in die Praxis umgesetzt ; die meisten behandeln viel länger und wiederholt. F ällt aber eine Schadenzufügung durch, nach Ansicht einiger Ärzte vielleicht sogar überflüssige wiederholte Behand­ lung des K ranken fort, so bleibt nur ein Schaden zurück, der in Zukunft durch den Verzicht auf die Frühbehandlung entstehen kann. Ob aber wirklich ein Schaden • entsteht, ist eine Tatfrage im Einzelfalle, von dem einen bejaht, von der großen Schule, die die Frühbehandlung für einen Faktor der Metalues hält, direkt bestritten. 11. erwähnt, daß in einem S traf­ prozeß, in dem er Sachverständiger war, der Staatsanwalt es bereits für straf­ verschärfend erklärte, daß eine für die berufliche Infektion einer Lehr­ schwester verantwortlich gemachte Oberin (fahrlässige Körperverletzung) durch Verschweigen der in diesem F all sogar zweifelhaften Krankheit, des infizierenden Säuglings die Frühbehandlung der infizierten Lehrschwester v e r­ hindert hatte. Die Unterlassung der Spirochätenuutersuchung bedeutet n u r in besonders gearteten Fällen (z. B. Gestattung des Geschlechtsverkehrs und Infektion eines D ritten) ein Verschulden. Unzählige Ärzte haben unzählige Male unzählige Untersuchungsmethoden nicht angewendet, die sie vielleicht nach dem Urteil mancher Autoren liesser angewendet hätten: ein Verschulden liegt nur dann vor, wenn die Unterlassung einen Schaden zur Folge gehabt hat. Man denke andernfalls an die Konsequenzen. Die Stellung des beklagten Arztes zur wissenschaftlichen Syphilidologie ist gleichgültig: in Fragen des Rechtes darf es keine Sympathien und Antipathien geben. Die Freiheit des ärztlichen Handelns darf nur durch ein direktes Gesetz, nicht durch angreif­ bare Gexelzesaiixlegung beschränkt werden. Berliner Dermatologische Gesellschaft. Vortrag des H errn Eiche über Die ambulanh> Lumbal-Punlction mittels Capülarnadel in Theorie und Praxis. Ich habe mir heute vorgenommen, über die ambulante L. I’. in ihren theore­ tischen Voraussetzungen und über ihre praktische Brauchbarkeit zu sprechen. Auf die Bedeutung der L. P. und insbesondere auf ihre Notwendigkeit in der Behandlung der Syphilis brauche ich wohl vor einem Kreise von Dermatologen nicht näher einzugehen. Die Forderung, jeden Syphilitiker zum mindesten nach Abschluß seiner Behandlung zu punktieren, ist heute nicht mehr um ­ stritten. Wir können eine Lues nur dann als geheilt betrachten, wenn nicht, nur die Blut-, sondern auch alle Liquorreaktionen negativ sind. Wird dieser Forderung in der Praxis entsprochen? Diese Frage ist mit einem glatten. „Nein“ zu beantworten. Die L. P. ist heute in der Hand des Praktikers noch nicht das diagnostische Verfahren, das ih r ihrer Bedeutung nach zu kommen müßte. Die Gründe sind bekannt. Der Patient fürchtet sich vor der Punktion, weil e r in ihr einen Eingriff in ein lebenswichtiges Organ vermutet, wozu der unglückselige Ausdruck ..Rückenmarkspunktion", anatomisch völlig falsch, sehr viel beigetragen hat. Der Patient fürchtet ferner die im Gefolge der Punktion auftretenden, z. T. sehr unangenehmen Folgeerscheinungen, die wir bisher nicht mit Sicherheit vermeiden konnten, die oftmals mehrtägige B ett­ ruhe erforderlich machten und den Kranken seinem Beruf entzogen. Auch fin­ den Arzt w ar das Auftreten dieser Beschwerden, die e r nicht mit Sicherheit Voraussagen konnte, auf die e r jedoch nach Lage der Dinge seinen Patienten aufmerksam machen mußte, immerhin so bedeutungsvoll, daß e r lieber von dem Eingriff absah oder ihn in die Klinik verlegte. Das war natürlich ein weiterer Umstand, schon aus Gründen der Geheimhaltung, der der allge­ meinen Anwendung der L. P. im Wege stand, wobei das ökonomische Mo­ ment. das heute ja überall zu berücksichtigen ist, ein gewichtiges Wort m it­ sprach. Solange w ir also diese Nachpunktionsbeschwerden nicht mit Sicher­ heit vermeiden konnten, w ar nicht damit zu rechnen, daß sich die L. P. mehr einbürgern würde. Diese im Gefolge der L. P. auftretenden Beschwerden, die w ir den meningitischen Symptomenkomplex nennen, bestehend in Kopf­ schmerzen. Erbrechen, Nackensteifigkeit, bieten einer Erklärung große Schwierigkeiten. Warum entsteht er in dem einen Falle, in dem anderen nicht? Warum treten die Beschwerden meist erst nach einem symptomlosen Intervall von 2—3 Tagen auf? Welches sind die Ursachen der Beschwerden, und wie sieht ihre pathologisch-anatomische Grundlage aus? Es hat v erhält­ nismäßig lange gedauert, bis man sich dem Studium dieser Beschwerden zu ­ wandte. Die älteren Lehrbücher erwähnen zwar den Meningismus, enthalten sich aber jeder näheren Erklärung. Es w ar von vornherein schwer zu einer einheitlichen E rklärung zu kommen, da es sich hier um ein ganz komplexes Phänomen handelte, zumal ja bei der vorwiegend subjektiven Art des ganzen Symptomenkomplexes, für den uns ja bis heute noch jede pathologisch-ana­ tomische Grundlage fehlt, auch die psychische Verfassung des Patienten be­ rücksichtigt werden mußte. Diese Schwierigkeiten einer Erklärung werden noch dadurch vermehrt, daß nicht nur der stets wechselnde und unberechen­ bare psychische Faktor, sondern auch noch andere von außen kommende Umstände, wie Menge der entnommenen Flüssigkeit, Lagerung bei der P unk­ tion. persönliches Geschick des Punktierenden, Verhalten des Kranken nach der Punktion von wesentlichem Einfluß auf das Symptomenbild sein können. Auch heute noch ist es uns nicht möglich, eine alle Tatsachen berffcksichti- Berliner Dermatologische Gesellschaft. ."> 8 gende einheitliche E rklärung des ganzen Symptomenkomplexes zu gelten, immerhin hat das Studium dieser Erscheinung, theoretischer und experimen­ teller Art. uns zu Vorstellungen geführt, die sich nach der praktischen Seite hin fruchtbringend ausgew irkt haben. Ich muß auf diese Theorien und Ver­ suche näher eingehen, da hier der Schlüssel zum Verständnis liegt, warum w ir heute ambulant punktieren können. Wenn es auch verständlich ist, daß ein plötzlicher und reichlicher Liquor - entzug durch die dadurch hervorgerufene Störung des Liquorgleichgewichts zu Beschwerden führen kann, die entweder während oder kurz nach der Punk­ tion auftreteu, so müssen für die überwiegende Mehrzahl der Fälle, in denen die Beschwerden erst nach Tagen auftreten, noch ándete Ursachen in Be­ tracht kommen. Dieses symptomlose Intervall hat allen Theorien die größten Schwierigkeiten bereitet. Man hat zuerst an eine infektiöse Ätiologie gedacht und die Kopfschmerzen mit lokalen meningealen Reizungen in Zusammenhang gebracht, wofür Befunde bei Wiederholung der Punktion zu sprechen schienen, aber keinesfalls ließ sich mit einer infektiösen Ätiologie die Tatsache vereinen, daß nämlich die Beschwerden Itei horizontaler Lage geringer werden oder ganz verschwinden. Gerade dieser Umstand deutete darauf hin, daß noch eine mechanische Ursache mit im Spiele sein mußte. Wenn wir mit unserer Nadel den Arachnoidealsack durchstochen haben, so haben wir je nach der Stärke unserer Nadel ein mehr oder weniger großes Loch in eine derbe, fibröse Mem­ bran gesetzt. Nach Herausziehen der Nadel wird sich das Loch, nicht etwa wie nach einer Venenpunktion sofort zusammenziehen, sondern wird, da elastische Fasern fehlen, offenbleiben. Durch den Druck des Liquors wird dieser daher aus dem Stichloch in das cpidurale Gewebe durchsickern. Diese Tatsache des Nachsickerns von Liquor aus dem Stichloch, die experimentell und klinisch erwiesen ist, hat man Stichlochdränage genannt. Da sich das Punktionsloch erst nach Tagen schließt, so kann es durch das ständige Nach­ sickern zu einer Liquorverarmung im CNS kommen. Die Wasserkissen, diesen Vergleich gebrauchte man, auf denen das Gehirn ruht, sind schlechter gefüllt, die Liquorsäule fehlt als Stütze, das Gehirn drängt an die knöchernen Teile des Schädels, und Kopfschmerzen sind die Folge. So hat man sich das, vielleicht etwas primitiv, gedacht. Oder wissenschaftlicher gesprochen: es e n t­ steht ein Unterdrück, der eine Hyperämie in den Hirngefäßen zur Folge hat. Ein solcher Unterdrück ist nun tatsächlich durch eine wiederholte P unk­ tion festgestellt worden, und schon glaubte man m it dieser Theorie alle Be­ schwerden erklären zu können, als sich bei größeren Nachuntersuchungen her­ ausstellte, daß sowohl Unterdrück als auch Oberdruck vorhanden sein können. So stand man wieder vor einer Schwierigkeit, denn wie sollte man sich die­ selben Beschwerden, einmal durch Unterdrück, das andere Mal durch Über­ druck erk lä rt denken, und warum soll durch das Nachsickern einmal U nter­ drück und das andere Mal Überdruck entstehen. Man hat nun beide Möglich­ keiten miteinander zu vereinen gesucht, indem man sich vorstellte: Bleibt das Punktionsloch mehrere Tage offen, so sickert so viel Liquor aus, daß es zum Unterdrück, der selbst durch eine gesteigerte Sekretionstätigkeit des Plexus chorioideus nicht kompensiert werden kann, kommt. Verklebt dagegen die Punktionslücke schnell, so sezerniert der durch den Liquorentzug gereizte Plexus im Übermaß weiter, und es kommt zum Überdruck. Kurz zusammen­ gefaßt läßt sich also sagen, daß die Beschwerden, die während oder kurz nach der Punktion auftreten — sie sind selten —, durch eine Gleichgewichtsstörung Berliner Dermatologische Gesellschaft. in der Liquormechauik hervorgerufen werden, während die Beschwerden, die e rst einige Tage nach der Funktion auf treten, als eine W irkung des Nach- sickerns des Liquors durch das .Stichloch, die zu einer Dekompensation zwischen Produktion und Eliminierung des Liquors führt, angesehen werden müssen. So gut auch diese Theorie der Stichlochdränage experimentell durch Farbstoffversuche gestützt ist und obwohl auch klinische Beobachtungen d a­ für sprechen, so wird sie doch nicht von allen Autoren anerkannt. Die Gegner der Theorie stützen sich vor allem auf die Tatsache, daß der Liquor sich sein- schnell wieder erneuert und daß das Nachsickern, auch wenn es stattfände, nut- geringfügig sei. Ich will mich hier nicht in das Für und Wider dieser Theorien verlieren. Wenn auch die Theorie der ¡Stichlochdränage heute wohl die meisten Anhänger hat, so gibt sie doch nicht restlos Aufschluß über alle. Vorgänge. W er sehr viel punktiert hat, weiß, daß es Menschen gibt, die nicht nur die Punktion mit der dicksten Nadel, sondern auch den größten Liquor­ entzug, ohne sich Schonung aufzuerlegen, besehwerdelos ertragen, während andere Menschen nach geringster Liquorentnahme auch nach Einhaltung von Bettruhe von den heftigsten Beschwerden befallen werden können. Ebenso können w ir es erleben, daß ein Patient das eine Mal eine Punktion gut, das andere Mal schlecht verträgt. Es müssen also doch noch andere Zusammen­ hänge bestehen, die uns noch unbekannt sind. Hier hat nun Trautmann eine neue Theorie anfgestellt, indem er unsere Aufmerksamkeit auf das in tra k ra ­ nielle Gefäßsystem lenkte. Nach ihm sind die Punktionsbeschwerden der Ausdruck vasomotorischer Beizungen und gehören in das Gebiet der m igräne­ artigen Zustände. Das Hirngefäßsystem, das durch den Spannungszustand seiner Muskulatur sich den jeweiligen Druckschwankungen des Blutstromes anpassen muß, ist auf sehr feine Beize eingestellt. Ein Entzug von Liquor muß daher als sehr grober Beiz aufzufassen sein. Durch die plötzliche D ruck- Verminderung im Cavum cranii wird der Außendruck, der auf den Gefäßen lastet, herabgesetzt. Es kommt zu einer Dilatation der Gefäße und hierdurch wird reflektorisch eine Krampfbereitschaft der glatten Muskulatur ausgelöst. Traulmann faßt also die Punktionsbeschwerden als intrakranielle G efäß­ spasmen nach A rt der Migräne auf und er glaubt hierdurch alle uns bisher noch unverständlichen Zusammenhänge erklären zu können. Die Tatsache, warum die Beschwerden erst nach Tagen auftreten und noch tagelang anhalten, wenn der Liquor längst ersetzt ist, deren Erklärung allen Theorien l>esonders schwer wurde, erk lä rt er durch Reizsummierung und Fortbestehen ¡des Krampfes, selbst wenn der Beiz schon aufgehört hat. Der Druckreiz des Liquorabflusses schafft die Krampfbereitschaft und eine Beizsummierung, wie sie durch unzweckmäßige Körperbewegungen, Erschütterungen und Bahn­ fahrten ausgelöst werden können, führen dann zum Krampfzustand. Auch die Tatsache, daß I >ei horizontaler Lage die Kopfschmerzen nach lassen, spricht nach Trauimanns Auffasung für eine vasomotorische Erscheinung. Die schon erwähnte verschiedenartige Empfindlichkeit der Patienten läßt sich ebenfalls erklären. Menschen mit geringgradiger Empfindlichkeit ihrer glatt- muskeligen Organe, also auch mit geringerer Reaktionsbereitschaft, müssen natürlich auf den Reiz, den eine Lumbalpunktion ausübt, viel weniger r e ­ agieren als andere, die, vasolabiler, mit gesteigerten Beschwerden infolge der großen Empfindlichkeit ihres vagosympathischen Systems erkranken. Diese Theorie Trautmanns betrachtet also das ganze komplexe Phänomen unter einem einheitlichen Gesichtspunkt. Ich fasse noch einmal kurz zusammen: Der Berliner Dermatologische Gesellschaft. (»0 Liquorverlust führt, zu einer Drueksehwankuug im runern des Schädels. Ist die Drueksehw ankuug sehr groß, wie sie durch eine dicke Nadel oder durch eine Stichlochdräuage hervorgerufeu werden kann, so ist auch das initiale Reizmoment sehr groß. Dieses allein kann genügen, um die vasomotorischen Reaktionserseheinungen und damit die Beschwerden auszulösen. Ist das in i­ tiale Beizmoment klein, so können die vasomotorischen Reaktionserschei­ nungen dennoch hervorgerufen werden durch eine Summierung anderer Beiz­ momente. wie starke Körjierlicwegungen, Bahnfahrten, Alkoholgenuß. Hierzu tritt die ganz individuelle Beizempfindlichkeit der betreffenden Person, d. Ii. der vagosym|>athlsche konstitutionelle Faktor. Ich hahe mich absichtlich etwas eingehender mit diesen ganzen Theorien der Entstehung der meningitischen Nachpunktionsbeschwerden beschäftigt, da sie bestimmend gewesen sind für die weiten« Entw icklung der Punktions­ technik. Gehen w ir davon aus, daß der initiale Reiz, wie er durch das Trauma des Einstichs gesetzt wird, und der durch den folgenden Licptorabfluß und das weitere Nachsickern v erstärkt wird, schließlich zur Auslösung der Be­ schwerden führt, so mußte eine Änderung unserer Technik, die darauf hinaus­ ging, alle diese Momente auf die denkbar kleinste Wirkung zurückzuschrauben, von einer Beseitigung oder Milderung dieser Beschwerden licgleitet sein. Auf Grund dieser zunächst theoretischen Vorstellungen hat man sein Augenmerk wieder mehr der Technik der Lumbalpunktion zugewandt, denn war diese Theorie des zu großen initialen Reizmoments und des Nachsickerus richtig, so mußte ein Herabgehen mit der Stärke der Nadel sich auch günstig auf die Nachpunktionsbeschwerden auswirken. Die Frage nach der zweckmäßigen Stärke der Lumbalnadel hat in der L iteratur nur eine untergeordnete Bolle gespielt. In einem älteren Lehrbuch finde ich eine Stärke von 2 3 mm ver­ zeichnet. Es waren dies Nadeln von dieser Stärke. Die späteren Untersucher, die wie K röniy und Hier Nadeln angaben, bedienten sich eines Kaliliers von etwa 1,5 mm, und dies ist das übliche geblieben. Beim weiteren Herabgeheu mit der Stärke der Nadel stand man Schwierigkeiten gegenüber, da mau die Biegbarkeit und Bruchfestigkeit der Nadel nicht unter ein gewisses Maß gefahrlos herabdrücken konnte. Auf diesem Wege kam man daher nicht weiter. Es w ar darum ein Verdienst des Amerikaners Hoyt, als erster ein neues Prinzip ersonnen zu haben, indem er eine Doppelnadel angab. An­ scheinend unabhängig von ihm hat 1924 Anloni (Schweden) eine ähnliche Nadel angegeben, die für W echselm m n der Ausgang für seine Konstruktion wurde. Es handelt sich um eine Doppelnadel. Die äußere Nadel hat ein K a­ liber von 0,8 mm. Tn diese wird die eigentliche Punktionsnadel, die nur ein Kaliber von 0.4 mm hat, hineingeschoben. Diese eigentliche Punktionsnadel soll die Führungsnadel nicht mehr als 1 cm überragen; das ist grundsätzlich wichtig. Mit der äußeren Führungsnadel durchbohre ich Haut, Unterhautzell­ gewebe. Ligamenta interspinalia. Liege ich etwa 1 cm vor dem Duralsack, hier liegt die Schwierigkeit, im Anfang das richtig abzuschätzen, dann schiebe ich die eigentliche Punktionsnadel vor. Hierbei darf man keinen Widerstand finden, auch nicht die geringste K raft anwenden. Das Durchbohren der Dura fühlt man infolge der feinen Nadel sehr genau. Man entfernt dann diesen sehr feinen Mandrin, den man übrigens besonders gut pflegen und der Ihm jeder Punktion in der Nadel drin sein muß. da nur seine Anwesenheit die Durch­ gängigkeit der überaus feinen Nadel verbürgt, biegt die Nadel richtig, dann dauert es einige Sekunden, bis der erste Liquortropfen erscheint, Der Liquor Berliner Dermatologische Gesellschaft. tropft dann ganz langsam, meist nur jede 5 Sekunden einen Tropfen, ab. Die Punktion dauert länger als m it der gewöhnlichen Nadel, aber hierin liegt ja gerade das schonende des Vorgehens. Ich zeige Ihnen hier die Entwicklung der Lumbalnadel (Demonstration). Die Punktion mit dieser Doppelnadel ist naturgemäß schwieriger als mit den bisherigen Xadeln; auch der, der punk­ tieren kann, wird sich mit dieser Nadel erst eiuarbeiten müssen, da sie ein ganz anderes Gefühl verlangt. I'm gleich auf die Möglichkeit des Abbrechens zu kommen, die ja bei der Zartheit dieser Nadel auf der Hand liegt, so ist zu sagen, daß ein Abbrechen nur bei ganz grobem Ungeschick möglich ist. Die kräftiger gebaute Führungsnadel hat die Aufgabe, die eigentliche G efahr­ zone, in der eine Nadel abbrechen kann, das ist zwischen den knöchernen Teilen, zu überwinden. Erst wenn diese Zone passiert ist, wird die eigent­ liche Punktionsnadel vorgeschoben. Da fliese nur das ganz weiche Gewebe der Lig. flava und Dura zu durchbohren hat. ist ein Abbrechen auf diesem Wege unmöglich. Damit die eigentliche Punktionsnadel nicht zu früh vor­ geschoben zu werden braucht, soll sie die äußere Nadel nicht mehr als 1 cm überragen. Das ist ein Vorzug gegenüber der Nadel von Antoni. Wenn wir die L iteratur über die mit dieser Nadel ausgeführten Punk­ tionen durchsehen, so finden wir, daß alle Autoren für die ambulante P unk­ tion mit dieser Nadel eintreten. Das größte Material liegt vor aus den Kliniken von W agner-Jauregg in Wien und von Prei/fuß in Frankfurt, um Ihnen nur die wichtigsten zu nennen, üattner, der über das mehrere Tausend Punktionen betreffende Material Wagner-Jauregg's berichtet, gibt an. daß dort jetzt nur noch ambulant punktiert wird, und er weist in seiner Arbeit besonders auf die wirtschaftlichen Vorteile hin, die sich für Patient und Klinik hieraus ergeben. Wenn auch mein Material hinter diesen Ziffern zurückbleibt, so halte ich cs doch für wichtig, durch eigene Untersuchungen darzutun, daß die ambulante Punktion mit dieser Kapillarnadel ohne Gefahr im Hause des Arztes ausgeführt werden kann. Ich möchte hierdurch vor allem das Mißtrauen zerstreuen, daß immer noch von vielen Kollegen dem ambulanten L. P. e n t­ gegengebracht wird. Im ganzen habe ich 324 ambulante L. P. in etwa 2 Jah ren ausgeführt. H ierunter befindet sich keinerlei Krankenhausmaterial, sondern alle Patienten wurden in meiner Wohnung ohne Assistenz, sofern nicht der behandelnde Kollege zugegen war, punktiert. Alle begaben sich nach der P u n k ­ tion, ohne eine Buhepause eingehalten zu haben, wieder in ihre Wohnung. Es ist m ir von keinem Fall bekannt geworden, daß e r auf dem Nachhauseweg irgendwelche Schwierigkeiten hatte. Die meisten gaben au. den eigentlichen Einstich überhaupt nicht verspürt zu haben; die Einstichstelle pflege ich noch durch einen kurzen Chloräthylspray ‘zu vereisen. Da der Patient gar nicht merkt, was hinter ihm vorgeht, habe ich einen eigentlichen Kollaps, wie ihn doch jeder selbst nach der einfachen Blutentnahme oder dem Einstich in die Fingerbeere immer wieder erlebt, kurz nach der Punktion nur einmal ganz kurz vorübergehend gesehen. Wenn ich Ihnen nun über die Verträglichkeit dieser Punktionen mit der KapiUarnadel berichte, so bin ich mir klar darüber, daß ich nur die subjek­ tiven Angaben der von mir Punktierten verwerten kann, da ein objektiv nachweisbarer Befund, von den Ausnahmen des schweren Meningismus ab­ gesehen, fehlt. Vielleicht hat der eine oder der andere vorhandene Beschwerden geleugnet oder übertrieben, ich glaube jedoch, daß ich im allgemeinen richtige Berliner Dermatologische Gesellschaft 1)2 Angaben erhalten habe, bei denen ich mich z. T. auf die Nachrichten des behandelnden Kollegen stützte. Ich möchte die Patienten in -1 G nippen eiuteilen: 1. Solche, die g a r keine Beschwerden hatten, 2. solche m it leichtem Kopfdruck oder Kopfschmerzen. 3. mit stärkeren Kopfschmerzen, die Bettruhe erforderlich machten, 4. mit Meningismus. In der Beurteilung der V erträglichkeit müssen alle die Fälle ansscheiden, die positiven Liquor hatten, denn wir wissen, daß jene l>e- sonders gut auch Funktionen mit dicken Madeln vertragen. Einer solchen Z u­ sammenstellung. wie sie mir vorschwebte, konnte nur ein einheitliches M aterial zugrunde gelegt werden, darum sind nur jene Fälle mit negativem Liquor berücksichtigt, so daß Übrigbleil>en 210! G ar keine Beschwerden hatten 14!> — 71 "/'o, Kopfdruck oder leichte Kopfschmerzen 40 F.1,5 stärkere Kopfschmerzen 23 (>°/<i. Meningismus 7 = 3,5 o/o. Letztere Zufälle sind bei der Beurteilung besonders wichtig, denn wir müssen dahin streben, diese unan­ genehmsten Nachwirkungen auch 1 >ei der ambulanten Punktion m it Sicher­ heit auszuschalten, ln zwei von diesen F ällen konnte die mutmaßliche U r­ sache festgestoilt werden. Der eine Patient h a tte sieh am nächsten Tage auf eine mehrstündige Schnellzugsreise in seine Heimat begeben, wo e r am nächsten Tage seine Beschwerden bekam, der aridere Patient, begab sieh un­ mittelbar nach der Punktion zu einem Festmahl, wo er- dem Alkohol zu­ sprach. Man wird aus diesen Fällen die L ehre ziehen, nach der Punktion alle Erschütterungen sowie auch geistige G etränke zu vermeiden. Meines E r­ achtens werden w ir in der Lage sein, auch die leichteren Beschwerden noch weiter herabzumindern, wenn w ir die Punktion in den späten Nachmittags­ stunden vornehmen und die Patienten dann nacli Haus ins B ett schicken. Die nächtliche Bettruhe wird ausreichend sein, um die winzige Stichöffnung zur Verklebung zu bringen, und damit die Folgen des Naehsickerns beseitigen. Ich komme zum Schluß. An Hand verschiedener Theorien habe ich Huren auseinandergesetzt, welche Vorstellungen wir u n s vom Zustandekommen des Meningismus zur Zeit machen, ich sagte Ihnen auch, daß alle diese Theorien noch lebhaft um stritten sind. Ich w ill es daher auch dahingestellt sein lassen, ob wirklich allein die Größe des Stichlochs in der Dura und das Nachsickern von Liquor für die Beschwerden verantwortlich zu machen sind, so sehr auch die Erfolge mit der Kapillarnadel für diese Theorie zu sprechen scheinen. Sicher kommen noch andere Momente in Betracht. Der Liquor fließt tropfenweise ab, dadurch werden größere und plötzliche Druckschwan­ kungen, von denen w ir wissen, daß sie Kopfschmerzen auslüsen können, ver­ mieden. Der Einstich selbst ist für den Patienten kaum schmerzhaft, so daß jede Schockwirkung ausgeschlossen ist. Außerdem verhütet die im Innern der Führungsnadel liegende eigentliche Punktionsnadel, da sie vollkommen steril gesichert ist, die Verschleppung von Hautkeimen. Ich glaube also, Ihnen gezeigt zu haben, daß das Mißtrauen gegen eine ambulante Punktion heute keine Berechtigung mehr hat. Wie beseitigen wir nun noch das Mißtrauen und die Selten, die. der Patient vor der Punktion hat? Hiermit komme ich auf das zu Anfang E r ­ wähnte zurück, indem ich Ihnen sagte, daß meines Erachtens die Patienten vor nichts mehr zurückschrecken als vor dem Ausdruck „Rü'ekenmarks- punktiou". „Das Bückenmark lasse ich m ir nicht abnehmen'' ist eine oft geäußerte Antwort. Es gilt also, die Patienten dahin zu belehren, daß man mit dem eigentlichen Rückenmark in gar keine Berührung kommt. Wenn Gemeinsame Tagung der Niederländischen Dermatologen-Vereinigung, ich selbst Patienten die Notwendigkeit einer Punktion klannachon soll, dann vermeide ich immer das Wort „Rückenmark“, weil ich immer wieder g e­ sehen habe, daß das abschreckt. Ich vermeide auch das Wort „Rückenmark - flüssigkeit“ , sondern sage ihm, daß ich oberhalb des Kreuzbeins ein paar Tropfen Flüssigkeit aus dem Wirbelkanal entnehme. Mit diesem Wort g e ­ brauche ich einen amtlichen Ausdruck, und zwar den der Preußischen Ge­ bühren-Ordnung. Das klingt nicht so gefährlich, als wenn ¡(dt von einer Rüekcnmarkpunktion spreche und entspricht durchaus den Tatsachen, ln jedem Falle pflege ich den Patienten darauf hinzuweisen, daß, wenn auch der Eingriff so gut wie schmerzlos ist, jedoch gelegentlich Kopfschmerzen auftreten können, die jedoch keine weiteren Folgen nach sich ziehen. Wenn man in dieser Weise den Patienten den Eingriff erklärt, wird bestimmt das Mißtrauen schwinden, und jeder Syphilitiker wird die Lumbalpunktion schließlich als ebenso selbstverständlich anseheu wie eine Blutentnahme. Dann wird endlich die Forderung erfüllt sein: keine Luesheilung ohne Liquorkontrolle. Aber noch weitere Ausblicke gestattet uns die ausgedehntere Anwendung der Lumbalpunktion. Die nun ermöglichte wiederholte Vornahme der Punktion in positiven Fällen eröffnet uns die Wege zu einer planmäßigen Erforschung der vielen noch ungeklärten Probleme der Neurolues. f'nd wenn w ir im letzten .Jahrzehnt durch die immer wieder betonte Wichtigkeit der Frühdiagnose durch den Spirochätennachweis zu einem bemerkenswerten Rückgang der Neuinfektionen gekommen sind, so glaube ich mich der Hoff­ nung hingeben zu können, daß w ir durch die ambulante Lumbalpunktion nun­ mehr auch zu einer Frühdiagnose der Metalues kommen werden und damit zu dem wichtigsten Problem der Lues überhaupt. Gemeinsame Tagung der Niederländischen Dermatologen-Vereinigung und der Vereinigung rheinisch-westfälischer Dermatologen in Köln am 25. und 26. Mai 1929. a) Vorträge. Kranlz (Universitäts-Hautklinik Köln): Tuberkiiloschnmunitül und Hauttuberkulose. Die dermatologische Auffassung der Hauttuberkulose ist nach morphologi­ schen Gesichtspunkten orientiert und berücksichtigt noch zu wenig, daß Tuberkulose eine chronische Infektionskrankheit des Gesamtorganismus ist und die Hautmanifestationen nur Teilerscheiniuigen dieser Infektion sein können. Diese Betrachtungsweise muß sich bei den Dermatologen noch durch­ setzen. — Schilderung unserer Kenntnisse über den Ablauf der tuberkulösen Infektion beim Menschen und über die Tuberkuloseimmunität. — Kritik der Theorien über Immunität und Allergie. — Versuch, aus den Erfahrungen und Beobachtungen das Gesetz zu erkennen, das dem Tuberkuloseablauf zugrunde liegt, — Auseinandersetzung mit der i?o»fcßschen Lehre, die Tuberkulose­ infektion als Ganzes von einem einheitlichen Gesichtspunkte zu sehen. — Begriff des tuberkulösen Primärkomplexes, der sekundären und tertiären Tuberkulose. — Betrachtung der tuberkulösen Hauterkrankungen in diesem Sinne. — Primäre Hauttuberkulose. Hauterscheinungen im sekundären Stadium (sogen, akute Miliartuberkulose, papuio-nekrotische Tuberkulide. http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Dermatology Karger

Berliner Dermatologische Gesellschaft

Dermatology , Volume 58 (1-2): 29 – Jan 1, 2009

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Publisher
Karger
Copyright
© 1930 S. Karger AG, Basel
ISSN
1018-8665
eISSN
1421-9832
DOI
10.1159/000256332
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Abstract

Sitzung am 12. November 1929. Vorsitzender: H err Buschke. Schriftführer: H err 11'. Fischer. T a g e s o r d n u n g : Geschäftlicher Teil. H e rr Ledermann gibt den Bericht des Schriftführers, H err Heller den über Kasse und Bibliothek. Der durch das Ableben von Herrn Arndt f«“¡gewordene Platz des ersten Vorsitzenden bleibt auf Vorschlag von Herrn Hasehke unbesetzt. F ü r den verstorbenen H errn Pulvermacher wird H err A. Alexander in den erw ei­ terten Vorstand gewählt. Die bisherigen Mitglieder werden durch Zuruf wiedergewählt, Wissenschaftlicher Teil. H err Btischke: Meine H erren! Bevor wir in die. Tagesordnung ein- treten, erfüllen wir die traurige Pflicht, zweier verstorbener Ehrenmitglieder unserer Gesellschaft zu gedenken: P. G. Unnas und Domenicus Majocchis. Auf die große Bedeutung Unnas, eines der genialsten Dermatologen, dem unser Fach grundlegende, Fortschritte auf verschiedenen Gebieten in umfassender Weise verdankt, brauche ich nicht noch einmal hinzuweisen, nachdem w ir in einer besonderen Trauerfeier die Verdienste dieses großen Mannes gewürdigt haben. Majocchi hat jahrzehntelang die Dermatologische Klinik in Bologna geleitet. Eine große Reihe von hervorragenden Arbeiten haben ihn in der Fachliteratur der ganzen Welt berühmt gemacht. Dauernd wird sein Karne verknüpft bleiben mit dem nach ihm benannten Granuloma trichophytieuin und vor allem mit der Purpura annularis, deren allgemeine medizinische Bedeutung, ihre Verknüpfung mit der Hyperglobulie in der letzten Zeit H err Gottron festgestellt hat. Noch bis in die letzte Zeit hat M. wichtige Arbeiten vollendet, wie der Bericht über eine Epidemie einer durch die Getreidemilbe erzeugte Dermatose dartut. W ir werden den beiden verstorbenen Ehrenmitgliedern und hervorragenden Förderern unseres Fachs ein dauerndes ehrendes Andenken bewahren 1 H err Buschke: Magnifizenz, verehrte Trauergäste und Kollegen! Bevor w ir heute an unsere Arbeit, gehen, liegt uns die traurige Pflicht ob, hier zum letzten Male unseres verstorbenen 1. Vorsitzenden, Georg Arndt, zu gedenken. Ich habe bereits am Sarge des Verstorbenen im Aufträge der Gesellschaft einen Kranz niedergelegt und unsere letzten Grüße übermittelt. Es war Arndt nicht vergönnt, so wie seine Fähigkeiten und sein Fleiß es ihm bei völliger Gesundheit wohl ermöglicht hätten, voll und ganz das zu leisten, was ihm vorgeschwebt haben m ag: denn jahrzehntelang mußte e r seinem kranken Körper seine Leistungen abringen und vieles, was e r vollbringen wollte, mußte unterbleiben, weil sowohl seine körperliche Leistungsfähigkeit, wie auch eine gewisse psychische Hemmung es ihm nicht gestatteten, sich voll wissenschaftlich und praktisch in dem von ihm so überaus geliebten Fach auszuleben. In jüngeren Jah ren hat e r durch ausgezeichnete Arbeiten unser Fach bereichert, später h at sein überaus starkes Pflichtgefühl, eine außer­ ordentliche K ritik ihn vielfach gehindert, selbst zu publizieren und seine Schüler publizieren zu lassen. Hm so mehr baute e r seine Lehrtätigkeit aus, 3* Berliner Dermatologische Gesellschaft. 3i> bei der er sein ausgezeichnetes Wissen und sein pädagogisches Talent e n t­ falten konnte. Das kam natürlich in erster Linie den Studenten und seinen engeren Schülern, dauernder ganz besonders unserer Gesellschaft zugute, in der er aus dem reichen Material seiner Klinik, aus seiner tief schürfenden Kenntnis, besonders auch der ausländischen Literatur und auf der Basis einer hohen diagnostischen Kunst, mit der er intuitiv viel schneller, viel gründ­ licher und viel besser schwierige Erscheinungen unseres Faches erfaßte als wir, uns belehrte. Seine vorzüglich vorbereiteten Demonstrationen auf klini­ schem und histologischem Gebiet bildeten den Höhepunkt unserer Sitzungen, und kaum ein Abend ging vorüber, an dem wir nicht durch ihn unser Wissen erweitern konnten. So sind gerade wir. die Berliner Dermatologische Gesell­ schaft, dem Verstorbenen zu besonderem Danke verpflichtet, für die Förde­ rung, die er, oft im Kampfe mit seiner Gesundheit, uns hat angedeihen lassen. Deshalb hielten w ir es für unsere Pflicht, heute noch einmal das Bild dieses ausgezeichneten Fachmannes, dieses vornehmen Menschen, dieses w arm ­ herzigen Arztes und zuverlässigen Kollegen vor uns erstehen zu lassen. Sein ältester Schüler, der ihm auch menschlich sehr nahe stand, H err Löhe, hat es übernommen, die Persönlichkeit und das Wirken Arndts hier zu schil­ dern, des Mannes, der mit solchem Erfolg in unserer Mitte gew irkt hat und dem wir über das Grab hinaus ein ehrendes Andenken bewahren werden. H err Löhe: Gcdärlitnisrede an/ Herr» Professor Arndt. (Erscheint in dieser Zeitschrift.) K rauhen Vorstellungen. H err Gottron (Universitäts-Hautklinik). a) Xanthomatose, Degeneration im Bereich von Narben, die von tube­ rösen Sgphiliden herrähren. 55jähriger Patient, bei dem es 37 Ja h re nach der Infektion zur E nt­ wicklung eines am Stamm und an den Extremitäten ausgedehnt generali­ sierten tuberösen Syphilides kam, das auf Jodkali in etw a 3 Wochen ab ­ heilte. Das Exanthem bestand bei Beginn der Beobachtung bereits 3 Monate und war teilweise schon spontan abgeheilt. Einzelne der Narben, und zwar sowohl im Bereich des Stammes wie der Extremitäten boten sich als fleck­ förmige, strohgelbe Gebilde dar. Diese waren klinisch als xanthomatös de­ generierte Narben aufzufassen. Histologisch fanden sich in den oberen An­ teilen der Kutis in Zügen ungeordnete Xanthomzellen. Diese sind von spinde- liger Form, weisen einen zentralen, oft etwas zusammengedrückten Kern und ein feinwabiges Protoplasma auf, in dessen Bereich bei Sudanfärbung sich eine doppelbrechende Substanz (Cholesterin) wahrnehmen läßt. Die auf unsere Behandlung zurückgebildeten tertiärluetischen Effloreszenzen lassen bis jetzt noch keine Xanthomatose Degeneration erkennen. Anamnese bezüglich Lebererkrankung negativ, im Urin kein Säccharum; Cholesteringehalt des Blutes 205»/00. b) Epidermoltjsis bullosa bei einem 26 jährigen Patienten. Der mir seit etwa 2 Ja h re n bekannte K ranke weist eine stets auf die Handrücken be­ schränkte Neigung zur Ausbildung von Blasen auf, die meist serös und nur ganz vereinzelt einmal hämorrhagisch sind. Beiderseits unter dem distalen Anteil der Daumennagelplatte Blasenbildung. Angeblich soll sich bei dem etwa 70jährigen Vater seit etw a einem halben J a h r die gleiche Erkrankung mit gleicher Lokalisation bemerkbar machen. Die Eltern sind nicht bluts­ verwandt. Seit, etwa 2 Monaten macht das Gehen dem Kranken Beschwerden. Berliner Dermatologische Gesellschaft. Deshalb Überweisung zur Nervenklinik, wo durch Dr. Albrechl der folgende Befund erhoben werden konnte: Spastisch gesteigerte Sehnenreflexe an Armen und Beinen, an den Beinen am stärksten, hier auch ausgesprochen© spastische Paresen. Sensible Störungen bestehen nicht; am linken Arm eine leichte Ataxie. Seit einer Reihe von Ja h re n Störungen der Miktion und N ei­ gung zum Zwangslachen. Danach das Vorliegen einer multiplen Erkrankung des Zentralnervensystems wahrscheinlich. Gegen eine multiple Sklerose spricht etwas der völlig normale Liquor, doch ist eine multiple Sklerose trotzdem am wahrscheinlichsten. e) Purpura aufgetreten im 1 ’erlauf einer schweren Tbc. der Lunge und des Kehlkopfes bei einem 55 jährigen Manne. Tuberkelbazillen im Auswurf. Im September 1928 bestand außerdem noch eine Pleuritis links. Damals 'fern peratursteigerung bis über 39°, während jetzt nur noch geringe Tem peratur­ steigerung besteht. Die damalige Blutformel unterschied sieh von der jetzigen vornehmlich durch den Prozentgehalt der Eosinophilen, damals 1 "/o, jetzt 6®/o. Seit Mai 1929 in Schüben auftretende petechienartige Blutungen in symmetrischer Verteilung an Armen und Beinen, wobei die Beugeseiten stärker befallen sind wie die Streckseiten. Vorhanden waren punktförmige, fleckige, bläulichrote Gebilde. Rumpel-Leede negativ. Dieses Bild w ar bei klinischer Betrachtung nosologisch in eine der hämorrhagischen Diathesen nicht eingruppierbar. Auch Prof. H. Uirschfeld, dem ich den Pall zeigte, war sich über die Stellung dieses Exanthemes nicht im klaren. Hämatologisch kein wesentlich vom Normalen abweichendes Bild: insbesondere ist hervorzu­ kehren, daß die Thrombozyten nicht vermindert waren. Differentialbild: 10«,o Stabk., 53 «o Segmentk.. 6«/o Eos., 16°,b Lymphoz., 11"/# Monoz., 3 o/o Reizungsformen, 1 "o Mastz. Im Verlauf der weiteren Beobachtung konnte nun im Beginn eines neuen Rezidivs ganz ausgeprägt ödematöse E ry ­ theme festgestellt werden, die nur eine besondere Kleinheit aufwiesen, und in die hinein Punktblutungen erfolgten. Damit w ar der Hinweis gegeben, daß wir es mit einer Schönleinschen Purpura zu tun haben. Damit ist wohl auch in Einklang zu bringen die jetzt erhebbare Feststellung, daß das E x ­ anthem immer wieder bei dem Kranken nach einem größeren Biergenuß in Erscheinung t r i t t 1). Sehleimhautblutungen bestehen nicht. Ob und inwieweit die hier vorliegende hämorrhagische Diathese mit der G rundkrankheit des Patienten in Beziehung zu bringen ist, muß offen bleiben. Sicherlich sind die bei Tuberkulose beobachtbaren Purpuraformen nicht einheitlicher Patho­ genese. Der Patient weist einen positiven Wassermann auf. Im September, zur Zeit des Bestehens der Pleuritis und der hohen Temperatursteigerung, hatte e r einen Blutdruck von 145—70, während er jetzt einen Blutdruck von 180—90 aufweist. Röntgenologisch ist eine breite Aorta vorhanden. d) Ungewöhnlich stark ausgeprägte warzige Psoriasis vulgaris, die be­ dingt ist durch das Emporschießen des hyperplastischen Papillarkörpers bei einem 74 jährigen Mann. Sitz dieser Veränderung ist ein handflächengroßer, scharf begrenzter K rankheitsherd auf der Streckseite des linken U nter­ schenkels im unteren Drittel. Hier findet sich eine mehrere Millimeter die Umgebung überragende zartgekörnte, etwas bläulichrote Wucherung des Papillarkörpers. Diese w ar mit einer bräunlich grauweißen, nicht locker g e­ schichteten, schuppenkrustösen Auflagerung bedeckt, die kreuz und quer l ) Vergleiche 'Kreibiseh, Purpura nach Biergenuß. Ztrlbl. 1928. Berliner Dermatologische Gesellschaft. laufende tiefe Einrisse aufwies. Vereinzelte ähnlich gestaltete und ins­ besondere ebenfalls eine Hyperplasie des Papillarkörpers, wenn auch nicht so hochgradig, aufweisende Krankheitsherde finden sich in Münzengröße auf den Gesäßbacken und auf den Ellenbogen. Auch histologisch steht die papillomatöse Wucherung des Papillarkörpers im Vordergrund, der gegenüber die Akanthose und die schmalkantige Verhornungszone zurücktritt. e) Akut einsetzende Pilt/riasis lichenoides bei einem 28 jährigen Arzt. Stamm und Extrem itäten sind übersät (viel dichter als im Muchaschen Falle, Arch. 123) von Krankheitseffloreszenzen, die innerhalb von etwa 10 Tagen diese Dichtigkeit der Aussaat erreichten. Ursprünglich waren vor allem die seitlichen Rumpfanteile insbesondere nach der Achselhöhle zu und das obere Drittel der Extrem itäten am stärksten befallen, so daß diese Ver­ teilung und das Vorhandensein von fleckförmigen seborrhoiden Effloreszenzen mich auch an Pityriasis rosea denken ließen, eine Diagnose, die aber nicht aufrechterhalten werden kann. Einige Tage später waren auch die übrigen Teile des Stammes und der Extrem itäten einschließlich der Hand- und F inger­ rücken befallen. Daneben wurden behaarter Kopf, Gesicht sowie die Schleim­ haut der Unterlippe Sitz einer größeren Anzahl von Effloreszenzen. Diese boten sich in der Hauptsache dar als reiskorn- bis über erbsengroße, meist rundliche, bläulichrote oder bräunlichrote, knötchenförmige Gebilde, die zu einem geringen Teil zentral ein oft Linsengröße an Umfang erreichendes Bläschen aufwiesen. E tw a drei Wochen nach Einsetzen der Erkrankung war das Bild insofern ein anderes, als jetzt in größerer Zahl hämorrhagisch-nekro­ tische Effloreszenzen (Typ'M ucha) vorhanden waren, die in bewerkenswerter Weise neben ihrem hauptsächlichen Verbreitungsort am Stamm auch auf Hand- und Fingerrücken zu Gesicht kamen. .Jetzt waren auch, was in der Folgezeit immer mehr in Erscheinung trat, zahlreiche charakteristische Knöt­ chen wahrnehmbar, die sich unter allmählicher Rückbildung des Infiltrates mit einem Schüppchen bedeckten, das sich schließlich als kollodiumartig auf- geklebt erscheinendes Häutchen darbot. Dieser akut einsetzende Fall wies im Laufe seiner Beobachtung alle bekannten Varietäten der akuten Pityriasis lichenoides auf: Die seborrhoide Form (die ja ursprünglich an Pityriasis rosea denken ließ) Toulons, auf deren Vorkommen auch ich wiederholt aufmerksam gemacht habe (Sitzung De­ zember 1926 und Mai 1927), weiterhin die von mir zuerst hier (ebenda) demonstrierte vesikulöse Form und zuletzt die vielfach beobachtete Mucha­ sche Form, w ählend jetzt nach Rückbildung der noch sichtbaren Efflore­ szenzen vom Muchaschen Typ in der Hauptsache das gewöhnliche Bild der Pityriasis lichenoides vorliegt. Die hier beobachtete Entwicklungsreihe zeigt doch, daß w ir immer mehr mit größerer Sicherheit all diese Erscheinungs­ bilder der Pityriasis lichenoides zurechnen dürfen, deren Krankheitsbild d a­ mit zu erweitern ist, was ja auch Geltung hat für Fälle von Parakeratosis variegata, wie ich in dieser Gesellschaft ausführen konnte (Derm. Ztschr. Bd. 56). Bei dem hier demonstrierten Falle erscheint mir noch das Folgende be­ merkenswert: 1. Pirquetsche Reaktion stark positiv (vgl. früher mitgeteilte Beobachtungen); klinisch keine Zeichen einer aktiven Tuberkulose. 2. Bei Feststellung des Blutdruckes, der jetzt eine Höhe von 115—70 aufweist, machte der Kollege die Angabe, daß zuweilen bei ihm ein höherer Blutdrucks­ wort festzustellen ist, und daß er bereits vor 6 Ja h re n , also im 22. Lebens- Berliner Dermatologische Gesellschaft. 3U jalir, einmal einen Blutdruck von HO aufgewiesen habe. Wir haben es also mit einem labilen Hypertoniker zu tun (vgl. meinen Hinweis auf erhöhte Reaktionsbereitschaft der Haut bei labilem Hypertonus [demnächst Purp. Maj. Arbeit im Archiv |). Der K ranke ist im übrigen vollblütig und mäßig beleibt. Nationalität Spanier. 3. Der Kollege führte von sich aus als Therapie eine möglichste. Beschränkung der Nahrungsaufnahme durch (genoß nur zwei Glas Milch, aß einige rohe Äpfel und Butterbrote). Danach (oh post oder propter hoc fraglich) bildete sich die, akute Note des Krankheitsbildes zurück. 4. Blutbild: 5,3 Mili. Rote, D ifferentialblutbild: B. 1, Eos. 2, Stabkern., 3, Segmentkern. 46, Lympho. 45, Mono. 5 o/o. f) Gleichzeitiges Vorhandensein von Ergthsma indurat.um und Sarkoid- Darier- Roussg laei einem 44jährigen wohlgenährten, etwas beleibten Mann, nebst einigen Bemerkungen zu einer wohl als hyperergisch ( Rößle-Hübsoh- mann) zu bezeichnenden Reaktionsform der Hauttuberkulose. Seit 6 J a h re n will der Kranke etw a alle zwei J a h re einmal das Auf­ treten von Krankheitsveränderungen wie die jetzt bestehenden bei sich beob­ achtet haben. Die Unterschenkel sind der Sitz von drei- bis fünfmarkstück­ großen Erythemen, in deren Bereich sich kutan gelagerte plattenartige I n ­ filtrate finden. Ein Teil dieser weist scharf begrenzte, steil abfallende Ränder zeigende, fingernagelgroße, zartgranulierte Ulzera auf, deren bräunlich­ roter Grund streifenförmig angeordnete graugelte Bezirke erkennen läßt. Die einzelnen zum Teil narbig abgeheilten Krankheitsherde lassen eine strang- förmige Anordnung erkennen. Am Arm sind — den Sarcoides noueuses D ariers entsprechende — mehr tiefer gelagerte bohnengroße Knoten, über denen die H aut von blaßroter Farbe ist. Diese finden sieh auch auf den Gesäßbacken. Hier wie auch in den seitlichen Rumpfteilen unmittelbar oberhalb der Spina iliaca sind nun noch in ziemlich symmetrischer Verteilung eine größere Zahl subkutaner Sarkoide vorhanden, auf die die Aufmerksamkeit erst durch den K ranken gelenkt wird, und die nur bei Betastung wahrnehmbar werden. Die letzteren erreichen meist Erbsen-, vereinzelt a t e r auch Bohnengröße. Die Haut ist im Bereich der indolenten Gebilde von meist normaler und nur ver­ einzelt von zart bläulich-roter Farbe. Beim Abheben der Haut ist zuweilen die von Darier beschriebene orangenschalenartige Oberflächengestaltung be­ merkbar. Ein histologisch untersuchtes Dariersches Sarkoid zeigt in einem Um­ fang von Halbpfennigstückgröße fast ausschließlich in der Subkutis gelagerte entzündliche Veränderungen. Diese haben im Zentrum des Krankheitsherdes das Fettgewebe vollkommen ersetzt, während in der Peripherie die F e tt­ gewebszellen auseinandergedrängt erscheinen und zwischen sich eine zöllige Gewebsinfiltration aufweisen. In geringem Umfang ist das Zentrum des Krankheitsherdes im Schnitt ausgefallen und die so entstandene Lücke ist umsäumt von einem mit zahlreichen ( a te r im mer n u r in den zentralen Anteilen feststellbaren) Leukozyten durchsetzten lymphozytären Infiltrat, das zentral- wärts entweder vollständig nekrotisch geworden ist, bzw. eine schlechte F ä rb ­ barkeit der Kerne erkennen läßt. Plasmazellen fehlen. Insbesondere in der Peripherie finden sich, und zwar meist in nesterförmiger, vom Hauptherd getrennter Anordnung Epitheloidzellenknötchen, die hie und da einmal eine Riesenzelle einschließen. Im Krankheitsherd sind immer wieder Gefäßver­ änderungen feststellbar. Die Gefäße sind verdickt, meist auf Kosten der Media, stellenweise ist auch die Adventitia verbreitert. Sie erscheint auf- B erliner Dermatologische Gesellschaft. gelockert und zeitig durchsetzt. Seltener begegnet man einer Wucherung der Gefäßinnenhaut. die vereinzelt eine fast vollkommene Obliteration der Ge­ fäße zur Folge hat. Die Elast iea interna derartiger Gefäße ist mehr oder minder vollkommen zugrunde gegangen (aufgesplittert). Im Bereich der be­ troffenen Subkutis weisen die noch vorhandenen Bindegewebssepten keine besondere Verbreiterung auf. Die Bindegewebszüge sind etwas auseinander­ gedrängt und mäßig zellig durchsetzt. Das Bindegewebe selbst ist teilweise völlig zerfallen und hyalin entartet. Das Zusammenvorkommen von Erythema iudurafum und Sarkoid Darier-Boussy, sowie die im klinischen Bilrl feststellbaren allmählichen Über­ gänge der einzelnen Erscheinungsbilder ineinander und sowie, insbesondere auch' das beim Sarkoid Darier-Boussy anzutreffende histologische Bild, das sich doch in nichts wesentlichem von den Veränderungen, wie man sie beim Erythema induratum zu sehen bekommt, unterscheidet, sprechen dafür, daß wir es mit Erscheinungsbildern der Hauttuberkulose zu tun haben, die zusammengehörig sind und eine gegenseitige Abtrennung nicht erheischen. Zu diesem Ergebnis war Zieler in seiner Monographie der Hauttuberkulose bereits 1912 gekommen. Auch Volk (Wien. Klin. Wschr. 1913) und Kohl (Wien. med. Wschr. 1913) haben an Hand je eines ähnlich gelagerten Falles wie der vorliegende den gleichen Standpunkt eingenommen. Eine Abtrennung der Darierschen S ar­ koide von der Sarkoiderkrankung (Boecksehes Sarkoid ctr., siehe meine De- monstr. B. I). G., Ju li 1929) muß erfolgen auf Grund der anderen Art der Gewebsreaktion,- auf Grund des immunbiologischen Verhaltens und auf Grund der sonstigen im Körper vorhandenen tuljerkulösen Herde. Auch Darier, der bezüglich der nosologischen Gruppierung seiner Sarkoide im Laufe der Jah re eine verschiedene Stellung einnahm (siehe Zieler), scheint ja heute gleich­ falls diese (soweit sie durch den Tuljerkelbazillus bedingt sind) dem Erythema induratum anzureihen und sie vom Boeckschen Sarkoid abzutrennen (siehe. Precis de Demi., 1928). Jadasaohn (Zentralblatt, 20, 74-1) hingegen betont, daß Erythema induratum und die Darier-Bonssysche Form des Sarkoids in ihrer charakteristischen Ausbildung noch recht weit voneinander entfernt sind. Bezüglich der Tuberkulosekrankheil des hier demonstrierten Patienten ist noch bemerkenswert, daß e r im 14. Lebensjahr an Skrofuloderm g e ­ litten, worauf die noch jetzt vorhandenen Xarbeu hinweisen. Die hier zu beobachtende Verlaufsweise der Tuberkulose lenkt die Aufmerksamkeit auf die Beziehungen der jetzt vorhandenen Beakt ionsformen der Hauttuberkulose (Erythem a ind. und Sarkoid Darier-Boussy) einerseits und des früher be­ standenen Skrofuloderms andererseits. Man wird wohl immer mehr zu der Erkenntnis kommen, daß es sich bei diesen Erscheinungsformen der H aut­ tuberkulose (Skrofuloderm. Erythem a indurat., Sarkoid Darier-Boussy) um eine zusammengehörige Eeaktionsform der Hauttuberkulose handelt. Zieler weist darauf seit längerem hin. Auch Darier hebt die großen Analogien hervor. Es handelt sich um eine Generalisationsform von Tuberkulose in der Haut. Die Gewebsreaktion dieser ist dadurch gekennzeichnet, daß das Ver­ hältnis der exsudativen zur produktiven Komponente sehr zugunsten der ersteren überwiegt (siehe Arbeiten Hübschmanns). Ilübschmann betont, daß bei derartigen Ablaufsformen ein hyperergischer Zustand entweder lokal oder allgemein vorliegt. Das Skrofuloderm wäre nach dieser Auffassung (eventuell unter dem Einfluß einer stärkeren Infektionsdosis als sie. den anderen klini­ schen Bildern zukommt) das am stürmischsten verlaufende Erscheinungsbild, Berliner Dermatologische Gesellschaft. hei dem dementsprechend die exsudative Note mul der Zerfall am ausgepräg­ testen sind. Erythem a induratum und Sarkoid Darier-Roussy verlaufen milder, aber auch hierbei tritt die produktive Note sehr zurück, und sofern sie w ahr­ nehmbar ist, ist sie immer wieder meist als Umrahmung und in einzelnen Nestern sichtbar. All diese Formen sind dann weiterhin geweblich gekenn­ zeichnet durch eine besondere .Anfälligkeit, des Gefäßsystemes; mehr oder minder ausgesprochene Gefüßverümlerungen sind immer wieder vorhanden. Auch bei diesen Reaktionsformen entsprechen den pathologisch-anatomischen Vorgängen bestimmte innnunbiologisehe. Verhältnisse. Während wir bei der Sarkoiderkrankung, der geweblich rein produktiv (Epitheloidzellentuberkel) charakterisierten Reaktionsform einer positiven Anergie (negativer Pirquet) begegnen, weisen die hier in Rede stehenden Tabe.rkuloseformen meist eine stark positive Pirquetreaktion auf, wie das auch bei unserem Kranken der Fall ist. Bezüglich sonstiger im Körper vorhandener tuberkulösen Verände­ rungen scheint bei dieser hyperergischen Reaktionsform der Hauttuberkulose meist wenig fcstzustellen zu sein. Unser Kranker zeigte im Röntgenbild nur einzelne kleine inaktive Herde (vgl. z. B. auch Martensleins Befunde an den Lungen bei Skrofuloderm (Areh. 131 u. 140). Erwähnt sei noch, daß der Kranke in der Achselhöhle je eine bohnen­ große und in der Inguinalbeuge je eine, erbsengroße Drüse aufwies. 2. H err Gotlron und H err Jacobi (Universitäts-Hautklinik. B erlin ): ,siiblcukiimische Lymphadenosis cutis und des lymphatischen Apparates nach Herpes zoster generalisata» liei einem 03jährigen Mann. Seit April 1929 beobachtet der K ranke ein Größerwerden der Drüsen am Hals, in den Achselhöhlen und den Inguinalgegenden. (in Bereiche dieser Körperregionen ziemlich gleichmäßige Schwellung aller Lymphdrüsen, was ja mehr für Leukämie als für Lymphogranulomatose spricht. Die Drüsen selbst sind weich (nicht erweicht), nicht hart, was im gleichen Sinne aus­ zuwerten ist; sie sind indolent, vielfach isoliert, auf der Unterlage verschieb­ lich und nicht mit der Haut verwachsen. Es finden sich aber auch größere Drüsenpakete, wie zum Beispiel in der rechten Achselhöhle, die der Sitz um­ fangreicher bis faustgroßer Drüsenschwellungen ist. Größere Drüsenpakete sind ferner vorhanden an den Kieferwinkeln, wo sie zur leichten Abhebung der Ohrläppchen geführt haben, während sonst die Submental- und Inguinal- gegend sowie Ellenliettgen nur haselnuß- bis gänseeigroße (inguinal) Drüsen feststellbar sind. Außerdem ist eine große Milz h ärterer Konsistenz nachweisbar. Be­ sonders bemerkenswert sind die Hautveränderungen. Zweierlei ist hier zu sehen, einmal ein fläehenhafter Krankheitsherd, der das Gebiet der linken Zervikalsegmente 111 und IV einnimmt. E r ist gekennzeichnet durch ein bräunliches, dünnplattenartiges Infiltrat, in dessen Bereich die verdünnte. Oberhaut zarte Gefäßreiserchen durchscheinen läßt. Auf Glasdruck verbleibt ein blaß graubrauner Farbenton. Hervorzuheben ist, daß dieses Infiltrat inselförmig unterbrochen wird von linsen- bis fingernagelgroßen, mäßig gegenüber der Umgebung eingesunkenen, straff atrophischen Narben. In der Umgebung des flächenhaften Infiltrates sind einzelne rundliche, linsengroße Infiltrate vorhanden. Derartige kleinere Infiltrate, die den zweiten Teil der an der Haut beobachtbaren Erscheinungen ausmachen, sind über den ganzen Körper verstreut. Sie sind auf der linken Körperhälfte wohl etwas zahlreicher als auf der rechten. Sitz derartiger Infiltrate sind der behaarte Kopf, die Stirn, B erliner Dermatologische Gesellschaft. Wie Extremitäten, wobei Oberarme dichter besät sind als Unterarme, aber auch Hände und Finger beteiligt sind, sowie die Brust und seitliche Rumpf- teile. Die Einzeleffloreszenzen sind meist linsen-, zuweilen auch fingernagel­ groß, meist von bräunlichroter, an den distalen Teilen der Extremitäten aber von bläulichroter Farbe. Ein Teil der Gebilde weist im Zentrum eine kleine Narbe auf. Auf der rechten Brust und am rechten Oberarm finden sich in streifenförmiger Anordnung Infiltrate, in deren Bereich die Follikel erweitert >uid mit schwärzlichen, punktförmigen Hyperkeratosen ausgefüllt sind (ob sich hier die Erkrankung im Bereich eines Komedonennävus lokalisiert hat, muß fraglich bleiben). Histologisch weisen die an Wangen und Arm herausgeschnittenen In ­ filtrate das charakteristische Bild einer Lymphadenosis cutis auf. (De­ monstriert.) Das Blutbild ist nun dadurch gekennzeichnet, daß eine Gesamtvermeh- rung der weißen Blutkörperchen nicht besteht, wohl aber das Pinkussche Zeichen (relative Lymphozytose) positiv ist. Die Blutformel ist die folgende: Erythrozyten 3880000, Leukozyten 9900. Die Differentialzählung e rg a b : l°.'o Basophile, 4°/o Eosinophile, 1% Jugendliche, 6»/o Stabkernige, 31 «o Seg­ mentkernige, 51 #/o Lymphozyten, 0 ® /o Monozyten. F ü r das Verständnis des in diesem Falle beobachtbaren Erscheinungs­ bildes sind die folgenden Daten von Bedeutung: Vor etwa I Monaten soll der Kranke nach Diagnose eines erfahrenen Kollegen eine Skabies gehabt haben, die auf Schwefelbehandlung abgeheilt ist. Ob diese Diagnose absolut gesichert, läßt sich jetzt nicht mehr sagen, die Verbreitung (Interdigitalfalten, Achsel­ höhlen) und die erfolgreiche Schwefeltherapie sprechen für die Richtigkeit. Natürlich wäre auch an Prurigo bei lymphatischer Leukämie zu denken. Nach Abheilung dieser Erkrankung trat im Oktober ein Herpes zoster (Arsen hat der K ranke vorher nicht bekommen) im Bereiche der Zervikalsegmente III und IV in Erscheinung (deshalb Aufnahme auf die Abteilung von Prof. Buschice), der nach Angabe des Kranken begleitet war von einer generali­ sierten Aussaat von Effloreszenzen am Kopf, Stamm und Extremitäten. Wir haben es also mit einem Herpes zoster, wahrscheinlich generalisatus bei subleukämischer Leukämie zu tun. Herpes zoster und auch insbesondere generalisierte Formen haben wir mehrfach bei Leukämie beobachten können, und 11. Freund hat ja vor kurzem an Hand einer eigenen Beobachtung auf die Häufigkeit dieses Zusammentreffens hingewiesen. (Arch. 154. D. W. 88.) Nach Abheilung des Herpes zoster, der teilweise ein gangränöser war, wofür die jetzt vorhandenen Narben, welche die inselförmigen, von leukämi­ schem In filtrat frei bleibenden Bezirke abgeben, sprechen, kam es zur Aus­ bildung des jetzt vorhandenen Exanthems, das den Kranken veranlaßt hat, unsere Klinik aufzusuchen. Auf der Abteilung BuscKke w ar dasselbe, wie uns H err Prof. Buschko mitteilte, noch nicht vorhanden. Es ist insbesondere im Bereich der vom Zoster betroffenen Zervikalsegmente zu einem flächen- haften, leukämischen In filtrat gekommen. Aber auch am Sitz der generali­ sierten Zostereffloreszenzen kam es zur Ausbildung leukämischer Infiltrate. Ob auch die etwas fraglichen Krankheitsherde der Skabies die Ausbildung leuk­ ämischer Infiltrate an ihren Lokalisationsstellen förderten, muß unentschieden bleiben. Der Sitz von leukämischen Infiltraten an den Interdigitalflächen könnte so seine E rklärung finden. Auf die Entwicklung von leukämischen I n ­ filtraten im Bereiche vorausgegangener Herpes-zoster-Effloreszenzen hat Berliner Dermatologische Gesellschaft. ■Jadassohn hingewiesen (Ztrlbl. TW. 20, S. 741). Im Jadassohnsdien Falle handelte es sich um eine lymphatische Leukämie mit Herpes zoster generali- satus, während hier eine subleukämischc Leukämie vorhanden ist. Auch inso­ fern bildet die vorliegende Beobachtung eine Parallele zu dem Jadassohnschen Falle, als die weitere Beobachtung ergab, daß sich die leukämischen H au t­ infiltrate auf Bestrahlung der Drüsen hin zurückbildeten, obwohl die leuk­ ämischen H autinfiltrate selbst nicht bestrahlt wurden. Bemerkt sei bei dieser Gelegenheit, daß wir vor Ja h re n einmal im An­ schluß an einen Zeckenstich im Bereiche dieses die Kntwieklung eines aleuk­ ämischen Infiltrates beobachten konnten. Erwähnenswert erscheinen noch die äußerst heftigen neuralgischen Beschwerden des Kranken im Bereiche der befallenen Nervensegmente. Bei alten Leuten sind ja die Neuralgien öfters einmal sehr schmerzhaft, aber in diesem Falle scheinen sie besonders hochgradig und lange anhaltend (seit 2 Monaten) zu sein. Auch Jadassohn hat in seinem Fall auf das Vorhanden­ sein heftiger neuralgischer Schmerzen hingewiesen. Nachzutragen ist noch, daß der Kranke Ende November von einem im Gesicht lokalisierten Erysipel befallen worden ist. 3. H err Freund (U niversitäts-H autklinik): a) Gruppiertex, großpapu­ löses Tuberkulid (Jadassohn). 42jähriger Patient. M utter und ein Bruder an Tbc. gestorben. Vor 22 Ja h re n Schanker, machte G Schmierkuren. Sonst nicht krank. Seit 8 Jah ren Blaufärbung der Beine und Ellenbogengegend. Vor einem J a h r traten die jetzt bestehenden Knötchen auf. Befallen beide Beine, rechts mehr als links und (in geringerem Grad) die Ulnarstreifen beider Unterarme. Man sicht braunrote, teils etwas livide gefärbte, hanf- korn- bis linsengroße, in ein- bis fünfmarkstück- bis kleinhandtellergroßen Gruppen zusammenstehendc, derbe Knötchen, entsprechend große Narben und braune Pigmentflecke. An den Unterarmen auffallende Transparenz e in ­ zelner mehr gelblich-weißlich gefärbter Knötchen. Bei Glasdruck bleibt keine Farbveränderung zurück. Nirgends Nekrosen. Keine Drüsenschwel­ lungen. Auf der r. Gesäßhälfte ringförmiger Herd mit bläulichem, narben­ reichem Zentrum. Auf der r. Wade eine größere, zentral gelegene, in Ab­ heilung begriffene Papel, satellitenförmig umgeben von einer Schar kleinerer, hellroter Knötchen (korymbiformes Tuberkulid, Delbanco). Hie und da e r ­ innern die zum Teil polygonalen, glänzenden und unter Hinterlassung brauner Pigmentierung abheilenden Knötchen an Lichen ruber. Pirquet -|— Wa.R. (wiederholt) negativ. — Beide Beine und Ellenbogengegend diffus bläulich verfärbt. Hautvenen an den Beinen vielfach erweitert und stark h ervor­ tretend. H autatrophie nur andeutungsweise vorhanden. Im ganzen erinnert diese Veränderung an Akrodermatitis chronica atrophicans, ohne daß sich eine Diagnose mit Sicherheit stellen läßt. Lungen (P latte): Ober beiden Hili ziemlich ausgedehnte Verdichtungen und Pakete mit Strängen nach oben und unten. Alte Hitus-Tbc. ? Keine rezente Erkrankung. Histologisch (Arm und G esäß): Epitheloidzellhaufen mit Lymphozyten, Plasmazellen und einigen Kiesenzellen. Vereinzelt zahlreiche, benachbarte Biesenzellen, weniger Epi- theloide und Lymphozyten. Vorwiegend perivaskuläre Anordnung. Der K ranke steht seit i/i J a h r unter Beobachtung. Mehrere Flaschen .Jodkali wurden erfolglos gegeben. Auf Arsen Verschlimmerung. Jetzt All­ gemeinbestrahlungen. Bemerkenswert ist die große Luesähnlichkeit des Falles, zumal der Patient einen Schanker gehabt hat. Für ein Tuberkulid Berliner Dermatologische Gesellschaft. spricht vor allein die Erfolglosigkeit der Jodkalitherapie, die familiäre Be­ lastung, der Lungenbefund, der positive Ausfall des Pirquet. Es handelt sich um das zuerst von Jadassohn beschriebene, seltene Bild (vgl. auch Hauser. Areh., Bd. 128, S. 149). b) Sklerödema adultorum (Busehke). 59 jährige Witwe. Frühere Ana­ mnese belanglos. Seit 8 J a h re n in der Menopause. Im J a n u a r 1929 während der Epidemie an Grippe, erkrankt, lag aber nicht im Bett. Bald danach Be­ ginn der Hautverhärtung, zuerst im Gesicht und Kacken. F ühlt sich dadurch behindert. Allgemeinbefinden jedoch ungestört. Schwitzt leicht. Befallen sind zur Zeit noch hauptsächlich Gesicht, Hals, Kacken, Ober­ und Unterarme. Patientin steht seit April in Beobachtung. Seitdem h at sieh die Affektion schon beträchtlich zurückgebildet (Bäder, Massage, verschie­ dene inkretorische P räparate). Besonders bemerkenswert ist, daß bei der Patientin ein exlrasellarer 11 ypophysentumor gefunden worden ist (Privatdozent Dr. Graßheim, I. Med. Klinik). Die Schilddrüse macht einen etwas vergrößerten Eindruck, ohne daß sich entscheiden läßt, ob es sich um eine Parenchym Vergrößerung oder eine passive Infiltration des Organes handelt. Über den histologischen Befund wird in einer der nächsten Sitzungen berichtet. c) Fox-Fordyeesche Krankheit. 73jährige Patientin. Seit einem J a h r bestehend. Früher brünett. Keine Jüdin. Befallen beide Achseln und Mons veneris. Stecknadelkopf- bis hanfkorngroße blasse oder schwach rosafarbene Knötchen. Haare fehlen größtenteils. In der Umgebung der Mamillen trotz heftigen Juckens keine sichtbaren Veränderungen. Das spricht für die sekun­ däre Bedeutung der liehenartigen Knötchen und für eine primäre Störung in den apokrinen Drüsen im Sinne von H. Fischer. d) Xanthelasmen und tuberöse Xanlhome am Auge. 67jährige Patientin. Seit 20 Ja h re n gelbe Flecke an den Augenlidern. Seit 4 bis 5 Monaten außer­ dem braune Knoten, die sich rasch vergrößerten. Sonst gesund. Man sieht ockergelbe, flache, fleckförmige Einlagerungen in der Haut beider oberen und unteren Augenlider, welche, unmittelbar in bohnenförmige bzw. halbkugelige braunrote Knoten übergehen, die an den seitlichen Teilen der Nase ungefähr die Größe einer halben Walnuß erreichen. Symmetrische Gruppierung um beide Augen. Die gesamte übrige Haut, insbesondere Knie und Ellenbogen, sind frei. Alb. und Sach, negativ. Wa.K. negativ. Histologisch (großer Knoten) reichlich Fettablagcrungon, teils innerhalb, teils an der Peripherie von Zell häufen, welche sich aus Bundzeilen, Elementen mit ovalen, blaßgefärbten Kernen, Epitheloiden ähnlich, und Biesenzellen vom Typ Touton mit braun­ gefärbtem, scholligem In h alt zusammensetzen. — Bemerkenswert ist, daß sich an Xanthelasmen nach jahrzehntelangem Bestand tuberöse Xanthome in un­ mittelbarem Kontakt anschließen. Der Fall demonstriert daher die Einheit­ lichkeit von Xanthelasma palpebrarum und tuberösem Xanthom. Auffallend ist für letzteres die sehr seltene, ausschließliche Lokalisation an den Augen. e) Pseudoxanthoma elasticum. 37jährige Krankenschwester. Seit z.irkji einem J a h r an den vorderen und seitlichen Teilen des Halses und der Vorder­ seite beider Achselhöhlen gelblich-sandfarbene, knötchen- oder streifenförmige, netzartig konfluierende Einlagerungen. Histologisch: Knäuelartige Zusammen­ ballung elastischer Fasern in den mittleren Teilen der Kutis. Berliner Dermatologische Gesellschaft. f) Alopecia areata und Fazialisparese. 45jährige Patientin. Keine Lues in der Anamnese. Seit 3 Monaten nach großer Aufregung ( ? ) Lähmung der rechten Gesiehtshälfte, 4 Wochen später fünfniarkstückgroße kahle Stelle auf der rechten Kopfseite. Es besteht komplette rechtsseitige Fazialisparese und Alopecia arcata derselben Seite. Am Nervensystem, Auge und Ohr kein weiterer Befund. Wa.JL negativ. g) Acrodermatitis cliroti. atroph. Verschluß der Arleria dorsalis pedis. 82jährige Patientin. Vor 35 Jah ren linksseitige Gesichtslähmung. Keine Fehl­ geburten. Beginn der Hötung vor 2 Ja h re n am r. Knie. Seit einem J a h r ist das Knie dick geworden und seit 3 bis 4 Monaten besteht Gefühllosigkeit und Ameisenlaufen des r. Fußes, Ziehen und Kliebeln im 1. Fuß und nächt­ liches „Absterben“ der Hände. Befallen das r. Bein, besonders oberhalb des Knies. Fleck- oder streifen­ förmige braun- bis blaurote Herde mit beginnender Atrophie. Das r. Kniegelenk ist um 3 bis 4 ein dicker als links (Arthritis de- formans). Die Pulsation der A rteria dorsalis pedis ist. r. im Gegensatz zu I. aufgehoben. Neurologisch: Bein-Sehnenreflexe r. gegenüber 1. deutlich herab­ gesetzt. Am r. äußeren Fußrand umsehrieltene anästhetische Zone für alle Qualitäten. Wa.IL negativ. Jodkali seither ohne Erfolg. Blutdruck 170/95. 4. Kaele Jaffe (L'niversitäts-Hautklinik). a) Ulcus vulvae acutum am Genitale mit aphthenähnlichem Ulkus an Zunge bei 23jähriger F rau. Bemerkenswert ist zunächst, daß es sich nicht um Virgo intakta handelt, sondern um eine Frau, die wegen chronischer Gonorrhöe bereits in unserer Behandlung war. Bemerkenswert ist der rezidi­ vierende Charakter der Erkrankung, der auch in dem Fall, über den Gottron in der Berl. Demi. Ges. 13. 11. 1928 (Denn. Ztschr., 55, S. 307) berichtete, zu beobachten war. Wir beobachteten jetzt den dritten Schub. Jed er Schub dauerte 3 Wochen, die freien Intervalle betrugen 2 bis 4 Wochen. Bei jedem Schub kam es nacheinander zum Auftreten mehrerer Ulzerafionen. Augen­ blicklich besteht an der Innenseite der linken kleinen Labie ein scharf ge­ schnittenes Geschwür von Pfennigstückgröße mit glattem, teilweise u n ter­ miniertem Band, mäßig vertieftem, weich infiltriertem Geschwürsgrund, der eine dicke ge 1 Ixt Nekrose hat. Keine entzündliche Reaktion in der Umgebung. An dem linken Zungenrand besteht eine linsengroße Ulzeration mit scharf geschnittenem Band in einer bohnengroßen weichen Infiltration. Der Ge- schwürsgrund ist glatt. Beide Geschwüre sehr schmerzhaft. Derartige aphthen­ ähnliche Veränderungen im Mund l>ei Ulcus vulvae acutum sind von Lip- schülz und Fehügl, Carol und liuys beobachtet worden. Auch Kumer ttnd Gottron berichteten davon auf dem Demi. Kongreß in Königsberg 4. 8. 1929 (Ztrlbl. f. Herrn., Bd. 3, 31, 417). Vaginalsekret: Reinkultur von zahl­ reichen einzelnen oder in Haufen liegenden, ziemlich plumpen Stäbchen mit rechteckig abgestutztem Ende (Bac. crassus, Lipschütz). Abstrich von Ulkus am Genitale: Bac. crassus reichlich, daneben noch Kokken und Stäbchen. Ulkus an Zunge: Bac. crassus negativ. Kulturen stehen noch aus. Die ätiologische Bedeutung des Bac. crassus für das Ulcus vulvae acutum war nicht klar, worauf ja auch H err Prof. Blumenthal anläßlich des von Gottron vorgestcllten Falles hingewiesen hat (Berl. Dermal. Ges. 13. 11. 1928). Inzwischen ist die ätiologische Bedeutung des Bac. crassus sicher­ gestellt durch den Befund dieses Bazillus in dem Schnitt eines Erythema Berliner Dermatologische Gesellschaft. 4(3 nodosum als Metastase eines Ulcus vulvae acutum. (Satnelc und FUehcr. Areh f. Dermal.. Bd. 158, S. 729.) b) Alopecia totalix nach Quecksilbervergiftung bei 2:5jähriger Patientin mit Thyreotoxikosc. Vergrößerte Schilddrüse seit 5 Jah ren . Ist seit einem J a h r in indu­ striellem Betrieb m it Quecksilber beschäftigt. Seit ;',i J a h r Zahnfleisch - heschwerden, seit i/s J a h r allgemeiner Haarausfall. Ks besteht jetzt Stomatitis mercurialis, sekundäre Anämie, vollständiges Fehlen von Kopf-, Achsel-, Scham-, Lanugohaaren, Augenbrauen. Keine klinischen Symptome von Base­ dow. Stoffwechsel gesteigert. c) Jodexanthem bei 30 jähriger Patientin mit Lucs lat. Patientin nahm eine Woche lang 3 mal täglich 1 g Jodkali. Gleichzeitig mit dem Jodexanthem wurden raynaudartige Symptome an den Händen ausgelöst. 5. H err B m chkc: a) Einen 29 J a h r e alten Mann mit einer ausgedehnten Lues maligna. Angeblich soll 1920 die Infektion erfolgt sein. Damals eine kombinierte Kur. dann keine weiteren Kuren bis 1926. In diesem J a h re zwei kombinierte Kuren, 1927 eine. Vor 4 Wochen Einlieferung, seit 3 Wochen Wund­ sein am Glied. 2 Wochen vor der Einlieferung ins Krankenhaus Geschwüre über den ganzen Körper. Die Anamnese des Patienten, der auch sonst psychisch sehr deprimiert und vielfach benommen war, ist unsicher und hat sich auch später nicht sicher vervollständigen lassen. Wa.R. -j—|—|—|-. Spiro­ chäten wurden nicht gefunden. Über Rumpf, Extrem itäten, Kopf zerstreut typische Ulzerationen. Unter gemischter Behandlung sehr schnelle Besserung. b) Ein 22 J a h re altes Mädchen, sonst ohne Zeichen von Tuberkulose, mit einem an beiden Unterschenkeln lokalisierten ulzerierten Erythema in- duratum (Bazin). c) Einen 57 Ja h re alten Mann mit einer Dermatitis herpetiformis am Rumpf und den Extrem itäten. Positive Jodkalireaktion. Das Leiden trotzt jeglicher Behandlung, auch mit Hormonen, und zwar sowohl Ovarial- wie Testis-Hormonen, Hypophysenhormonen, Arsen. Nur vorübergehend bei Eigen­ blutbehandlung tra t Besserung ein. d) Ein 21 J a h re alter Patient mit einem universellen allerschwersten Lichen ruber planus der Haut, des Rumpfes und der Extrem itäten,, an den Unterschenkeln mit Liehen ruber verucosus. Befallensein der Mundschleim­ haut. Angeblich w ar die Wa.R. außerhalb des Krankenhauses positiv g e­ wesen, und der P atient w ar mit Neosalvarsan und Bismogenol behandelt worden. Wir konnten von Lues nichts mehr nachweisen, auch war die Sero­ reaktion negativ. Bei dieser Sachlage haben wir die kombinierte Behandlung fortgesetzt und eine, gemischte K u r gemacht, nach der die Affektion mit starker Pigmentierung abheilte. Die verrukösen Herde am Unterschenkel mußten geröntgt werden. Histologisch typisch Lichen ruber. e) Unter elf Detoxin-Injektionen abgeheiltc Salvarsan-Dermatitis bei einer 28 Ja h re alten Frau, die eine Lues cerebri und Psoriasis hatte. Sehr starke Alopecia capitis. Nach Abheilen der Salvarsan-Dermatitis tritt die vorher verschwundene Psoriasis wieder auf. Eis wird darauf hinge wiesen, daß w ir während der letzten Zeit einen Todesfall an Salvarsan-Dermatitis mit akuter gelber Leberatrophie bei einem jungen kräftigen Manne sahen, der uns mit diesen Erscheinungen bereits eingeliefert w ar und zur Zeit Berliner Dermatologische Gesellschaft. 47 zwei weitere schwere Fälle mit Salvarsan - Dermalitis auf der Abteilung liegen haben. f) Eine 40 J a h re alte Frau ohne spezifische Anamnese mit sehr aus­ gedehnter tertiärer luetischer Zerstörung der Nase. Perforationen am harten und weichen Gaumen, Zerstörung der Uvula, spezifischen Narben an den Unterschenkeln. Unter Schmierkur und Jo d k ali liereits wesentliche Besserung. g) Demonstration des früher vorgestellten Kindes mit Monilethrix, die seinerzeit durch Thallium vorübergehend geheilt w a r; dann Rezidiv. Jetzt zum sehr großen Teil normaler Haarwuchs, normale Entwicklung des Kindes. h) 20 J a h re altes Mädchen, welches seit 3 Monaten auf dem rechten Handrücken ein ziemlich ausgedehntes Geschwür zeigt, zum Teil noch mit nekrotischer Epidermis. Aspekt ähnlich wie nach Karbolätzung. Starke H y ­ sterie». Unter festem Verband Heilung. Interessant für die Pathogenese ist. daß die Patientin Linkshänderin ist, so daß damit erklärt ist, daß sie sieh das Ulkus auf der rechten Hand gemacht hat. 6. Herr Löhe: a) Frl. E. St. 27 Jah re. Lupus erythematodes acutus des Gesichtes, Lippen. Stamm. Finger. Zehen (Lupus pernio). Starke Schwel­ lung und blaurote Färbung der befallenen Partien. Heute nach 9 wöchiger Diätbehandlung (kochsalzarme Diät unter Be­ vorzugung von Rohkost) restlose Abheilung mit leicht bräunlicher Pigmen­ tierung. Gewichtszunahme von 4\ ! - > kg. Keine andere Medikation. b) Frl. M. F. 21 Jahre. Lupus tumidus des Gesichtes, der Mund- und Nasenschleimhaut. K rankheit besteht seit dem 6. Lebensjahre, fast dauernd behandelt, mit Höhensonne, Röntgen, Pyrogallus, zuletzt m it Ertubaninjek- tionen. Seit 12 Wochen mit kochsalzarmer Diät wie in Fall a behandelt. Lokal: Borsalbe; innerlich: Lebertran, Kalksalze. Gewichtszunahme 31/» kg. Zur Zeit glatte Narben im Bereich der ehemals tumorartig veränderten ulzerösen Stellen der Nase, Oberlippe und Wange; in der Peripherie Lupus­ knötchen. e) F rl. J . Sch. 17 Jah re. Lupus miliaris der Nase. Seit 11'¡> Jah ren be­ stehend, ohne Erfolg mit Salben, Röntgenbestrahlungen, Triphai- und Ertuban- injektionen behandelt. J e tz t seit 3 Monaten wie Fall a behandelt. Gewichts­ zunahme 4i » kg. Alle Knötchen bis auf einzelne an der Nasenspitze ab- gehcilt. d) Frl. F. G. 24 Jah re. In Abheilung begriffene universelle Psoriasis pustulosa. Seit Pfingsten 1929 bestehend. E rster Ausbruch von Psoriasis vor 5 Jah ren . Befallen waren behaarter Kopf, Gesicht, Rumpf, Arme und Beine. Hände der Acrodermatitis suppurativa Hallopeau ähnlich. Nach 7 Wochen unter Diät wie F all a, sowie Natr. salieyl. (intravenös), Rückgang der Haut- und Allgemeinerscheinungen. Lokal: weiße Vaseline, Puder. J e tz t H aut des ganzen Körpers restlos abgeheilt, nur noch an den Nägeln Veränderungen sichtbar in Form von Abhebung, Splitterung. e) F r. M. B. G3 Jah re. Lues III. Vor 2*'» Jah ren Beginn der E rschei­ nungen im Rachen und zunehmende Schwerhörigkeit rechts. Drei bis vier gemischte Kuren, letzte K ur J u li 1929. Zur Zeit ulzeröser Prozeß am harten und weichen Gaumen, Wa.R. negativ. Gute Beeinflussung durch kleine Kalomelinjektion. f) H err K. P. 19 Jah re. Lucs maligna. Ulzerierte Papeln am Kopf. Rumpf, Penis und an den Extremitäten m it auffallender Bevorzugung der linken Körperhälfte. Wa.R. negativ. Nur geringe Besserung durch Salvarsan- Berliner Dermatologische Gesellschaft. und Bi-Behaudlung, dagegen schnelle- Rückbildung der Erscheinungen nach einer Kalomelinjcktion. g) H err E. Br. 16 Jah re. Lues II. Ulzcricrter H erd am Kopf (Solitär- Sekundäraffekt). Spir. pa.ll. regionäre Drüsensehwellung. Wa.R. -|—|—j— )- positiv. Infektion April vorigen Jah res mit 1\ A. am Penis. Herd am Kopf Mitte August sofort nach Beendigung der ersten K ur aufgetreten. h) H e rr E. K1 . 25 Jah re. Lues III. Ulzeröser Prozeß im Bereich des Gaumens, der Tonsillen und der hinteren Rachenwand mit Zerstörung der Gaumenbögen, Tonsillen, zum Teil auch des harten Gaumens. Infektion 1925. Beginn der Munderseheinung vor einem Jah r, fortschreitende Zerstörung trotz dauernder Behandlung m it Bi. und Salvarsan. Schnelle Rückbildung und Vernarbung nach kleinen Dosen Kalomel. 7. H err B ruhm : a) 15jährige Patientin mit Iiroeqscher Erythrodermia pitgriasique en plaques disséminées. Vor 5 Monaten Ausschlag im Gesicht, kurze Zeit später runde und ovale rote Flecken auf Rumpf und davon über­ greifend auf Oberschenkel. Man sieht jetzt fünfmarkstückgroße, teilweise größere, teilweise auch kleinere rote Flecken, rund oder oval, feinschuppend, wenig juckend auf Brust, Rücken und Oberteil der Oberschenkel. Im Ge­ sicht seborrhoisches Ekzem am Mund und Auge. Die Stellen am Rumpf und Oberschenkel aber müssen wegen ihres Aussehens und der Resistenz gegen jede Therapie, durch die sonst seborrhoisches Ekzem zu beeinflussen ist, als Brocqsche Erythrodermie aufgefaßt werden. Histologischer Befund ent­ spricht der Brocqsehen Krankheit. b) Lichen ruber verrucosus und gleichzeitige Neurodermitis. Bei älterer Patientin am rechten Unterschenkel sein- ausgeprägter Lichen ruber verru­ cosus am linken Unterschenkel in geringerer Ausbreitung. Seit zirka einem J a h r bestehend. Höher am Unterschenkel, am Oberschenkel, am Abdomen und am Rücken typische Neurodermitis, angeblich ebenfalls seit zirka einem J a h r, wohl sekundär entstanden. 8. H err Pinkus: Tuberkulöse Injektion von Kokainabszessen bei einer Tuberkulösen. Anamnese: Vater 70 Jahre, alt au Leberlues gestorben; Schwester und Bruder der M utter an Tuberkulose der Lungen gestorben. Die jetzt 35 jährige Patientin w ar wegen Gonorrhöe seit 1924 mehrmals im Frauenkrankenhaus in Behandlung. — 1909 Suizidversuch ; Brustschuß und Nierenruptur rechts­ seitig nephrektomiert. Seitdem stärkerer Gebrauch von Morphin, von 1924 an (etwa 4 Ja h re lang) auch Kokainismus (Einspritzungen) bis 1 g. Aus Amerika, wo sie verheiratet war, ausgewiesen wegen Morphinabusus nach Ellis-Island, wo sie 2 Monate blieb; in der Ehe P artus: 1; Abortus: 1. P a ­ tientin war mehrfach in Wittenau, machte verschiedene Morphinentziehungs­ kuren, wurde aber immer wieder rückfällig. Syphilisinfektion unsicher, un­ zureichend mit Wismut und Spirozid behandelt. 1924 in Wittenau, 8 Monate Malariakur wegen positiven Liquorbefundes, anschließend noch eine Morphin­ entziehungskur. Seit 1928 kein Kokaingebrauch mehr, aber Morphium bis 0,1 g täglich. Vor 4 Ja h re n Beginn stärk erer Aktivität der zur Zeit noch bestehenden Tbc. pulm. Nachtschweiße, Gewichtsabnahme 72 kg — - 45 kg in einigen Monaten, am 10. 4. 1929 Tbc.-Bazillen im Sputum: Hauterscheinungen. Vor 1 ' Jahren — seit sie Kokain gebrauchte — begannen zuerst an den Einstichstellen schwer heilende, wieder aufbrechend Berliner Dermatologische Gesellschaft. 41* und fistelnde, blutig-rahmigen Eiter entleerende schmerzhafte Abszesse zu bilden. 11)28 in der Berliner Dermatologischen Gesellschaft von Prof. Dr. Loche demonstriert. Nach Mitteilungen von Prof. Loche sind damals in den Geschwüren massenhaft Tb. gewesen. Die geimpften Tiere sind rapid an Miliartbc. gestorben. Seit April 1929 ist Patientin im Frauenkrankenhaus Rei­ nickendorf. Besserung des Allgemeinbefindens, Heilung aller Abszesse, das Fieber hörte auf. Lungenbefund: Verschattung der gesamten rechten Thorax - Seite, auch links ausgedehnter Herd. Tuberkelbazillen -f-. Während der Ab­ heilung entstanden um die Narben der tuberkulös gewordenen Spritzabzessa Lugusknölchen. Tierimpfung mit exzidierter H aut vom Vorderarm .Juli 1920. 12. November: Die Tiere leben, haben gesunde Ju n g e geworfen, sind aber abgemagert, an der Impfstelle Knoten, noch nicht durchbrochen. Mikro­ skopischer Befund des exzidierten Hautstückes: Tuberkel. 9. Herl- R. Ledermann: a) Psoriasis infantum. Leukoderma psoriaticum. Kind Elli G., 6 .Jahre alt. Seit einigen Monaten Ausschlag, der sich vom Kopf über den ganzen Körper ausgebreitet hat. Beide Ohren und hand­ flächengroße benachbarte Stellen des behaarten Kopfes und des Nackens mit Borken und Krusten liedeckt. Am Hals, Stamm und Extremitäten isolierte schuppende Psoriasisherde, einzelne bis Linsengröße von pustnlösem Cha­ rakter. Behandlung mit Salizylsalben. 8. 10. Auftreten eines Leukoderma colli. 11. 10. Progressive Ausbrei­ tung des Leukoderms über den Körper an den abgeheilten Stellen der Ef- floreszenzen. 5. 11. Psoriasis am Körper abgeheilt. Leukoderm blaßt ab. b) Universelle Dermatitis von ergth.rodennicarligem Charakter. (A ty­ pische Psoriasis?) H. B., 61 J a h re alt, bemerkte vor 2 Jahren einen schuppenden Aus­ schlag auf dem Kopf und an den Ohren. Langsame Ausbreitung über das Gesicht und seit einem halben J a h r über den ganzen Körper. Seit einem J a h r starke Verschlimmerung des Zustandes mit völligem Ausfall der Kopfhaare und nässender Entzündung der Kopfhaut. Aufnahme in die Klinik 12. 7. 1929, Entlassung aus der Klinik 11. 9. 1929. Behandlung in der Klinik:, intern. Injektionen mit Arsylen, Pituglandol und Follikulin, zeitweise Testasa- Tabletten. Status praesens: Oedema perstans faciei. Totale Alopecia capitis. Starke entzündliche Rötung der Kopfhaut mit vereinzelten nässenden Erosionen und Borkenbildungen. Universelle Rötung und Schuppung der H aut m it einzelnen an Ellbeugen, Knien und Rumpf psoriasiformen Effloreszenzen. Netzförmige Felderung der Haut an Rumpf und Oberschenkeln. Verlust der Achselhaare. Ratifikation der Schamhaare. Starke schmerzfreie Drüsenschwellungen der Inguinal-, Zervikal- und Supraklavikulargegend. Leberrand palpabel, schmerzfrei, kein Milztunior. Schleimhäute frei, leicht anämisch. Blutbild: Hgb. 80",o, Erythrozyten öOOOOOO, Leukozyten 9150, Lympho­ zyten 50 o/o, Monozyten 8 °/o, Segmentkernige 36°/», Stabkernige fio/o, Eosino­ phile 1 o/o. 10. H e rr 1F. Fischer zeigt einen Riesennävus an der unteren Rücken­ seite bei einem jungen Mann, der von Kindheit an bestand und ganz allmäh­ lich zu der jetzigen Größe von etw a 2ö: 30 cm gewachsen ist. Mangels der D erm a to lo g isc h e Z e its c h rift. Bd. L V III. H e ft 1/2. 4 Berliner Dermatologische Gesellschaft. Möglichkeit einer histologischen Untersuchung läßt sieh nur sagen, daß der klinische Aspekt ihn ins Gebiet der Recklinghausenscheu Krankheit einreihl. Wie man bei den Tierfellriesennävis die Bildung molluskoider Tumoren findet, haben sich auch hier, allerdings härtere keloidartige stark hervor­ springende Geschwülste gebildet. 11. H err Erich Langer (Krankenhaus B ritz): a) PhiilenepUhelkarziuom des Penis. Bei einem (ißjährigen Manne, der seit zirka einem Ja h re wegen m ul­ tipler Blasenpapillome in ärztlicher Behandlung ist. trat vor zirka einem Monat eine Phimose auf. Zur Operation wurde er auf meine. Abteilung gelegt. Bei der Dorsalincisiou fand sieh unter der Vorhaut eine zirka einm arkstück­ große ulzerierendo Geschwulst, die histologisch als Plattenepithelkarzinom festgestelli werden konnte. b) Abs;edierende Orchitis bei Gonorrhoe, ln der letzten Zeit konnten im ganzen in drei Fällen im Verlaufe einer gonorrhoischen Epididymitis abszedierende Hodenentzündungen fcstgcstellt werden, ln allen drei Fällen konnte nach der Inzision, bei der sich große Mengen nekrotischen Hoden- gewebes entleerten, in dem E iter Gonokokken nicht gefunden werden. Glatte Heilung in allen Fällen nach Abstoßung der Nekrosen. Es scheint mir. daß die gonorrhoische Orchitis überhaupt, viel häufiger vorkommt, als bisher all­ gemein angenommen wird. (Ausführliche Veröffentlichung in der VI. med. Wschr.) c) Paraurethraler Abszeß bei Gonorrhoe. Im Anschluß an die gonor­ rhoische Infektion eines ausgedehnten paraurethralen Ganges trat eine Absze­ dierung desselben auf, die zur Verwachsung mit der darül«fliegenden Haut und auch mit der Harnröhrensehleimhaut führte. Nach Exzision des Ab- zesses, bei der eine Perforation in die Urethra festgestellt werden konnte, bleib eine Fistel zurück, die aber, da der Patient sowieso hochgradige Hypospadie hat, keinerlei Beschwerden macht. 12. H err Alfred (John: Lokalisierte Skhtrodermie. a) Bei dem ersten Fall handelt es sich um eine 59jährige Patientin, die seit dem J a h re 1911 an Basedow leidet. Im August ds. Js. hat sie. sich zweimal an ihrem 1. Unterschenkel gestoßen und an gleicher Stelle kurz darauf sieh angeblich einen Fliegenstich zugezogen. Unterhalb dieser Stelle entwickelte sieh allmählich die lokalisierte Sklerodermie, die insofern auf­ fällig ist, als die. oberste Halbschicht frei vom Krankheitsprozeß is t und nur diu tiefen Schichten der Haut befallen zu sein scheinen. W'a.li. und Meinieke waren negativ. b) Fall zur Diagnose: Der 2(1 jährige Patient war bis zum Ja h re 1925 nie ernstlich krank. Bei seinem ersten Aufenthalt in den Tropen von 1925 bis 1927 zog er sieh eine Gonorrhoe und eine Malaria zu. Bei seinem zweiten Aufenthalt in den Tropen 1927 bis 1929 erkrankte e r abermals an Malaria, «lie mit Salvarsan und Chinin behandelt wurde.. Bei seiner Rückfahrt von Kamerun im Oktober 1929 zeigten sich Drüsensehwellungen im Nacken und in der Leistengegend, sowie außerdem nächtliches Hautjucken. Der Befund ergab eine indolente Schwellung der Nackendrüsen, der !. Kubitaldrüse und beider Leistendrüsen, besonders rechts. An den Armen und am Rücken zeigten sich vereinzelte Kratzeffekte, die durch starkes Jucken, welches in den frühen Aliendstunden anfing und las zur Morgenstunde auhielt. hervor­ gerufen wurden. Die Drüsenschwellung ließen den Verflacht, sowohl auf Berliner Dermatologische Gesellschaft. Schlafkrankheit, wie auf eine luetische Infektion aufkommen. konnten alter auch auf eine bestehende Filariosis hinweisen. Wegen des Verdachts auf Schlafkrankheit erfolgte eine zweimalige Blutverimpfung auf Ratten und Mäuse, die aber bis jetzt negativ ausfiel. Die Wa.R. war zweifelhaft (•!—)-), der Kahn jedoch: -)—|—\—¡-. Eine Luesinfektion w ar dem Patienten unbe­ kannt. Die wiederholte Blutuntersuchung auf Filarien fiel im gefärbten P r ä ­ parat negativ aus, was möglicherweise auf den Klimawechsel zurückzu­ führen sein dürfte. 18. H err W. Richter (Hautabteilung der chir. Universitätsklinik): a) Plastik nach Hautdefekt mul Knochennekrose im Anschluß an eine Ostitis und Osteomyliiis luica über dem linken Os. parietale. Frieda O.. 43 J a h re alt, drei Fehlgeburten, ein gesundes Kind, 1919 angeblich Lues- infektiou, danach eine spezielle Kur. 1922 Venenentzündung mit nachfolgen­ der Rippenfell- und Herzbeutelentzündung in Krankenhausbehaudlung. 1927 fiel die Kranke bei einem Ohnmachtsanfall mit der linken Kopfseite auf einen brennenden Ofen. Seit dieser Zeit hat sich nach Angabe der Patientin an dieser Stelle eine. Wunde entwickelt, die trotz jahrelanger ärztlicher Behandlung nicht heilte. Befund Januar 7.92.9: Über dem linken Scheitelbein dicke krustöse Auf­ lagerungen, die sich von der Unterlage nicht trennen ließen, dem erkrankten Bezirk fehlten die Haare, während sie in der Umgebung verfilzt waren. Röntgenologisch zeigte sich eine zirka markstückgroße, scharfrandige Aussparrung des Schädelknochens, in dem von Krusten bedeckten Teil des Os. parietale. Sämtliche Seroreaktionen: stark positiv. Im Laufe der folgenden spez. K u r: 10 Xeo-Salvarsan- und 15 Bismo- genol-Injektionen, stießen sich die Krusten mehr und mehr ab, und es blieb ein zirka fünf markstückgroßer, kreisrunder Hautdefekt bestehen. Die fre i­ liegende Knochenpartie w ar schwärzlich verfärbt. Eine Plastik wurde zu diesem Zeitpunkt von uns noch abgelehnt, und erst nach Durchführung einer nochmaligen spez. Behandlung .nach 2 monatiger Pause, vorgeschlagen. Das Kontrollröntgenbild ergab jetzt in dem vorher ausgesparrten Knoeheuteil eine Verdichtung der Knochensubstanz. Am 26. 11. Operation (Prof. Israel) in örtlicher Betäubung Abmeißelung der Tabula externa in dem eburnisierten Bezirk. In der mittleren Partie zeigte sich hierbei ein Granulationsherd, der aber nach den histologischen U nter­ suchungen von Prof. W olf/ für Lues keine Anhaltspunkte mehr gab. Nach der Abmeißelung wurde der Defekt mit einer sogenannten feuchten Kammer g e ­ schlossen, d. h. direkt auf die Wunde BiHrotbatist gelegt, der am Rande mit Mastisol verklebt wurde. Nach 14 Tagen wurde der Verband abgenommen; es zeigte sich starke Eiterung, nach dessen Entfernung über der ganzen Opera­ tionsfläche Granulationen zu erkennen waren. 4 Tage später wurde dann nach der von Braun angegebenen Methode die Granulationsfläche homöoplastisch gepfropft. Aus dem Oberschenkel wurden m it einem scharfen Messer dünne Schichten von Epidermis oberflächlich abgelöst, und diese sogenannten Setz­ linge auf die Geschwürsfläche ausgebreitet aufgelegt. Bei dem Verbandwechsel nach 5 Tagen zeigte sich, daß die Setzlinge gut angegangen waren, unter Nachbehandlung mit Xaftalansalbe wurde der Prozeß innerhalb 14 Tagen zur Abheilung gebracht. 4 % Berliner Dermatologische Gesellschaft. 5 - 2 b) Melanom auf der Basis eines Näciis, der vor mehreren Jah ren mit Karbolsäure geätzt war. Pal. Paul P., 71 J . all. Vor zirka 8 Ja h re n wurde ein linseugroßes Knötchen, das bräunlich verfärbt war, mit Karbolsäure geätzt. Im Anschluß daran trat mehr und mehr eine Schwarzfärbung ein, die sich be­ sonders in den letzten 8 Ja h re n immer weiter aiisdehnte. Behandlung: Kadiuni mit Silberfilterung bisher eine Sitzung 20 mgr Stunden. c) Erythema imluriilum Bas in. geheilt durch Diätbehandlung nach Saner- hmeh, Hermanndör/er-Gerson. Kombiniert mit lonthophorese mit Vitrisol- lösung (Schwabe). Aussprache zu dem Vortrag des Herrn Heller: Ist die Unterlassung der Frühbehandlung der Syphilis wirklich ein die Schadenersatzpflicht des Arztes bedingter Kunstfehler? Reichsgerichtsentseheidung 18. J a n u a r 1929, I I I 257/28. H err Buschice: Es ist außerordentlich dankenswert, daß H err Kollege Heller diese ganze Frage hier aufgerollt hat und den Fall zur Sprache brachte. Die Diskussion ist zum Teil auf ein falsches Geleise gekommen, indem in den Vordergrund gestellt worden ist, daß der betreffende Kurpfuscher die fragliche Läsion nicht auf Spirochäten untersucht hat. Daß e r sich hierdurch eines Kunstfehlers schuldig gemacht hat, steht außer Zweifel nach der heutigen Auf­ fassung der Dinge. Es ist mir sogar auch nicht zweifelhaft, daß der Richter durch diese Tatsache sich in seinem Urteil hat beeinflussen lassen. Da aber dieses nicht die Basis der Klage und der Verurteilung geworden ist, so kann es offiziell für die Beurteilung des juristischen Ergebnisses nicht herangezogen werden und bleibt am besten aus der Diskussion weg. Was nun die Frage betrifft, ob die Unterlassung der kombinierten F rü h ­ behandlung nach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse schon so beurteilt werden kann, daß aus ihrer Unterlassung so weitgehende Schlüsse gezogen werden, wie es hier der Richter getan hat, scheint m ir nicht zutreffend. Denn erstens wissen wir, daß gelegentlich die Lues auch von selbst heilen kann, wenngleich ich selbst absolut nicht auf dem Standpunkt stehe, daß man das riskieren soll, und mich zur Zeit der Auffassung umschließe, daß man bei sero­ negativem Prim äraffekt, eventuell auch noch etwas später, den Versuch der Frühbehandlung machen muß, und zwar nicht mit einer Kur, sondern m in­ destens mit dreien und am besten doch 2 Ja h re behandeln soll. Aber eine ab ­ solute Sicherheit der Heilung resultiert auch hieraus nicht, wenngleich die Chancen einer solchen Heilung respektive dauernden Latenz große sind. Zu liemerkeu ist im übrigen, wie aus dem neuerlichen Vortrag von Herrn 0. Bosenthal hervorging, daß auch ältere Frühbehandlungen ohne Salvarsan vielfach ähnliche Resultate aufweisen konnten. Ob nun aber aus der Unter­ lassung dieser Frühbehandlung mit solcher Sicherheit ein späterer Schaden des Patienten zu erschließen ist und als Grundlage für die Bestrafung a n ­ genommen werden darf, erscheint mir nicht gesichert; denn 1. wissen wir, daß auch bei der besten Frühbehandlung Rezidive, auch Tabes, Paralyse und Aortitis Vorkommen können, andererseits wissen wir, daß bei der m il­ deren Behandlung der Lues, wenn sie das Primärstadium überschritten hat, sich sehr gute Resultate ergeben können, so daß Mer und da schon der Ge­ danke auftaucht, auch bei Anhängern des Salvarsans, ob es nicht häufig besser ist, wenigstens im Interesse des Patienten, vielleicht nicht so sehr im Interesse der Seuchenbekämpfung, das Exanthem abzuwarten, wie es die Berliner Dermatologische (Gesellschaft. r>3 älteren Syphilidologen meistens rieten. Jedenfalls alter besteht eine Sicher­ heit, daß der Patient eine Metasyphilis oder eine Aortitis bekommt, auch wenn die Behandlung unterlassen ist, keineswegs. Außerdem kann ja eine Strafe erst verhängt werden, wenn der Schaden erwiesen ist. Davon ist aber im Moment der Verurteilung nicht die Rede, so daß, abgesehen von den e r ­ wähnten medizinischen Einwänden zweifellos auch juristisch dieses Urteil anzufeehten ist. Es ist gar nicht abzusehen, welche Konsequenzen sich für die Ärzte ergeben würden, wenn die diesem Urteil zugrunde liegende Auf­ fassung Allgemeingut würde. Wir müssen annehmen, daß der Richter sieh hier auf das Urteil eines Sachverständigen gestützt hat, der in der Auf­ fassung der modernen Fortschritte zweifellos zu weit gegangen ist. Es wäre sicher zweckmäßig gewesen, mehrere Sachverständige heranzuziehen aus v e r­ schiedenen Lagern, um zu einer gerechteren und richtigeren Beurteilung der Lage zu kommen. H err liriihm : Obgleich ich selbst durchaus die Ansicht der Notwendig­ keit der Frühuntersuchung und -behundlung lxii seronegativen P rim är­ affekten vertrete, liegt für den Richter meines Erachtens die Sachlage doch nicht so, daß die Unterlassung heute schon als Kunstfehler im juristischen Sinne bezeichnet werden kann. Während alle einsichtigen Ärzte es für ab ­ solut notwendig halten, ein Karzinom, soweit es der Operation noch zugäng­ lich ist. mit Operation oder Radium usw. auszutilgen, ist die Frühbehand­ lung des Primäraffektes noch nicht in diesem Sinne bei allen anerkannt. Manche legen ja auch heute noch besonderes Gewicht auf die Ausnutzung der Abwehrkräfte des Körpers und sehen deshalb das Abwarten nicht als einen solchen Fehler au. Wenn das auch hei der Mehrzahl der Ärzte sicher nicht der Fall ist, so sind wir meines Erachtens noch nicht so weit, daß vom Standpunkt des Richters aus bei Unterlassen der Frühuntersuchung eine Verurteilung erfolgen kann. Ich stimme daher durchaus der Deutung des H errn Heller bei, daß rein juristisch gesehen, und nur darüber sollten wir jetzt, urteilen, der gefällte Spruch nicht berechtigt erscheint. H err F. F in k m : Der verurteilte Arzt hat überhaupt nicht untersucht, das ist der Fehler, den e r begangen hat. Seine ablehnende Stellung zur ü b ­ lichen wissenschaftlichen Medizin berechtigte ihn zu dieser Unterlassung n ic h t: ist es doch gerade bei der Beratung des Gesetzes versichert worden, daß alle Ärzte, ob den üblichen Gang oder einen abweichenden in ihrer Behand­ lung einschlagend, doch alle Errungenschaften der Wissenschaft benützen würden, daß nur der Arzt, ganz gleich welcher Richtung, die Garantie gebe, daß die K ranken gut behandelt würden, «laß die Kranken Ärzte jeder R ich­ tung vorfinden würden, zu der sie Vertrauen hätten. Und dabei war immer der Gedanke maßgebend: wenn der Behandelnde n u r Arzt wäre, gäbe das alle Sicherheiten. Der verurteilte Arzt hat also diesen einen Fehler gemacht. E r hat aber noch einen anderen Fehler begangen, der für ihn viel schw er­ wiegender ist als der erste, e r hat sich nämlich in der Beurteilung der Ge­ dankengänge seines Kranken geirrt, und es heißt doch gerade bei den so­ genannten Naturärzten, daß es ihr Vorzug sei vor uns gewöhnlichen Ärzten, daß sie mehr als die wissenschaftlichen Ärzte die Persönlichkeit, Psyche, a ll­ gemeine Menschlichkeit des Kranken in Betracht zögen; sein Fehler W al­ es, nicht zu wissen, daß der Kranke, als e r noch nicht wußte, daß er Syphilis hatte, ganz anders dachte als in dem Moment, wo e r es mit Sicherheit e r ­ fuhr. er habe Syphilis. Vorher, mit seinen paar Geschwüren, war ihm die Berliner Dermatologische Gesellschaft. ■>4 biochemische oder sonstige Behandlung durchaus erw ü n sch t: als er durch den Ausbruch des Exanthems sah, daß es Syphilis war, und daß er nicht durch den behandelnden Arzt vor dem Weiterschreiten des Leidens geschützt worden sei, lernte e r um und wandte sich wie jeder andere an seinen Kassen­ arzt. Dasselbe wäre geschehen, wenn der behandelnde Arzt ihm nach posi­ tivem Ausfall der Spirochätenuntersuchung gleich von vornherein gesagt hätte: Sie haben Syphilis. Schuldlos wäre der Arzt gewesen, wenn e r unter­ sucht, aber nichts gefunden hätte — aber e r hat ja gar nicht untersucht. H err Langer: Nach den Ausführungen von Bruh/is und dem von ihm herangezogenen Vergleich müßten wir mit der getroffenen Reichsgerichts­ entscheidung sehr zufrieden sein, da auf diese Weise auch juristisch die Pflicht des Arztes zur Dunkelfelduntersuchung bei jeder verdächtigen E ro­ sion oder Ulzeration festgelegt wird. Es dürfte heutzutage nicht mehr Vor­ kommen, daß ein Arzt eine Behandlung einer auf primäre Lues verdäch­ tigen Veränderung beginnt, ohne daß e r die Diagnose einwandfrei durch die mikroskopische Untersuchung gesichert hat. Bezüglich der Frühljehandlung ist den Ausführungen von Busehke nichts hinzuzufügen. H err TV. Fischer glaubt, daß mit diesem Reichsgerichtsurteil, das die Naturheilbehandler treffen soll in seiner generellen Bedeutung der Ärzte­ schaft ein schlechter Dienst erwiesen ist. Der Zwang jede Effloreszenz auf Spirochäten zu untersuchen, erscheint unberechtigt; ganz abgesehen davon, daß der negative Befund nichts Sicheres besagt. Wie oft ist man nun ver­ pflichtet, zu untersuchen, ohne sich strafbar zu machen? Gesetzt den Fall, daß ein Pat. sich auf einer de facto banalen und vom Arzt als banal e r ­ kannten Erosion einige Tage später infiziert und nun einen zweiten Arzt aufsucht, der einen inzwischen akquirierten Priraäraffekt feststellt, Nach der vorliegenden Keichsgerichtsentscheidung würde unter unglücklichen Um­ ständen der erste Arzt haftpflichtig werden können, denn es wird ihm aller Wahrscheinlichkeit nach unmöglich sein, nachzuweisen, daß eine spätere I n ­ fektion stattgefunden hat. Der Ausdruck „verdächtiges Ulkus" ist absolut, unzureichend und dehnbar; was dem einen verdächtig erscheint, wird der andere vielleicht gerade auf seiner Erfahrung basierend als banal ansehen. Die Neigung, die klinische Beobachtung zu vernachlässigen und dafür die nicht immer sichere mikroskopische und serologische Diagnostik in den Vordergrund zu rücken, erscheint gefährlich. Wenn ferner behauptet wird, daß durch die Unterlassung der Frühbehandlung dem Patienten ein Schaden erwachsen ist, so muß dagegen betont werden, daß bei aller Anerkennung der Erfolge dieser Methode im Einzelfall nie von vornherein zu entscheiden ist, wie die Infektion verlaufen wird. Da üljerdies zur Zeit von den namhafte­ sten Dermatologen selbst bei seronegativem Primäraffekt drei und mehr Kuren zur Heilung für erforderlich gehalten werden, ist meines Erachtens der juristisch verwertbare Beweis gar nicht möglich, daß dem betreffenden Patienten durch die Unterlassung der Frühbehandlung ein Schallen erwachsen ist oder erwachsen wird, d. h., daß er durch eine F rühkur absolut sicher geheilt und von Rezidiven oder von Spätschäden sicher verschont worden wäre. H err E. Feilchenjeld: 1. F rage an Prof. H.: Wurde nur ein Sachverständiger gehört? Denn es ist doch sonst üblich, daß mehrere von den Parteien zugeführt und vom Gericht gehört werden. 2. H errn Fischers Ansichten schließe ich mich an, da Berliner Dermatologische Gesellschaft. 5 5 wir sonst zu unmöglichen Zuständen kämen. Denn, wenn man z. B. Herrn Rangers Gerlankengang weiter verfolgt, würde es eventuell nötig sein, bei jeder luessuspekten Frau nach Spirochäten im Zervixkanal zu suchen, sonst droht das Gespenst des Kunstfehlers. H err K h eb erg : Daß in jedem Fall auf Spirochäten untersucht werden muß, ist eine Selbstverständlichkeit; aber für das Urteil des Gerichts ist. dieses Verfahren des Arztes nicht maßgebend gewesen. Das Gericht v e r­ urteilt den Arzt und begründet die Schadenersatzansprüche damit, daß der Kranke nicht im Primär-, sondern im Sekumtärstadium behandelt wurde; deshalb seien die Heilungschancen wesentlich geringere, und der Arzt wird für alle sich hieraus ergebenden Folgen haftbar gemacht. Nach Ansicht der überwiegenden Mehrzahl aller Ärzte ist jeder Syphilisfall sofort nach Feststellung der Diagnose im Primärstadium zu behandeln. Es gibt aber auch einzelne ernstzunehmende Vertreter der Anschauung, man dürfe die n a tü r­ lichen Abwehrkräfte des Organismus nicht unterdrücken, und man solle erst nach dem Auftreten der Sekundärerscheinungen mit der spezifischen Be­ handlung beginnen. Diese wissenschaftliche Frage kann durch einen G e­ richtsbeschluß nicht entschieden werden, und es ist abwegig, wenn das Ge­ richt aus diesem Grunde zu einer Verurteilung kommt. H err Adler: In einer so grundlegenden Frage, wie es die Frage nach den Erfolgen der Frühbehandlung der luetischen Infektion ist, sollten den Gerichten möglichst zuverlässige Daten zur Verfügung stehen, so daß die Gerichte sich nicht auf die individuellen Erfahrungen eines einzelnen G ut­ a c h te n zu stützen brauchten. Eine Weiterführung der vor einigen Jahren von Jadassohn durchgeführten großen Sammelstatistik über die Resultate der Abortivbehandlung mit Salvarsan, die etwa 1)0 °,'o günstige Ergebnisse fest- stellte, dürfte in obigem Sinne von Nutzen sein. H err 0. Rosenthal: Der Fall liegt, wie schon hervorgehoben wurde, durch die Persönlichkeit des Angeklagten eigentümlich. Man sollte a te r auch nicht außer acht lassen, daß der Begriff des sogenannten Kunstfehlers im Laufe der Zeiten außerordentlich schwankend ist. Um nur ein Beispiel anzu­ führen, das m ir im Augenblick einfällt, wie haben sich die Ansichten über den Gebrauch der Magensonde, z. B. te i Ulcus ventriculi, mehrfach diametral geändert. Im vorliegenden Falle ist auch nicht das Hauptgewicht auf die Unterlassung der Untersuchung auf Spirochäten, sondern auf die der Einlei­ tung der Frühbehandlung durch Salvarsan und die hierdurch entstehenden späteren Schäden, deren gutachtliche Beurteilung doch unendlich schwer ist, gelegt worden. Die allerdings zur Zeit nicht sehr zahlreichen Gegner dieser Behandlungsmethode bringen jedenfalls für ihre Anschauung wissenschaftlich begründete Argumente vor. Offenbar h at der gerichtliche Sachverständige durch sein einseitig abgegebenes Gutachten das Votum beeinflußt. H err Baum: Ich halte die Verurteilung des Arztes für verfehlt. Der Patient, der zum N aturheilarzt geht, weiß, daß dieser nicht auf dem Stand­ punkt der Schulmedizin steht, und kann, wenn e r seinen Standpunkt nach­ träglich ändert, den Arzt, der nach seiner Überzeugung behandelt, nicht v e r­ antwortlich machen. Wir wissen, wie oft die Schulmedizin im Laufe der J a h r ­ hunderte sich geändert hat. Was heute als Kurpfuscherei gilt, w ar früher Schulmedizin und umgekehrt. Ich erinnere an die Wandlung unserer Stellung­ nahme zur Homöopathie. — Berliner Dermatologische Gesellschaft. 5(3 So wenig wir uns heute eine wissenschaftliche Gonorrhöebehaudlung ohne mikroskopische Kontrolle denken können, so gibt es doch genügend Ärzte, die Gonorrhöe ohne mikroskopische Untersuchung behandeln, ohne daß sie deshalb bestraft werden. Was die Unterlassung der Salvarsanbehandlung be­ trifft. so gehen die Meinungen über die Methode noch weit auseinander, und selbst unter den Anhängern derselben gibt es Ärzte, die mit so kleinen Dosen behandeln, die nach allgemeiner Ansicht, z. B. für die Frühbehandlung, durch­ aus ungenügend erscheinen. So sehr ich persönlich von der Wichtigkeit der Spirochätenuntersuchung und von den Erfolgen der Frühbehandlung der Lues mit Salvarsan überzeugt bin, so wenig kann ich mich trotzdem der Verurtei­ lung eines Arztes anschließen, der auf einem anderen wissenschaftlichen Stand­ punkt steht und nach bestem Wissen und Gewissen behandelt, solange nicht eine bestimmte Behandlungsart gesetzlich festgelegt ist. H err Winkler. Herr Bailog. H err Bergei. H err Heller faßt im Schlußwort noch einmal die Gründe zusammen, die ihn zur Ablehnung der RGE. geführt haben. Es handelt sich um eine Frage, die für die ganze Ärzteschaft von großer Bedeutung ist. Nicht auf die Stellung der heutigen Wissenschaft zur speziellen Frage der Frühbehandlung der Sgphilis kommt es an, sondern auf die Frage der Haftpflicht des Arztes fin­ den Schaden, der durch Unterlassung einer bestimmten Behandlung dem K ranken zugefügt sein soll. Die Auffassung, daß eine Frühbehandlung der Syphilis eine Heilung in (> bis 8 Wochen gewährleistet, wird nur von ganz wenigen Ärzten geteilt und noch seltener in die Praxis umgesetzt ; die meisten behandeln viel länger und wiederholt. F ällt aber eine Schadenzufügung durch, nach Ansicht einiger Ärzte vielleicht sogar überflüssige wiederholte Behand­ lung des K ranken fort, so bleibt nur ein Schaden zurück, der in Zukunft durch den Verzicht auf die Frühbehandlung entstehen kann. Ob aber wirklich ein Schaden • entsteht, ist eine Tatfrage im Einzelfalle, von dem einen bejaht, von der großen Schule, die die Frühbehandlung für einen Faktor der Metalues hält, direkt bestritten. 11. erwähnt, daß in einem S traf­ prozeß, in dem er Sachverständiger war, der Staatsanwalt es bereits für straf­ verschärfend erklärte, daß eine für die berufliche Infektion einer Lehr­ schwester verantwortlich gemachte Oberin (fahrlässige Körperverletzung) durch Verschweigen der in diesem F all sogar zweifelhaften Krankheit, des infizierenden Säuglings die Frühbehandlung der infizierten Lehrschwester v e r­ hindert hatte. Die Unterlassung der Spirochätenuutersuchung bedeutet n u r in besonders gearteten Fällen (z. B. Gestattung des Geschlechtsverkehrs und Infektion eines D ritten) ein Verschulden. Unzählige Ärzte haben unzählige Male unzählige Untersuchungsmethoden nicht angewendet, die sie vielleicht nach dem Urteil mancher Autoren liesser angewendet hätten: ein Verschulden liegt nur dann vor, wenn die Unterlassung einen Schaden zur Folge gehabt hat. Man denke andernfalls an die Konsequenzen. Die Stellung des beklagten Arztes zur wissenschaftlichen Syphilidologie ist gleichgültig: in Fragen des Rechtes darf es keine Sympathien und Antipathien geben. Die Freiheit des ärztlichen Handelns darf nur durch ein direktes Gesetz, nicht durch angreif­ bare Gexelzesaiixlegung beschränkt werden. Berliner Dermatologische Gesellschaft. Vortrag des H errn Eiche über Die ambulanh> Lumbal-Punlction mittels Capülarnadel in Theorie und Praxis. Ich habe mir heute vorgenommen, über die ambulante L. I’. in ihren theore­ tischen Voraussetzungen und über ihre praktische Brauchbarkeit zu sprechen. Auf die Bedeutung der L. P. und insbesondere auf ihre Notwendigkeit in der Behandlung der Syphilis brauche ich wohl vor einem Kreise von Dermatologen nicht näher einzugehen. Die Forderung, jeden Syphilitiker zum mindesten nach Abschluß seiner Behandlung zu punktieren, ist heute nicht mehr um ­ stritten. Wir können eine Lues nur dann als geheilt betrachten, wenn nicht, nur die Blut-, sondern auch alle Liquorreaktionen negativ sind. Wird dieser Forderung in der Praxis entsprochen? Diese Frage ist mit einem glatten. „Nein“ zu beantworten. Die L. P. ist heute in der Hand des Praktikers noch nicht das diagnostische Verfahren, das ih r ihrer Bedeutung nach zu kommen müßte. Die Gründe sind bekannt. Der Patient fürchtet sich vor der Punktion, weil e r in ihr einen Eingriff in ein lebenswichtiges Organ vermutet, wozu der unglückselige Ausdruck ..Rückenmarkspunktion", anatomisch völlig falsch, sehr viel beigetragen hat. Der Patient fürchtet ferner die im Gefolge der Punktion auftretenden, z. T. sehr unangenehmen Folgeerscheinungen, die wir bisher nicht mit Sicherheit vermeiden konnten, die oftmals mehrtägige B ett­ ruhe erforderlich machten und den Kranken seinem Beruf entzogen. Auch fin­ den Arzt w ar das Auftreten dieser Beschwerden, die e r nicht mit Sicherheit Voraussagen konnte, auf die e r jedoch nach Lage der Dinge seinen Patienten aufmerksam machen mußte, immerhin so bedeutungsvoll, daß e r lieber von dem Eingriff absah oder ihn in die Klinik verlegte. Das war natürlich ein weiterer Umstand, schon aus Gründen der Geheimhaltung, der der allge­ meinen Anwendung der L. P. im Wege stand, wobei das ökonomische Mo­ ment. das heute ja überall zu berücksichtigen ist, ein gewichtiges Wort m it­ sprach. Solange w ir also diese Nachpunktionsbeschwerden nicht mit Sicher­ heit vermeiden konnten, w ar nicht damit zu rechnen, daß sich die L. P. mehr einbürgern würde. Diese im Gefolge der L. P. auftretenden Beschwerden, die w ir den meningitischen Symptomenkomplex nennen, bestehend in Kopf­ schmerzen. Erbrechen, Nackensteifigkeit, bieten einer Erklärung große Schwierigkeiten. Warum entsteht er in dem einen Falle, in dem anderen nicht? Warum treten die Beschwerden meist erst nach einem symptomlosen Intervall von 2—3 Tagen auf? Welches sind die Ursachen der Beschwerden, und wie sieht ihre pathologisch-anatomische Grundlage aus? Es hat v erhält­ nismäßig lange gedauert, bis man sich dem Studium dieser Beschwerden zu ­ wandte. Die älteren Lehrbücher erwähnen zwar den Meningismus, enthalten sich aber jeder näheren Erklärung. Es w ar von vornherein schwer zu einer einheitlichen E rklärung zu kommen, da es sich hier um ein ganz komplexes Phänomen handelte, zumal ja bei der vorwiegend subjektiven Art des ganzen Symptomenkomplexes, für den uns ja bis heute noch jede pathologisch-ana­ tomische Grundlage fehlt, auch die psychische Verfassung des Patienten be­ rücksichtigt werden mußte. Diese Schwierigkeiten einer Erklärung werden noch dadurch vermehrt, daß nicht nur der stets wechselnde und unberechen­ bare psychische Faktor, sondern auch noch andere von außen kommende Umstände, wie Menge der entnommenen Flüssigkeit, Lagerung bei der P unk­ tion. persönliches Geschick des Punktierenden, Verhalten des Kranken nach der Punktion von wesentlichem Einfluß auf das Symptomenbild sein können. Auch heute noch ist es uns nicht möglich, eine alle Tatsachen berffcksichti- Berliner Dermatologische Gesellschaft. ."> 8 gende einheitliche E rklärung des ganzen Symptomenkomplexes zu gelten, immerhin hat das Studium dieser Erscheinung, theoretischer und experimen­ teller Art. uns zu Vorstellungen geführt, die sich nach der praktischen Seite hin fruchtbringend ausgew irkt haben. Ich muß auf diese Theorien und Ver­ suche näher eingehen, da hier der Schlüssel zum Verständnis liegt, warum w ir heute ambulant punktieren können. Wenn es auch verständlich ist, daß ein plötzlicher und reichlicher Liquor - entzug durch die dadurch hervorgerufene Störung des Liquorgleichgewichts zu Beschwerden führen kann, die entweder während oder kurz nach der Punk­ tion auftreteu, so müssen für die überwiegende Mehrzahl der Fälle, in denen die Beschwerden erst nach Tagen auftreten, noch ándete Ursachen in Be­ tracht kommen. Dieses symptomlose Intervall hat allen Theorien die größten Schwierigkeiten bereitet. Man hat zuerst an eine infektiöse Ätiologie gedacht und die Kopfschmerzen mit lokalen meningealen Reizungen in Zusammenhang gebracht, wofür Befunde bei Wiederholung der Punktion zu sprechen schienen, aber keinesfalls ließ sich mit einer infektiösen Ätiologie die Tatsache vereinen, daß nämlich die Beschwerden Itei horizontaler Lage geringer werden oder ganz verschwinden. Gerade dieser Umstand deutete darauf hin, daß noch eine mechanische Ursache mit im Spiele sein mußte. Wenn wir mit unserer Nadel den Arachnoidealsack durchstochen haben, so haben wir je nach der Stärke unserer Nadel ein mehr oder weniger großes Loch in eine derbe, fibröse Mem­ bran gesetzt. Nach Herausziehen der Nadel wird sich das Loch, nicht etwa wie nach einer Venenpunktion sofort zusammenziehen, sondern wird, da elastische Fasern fehlen, offenbleiben. Durch den Druck des Liquors wird dieser daher aus dem Stichloch in das cpidurale Gewebe durchsickern. Diese Tatsache des Nachsickerns von Liquor aus dem Stichloch, die experimentell und klinisch erwiesen ist, hat man Stichlochdränage genannt. Da sich das Punktionsloch erst nach Tagen schließt, so kann es durch das ständige Nach­ sickern zu einer Liquorverarmung im CNS kommen. Die Wasserkissen, diesen Vergleich gebrauchte man, auf denen das Gehirn ruht, sind schlechter gefüllt, die Liquorsäule fehlt als Stütze, das Gehirn drängt an die knöchernen Teile des Schädels, und Kopfschmerzen sind die Folge. So hat man sich das, vielleicht etwas primitiv, gedacht. Oder wissenschaftlicher gesprochen: es e n t­ steht ein Unterdrück, der eine Hyperämie in den Hirngefäßen zur Folge hat. Ein solcher Unterdrück ist nun tatsächlich durch eine wiederholte P unk­ tion festgestellt worden, und schon glaubte man m it dieser Theorie alle Be­ schwerden erklären zu können, als sich bei größeren Nachuntersuchungen her­ ausstellte, daß sowohl Unterdrück als auch Oberdruck vorhanden sein können. So stand man wieder vor einer Schwierigkeit, denn wie sollte man sich die­ selben Beschwerden, einmal durch Unterdrück, das andere Mal durch Über­ druck erk lä rt denken, und warum soll durch das Nachsickern einmal U nter­ drück und das andere Mal Überdruck entstehen. Man hat nun beide Möglich­ keiten miteinander zu vereinen gesucht, indem man sich vorstellte: Bleibt das Punktionsloch mehrere Tage offen, so sickert so viel Liquor aus, daß es zum Unterdrück, der selbst durch eine gesteigerte Sekretionstätigkeit des Plexus chorioideus nicht kompensiert werden kann, kommt. Verklebt dagegen die Punktionslücke schnell, so sezerniert der durch den Liquorentzug gereizte Plexus im Übermaß weiter, und es kommt zum Überdruck. Kurz zusammen­ gefaßt läßt sich also sagen, daß die Beschwerden, die während oder kurz nach der Punktion auftreten — sie sind selten —, durch eine Gleichgewichtsstörung Berliner Dermatologische Gesellschaft. in der Liquormechauik hervorgerufen werden, während die Beschwerden, die e rst einige Tage nach der Funktion auf treten, als eine W irkung des Nach- sickerns des Liquors durch das .Stichloch, die zu einer Dekompensation zwischen Produktion und Eliminierung des Liquors führt, angesehen werden müssen. So gut auch diese Theorie der Stichlochdränage experimentell durch Farbstoffversuche gestützt ist und obwohl auch klinische Beobachtungen d a­ für sprechen, so wird sie doch nicht von allen Autoren anerkannt. Die Gegner der Theorie stützen sich vor allem auf die Tatsache, daß der Liquor sich sein- schnell wieder erneuert und daß das Nachsickern, auch wenn es stattfände, nut- geringfügig sei. Ich will mich hier nicht in das Für und Wider dieser Theorien verlieren. Wenn auch die Theorie der ¡Stichlochdränage heute wohl die meisten Anhänger hat, so gibt sie doch nicht restlos Aufschluß über alle. Vorgänge. W er sehr viel punktiert hat, weiß, daß es Menschen gibt, die nicht nur die Punktion mit der dicksten Nadel, sondern auch den größten Liquor­ entzug, ohne sich Schonung aufzuerlegen, besehwerdelos ertragen, während andere Menschen nach geringster Liquorentnahme auch nach Einhaltung von Bettruhe von den heftigsten Beschwerden befallen werden können. Ebenso können w ir es erleben, daß ein Patient das eine Mal eine Punktion gut, das andere Mal schlecht verträgt. Es müssen also doch noch andere Zusammen­ hänge bestehen, die uns noch unbekannt sind. Hier hat nun Trautmann eine neue Theorie anfgestellt, indem er unsere Aufmerksamkeit auf das in tra k ra ­ nielle Gefäßsystem lenkte. Nach ihm sind die Punktionsbeschwerden der Ausdruck vasomotorischer Beizungen und gehören in das Gebiet der m igräne­ artigen Zustände. Das Hirngefäßsystem, das durch den Spannungszustand seiner Muskulatur sich den jeweiligen Druckschwankungen des Blutstromes anpassen muß, ist auf sehr feine Beize eingestellt. Ein Entzug von Liquor muß daher als sehr grober Beiz aufzufassen sein. Durch die plötzliche D ruck- Verminderung im Cavum cranii wird der Außendruck, der auf den Gefäßen lastet, herabgesetzt. Es kommt zu einer Dilatation der Gefäße und hierdurch wird reflektorisch eine Krampfbereitschaft der glatten Muskulatur ausgelöst. Traulmann faßt also die Punktionsbeschwerden als intrakranielle G efäß­ spasmen nach A rt der Migräne auf und er glaubt hierdurch alle uns bisher noch unverständlichen Zusammenhänge erklären zu können. Die Tatsache, warum die Beschwerden erst nach Tagen auftreten und noch tagelang anhalten, wenn der Liquor längst ersetzt ist, deren Erklärung allen Theorien l>esonders schwer wurde, erk lä rt er durch Reizsummierung und Fortbestehen ¡des Krampfes, selbst wenn der Beiz schon aufgehört hat. Der Druckreiz des Liquorabflusses schafft die Krampfbereitschaft und eine Beizsummierung, wie sie durch unzweckmäßige Körperbewegungen, Erschütterungen und Bahn­ fahrten ausgelöst werden können, führen dann zum Krampfzustand. Auch die Tatsache, daß I >ei horizontaler Lage die Kopfschmerzen nach lassen, spricht nach Trauimanns Auffasung für eine vasomotorische Erscheinung. Die schon erwähnte verschiedenartige Empfindlichkeit der Patienten läßt sich ebenfalls erklären. Menschen mit geringgradiger Empfindlichkeit ihrer glatt- muskeligen Organe, also auch mit geringerer Reaktionsbereitschaft, müssen natürlich auf den Reiz, den eine Lumbalpunktion ausübt, viel weniger r e ­ agieren als andere, die, vasolabiler, mit gesteigerten Beschwerden infolge der großen Empfindlichkeit ihres vagosympathischen Systems erkranken. Diese Theorie Trautmanns betrachtet also das ganze komplexe Phänomen unter einem einheitlichen Gesichtspunkt. Ich fasse noch einmal kurz zusammen: Der Berliner Dermatologische Gesellschaft. (»0 Liquorverlust führt, zu einer Drueksehwankuug im runern des Schädels. Ist die Drueksehw ankuug sehr groß, wie sie durch eine dicke Nadel oder durch eine Stichlochdräuage hervorgerufeu werden kann, so ist auch das initiale Reizmoment sehr groß. Dieses allein kann genügen, um die vasomotorischen Reaktionserseheinungen und damit die Beschwerden auszulösen. Ist das in i­ tiale Beizmoment klein, so können die vasomotorischen Reaktionserschei­ nungen dennoch hervorgerufen werden durch eine Summierung anderer Beiz­ momente. wie starke Körjierlicwegungen, Bahnfahrten, Alkoholgenuß. Hierzu tritt die ganz individuelle Beizempfindlichkeit der betreffenden Person, d. Ii. der vagosym|>athlsche konstitutionelle Faktor. Ich hahe mich absichtlich etwas eingehender mit diesen ganzen Theorien der Entstehung der meningitischen Nachpunktionsbeschwerden beschäftigt, da sie bestimmend gewesen sind für die weiten« Entw icklung der Punktions­ technik. Gehen w ir davon aus, daß der initiale Reiz, wie er durch das Trauma des Einstichs gesetzt wird, und der durch den folgenden Licptorabfluß und das weitere Nachsickern v erstärkt wird, schließlich zur Auslösung der Be­ schwerden führt, so mußte eine Änderung unserer Technik, die darauf hinaus­ ging, alle diese Momente auf die denkbar kleinste Wirkung zurückzuschrauben, von einer Beseitigung oder Milderung dieser Beschwerden licgleitet sein. Auf Grund dieser zunächst theoretischen Vorstellungen hat man sein Augenmerk wieder mehr der Technik der Lumbalpunktion zugewandt, denn war diese Theorie des zu großen initialen Reizmoments und des Nachsickerus richtig, so mußte ein Herabgehen mit der Stärke der Nadel sich auch günstig auf die Nachpunktionsbeschwerden auswirken. Die Frage nach der zweckmäßigen Stärke der Lumbalnadel hat in der L iteratur nur eine untergeordnete Bolle gespielt. In einem älteren Lehrbuch finde ich eine Stärke von 2 3 mm ver­ zeichnet. Es waren dies Nadeln von dieser Stärke. Die späteren Untersucher, die wie K röniy und Hier Nadeln angaben, bedienten sich eines Kaliliers von etwa 1,5 mm, und dies ist das übliche geblieben. Beim weiteren Herabgeheu mit der Stärke der Nadel stand man Schwierigkeiten gegenüber, da mau die Biegbarkeit und Bruchfestigkeit der Nadel nicht unter ein gewisses Maß gefahrlos herabdrücken konnte. Auf diesem Wege kam man daher nicht weiter. Es w ar darum ein Verdienst des Amerikaners Hoyt, als erster ein neues Prinzip ersonnen zu haben, indem er eine Doppelnadel angab. An­ scheinend unabhängig von ihm hat 1924 Anloni (Schweden) eine ähnliche Nadel angegeben, die für W echselm m n der Ausgang für seine Konstruktion wurde. Es handelt sich um eine Doppelnadel. Die äußere Nadel hat ein K a­ liber von 0,8 mm. Tn diese wird die eigentliche Punktionsnadel, die nur ein Kaliber von 0.4 mm hat, hineingeschoben. Diese eigentliche Punktionsnadel soll die Führungsnadel nicht mehr als 1 cm überragen; das ist grundsätzlich wichtig. Mit der äußeren Führungsnadel durchbohre ich Haut, Unterhautzell­ gewebe. Ligamenta interspinalia. Liege ich etwa 1 cm vor dem Duralsack, hier liegt die Schwierigkeit, im Anfang das richtig abzuschätzen, dann schiebe ich die eigentliche Punktionsnadel vor. Hierbei darf man keinen Widerstand finden, auch nicht die geringste K raft anwenden. Das Durchbohren der Dura fühlt man infolge der feinen Nadel sehr genau. Man entfernt dann diesen sehr feinen Mandrin, den man übrigens besonders gut pflegen und der Ihm jeder Punktion in der Nadel drin sein muß. da nur seine Anwesenheit die Durch­ gängigkeit der überaus feinen Nadel verbürgt, biegt die Nadel richtig, dann dauert es einige Sekunden, bis der erste Liquortropfen erscheint, Der Liquor Berliner Dermatologische Gesellschaft. tropft dann ganz langsam, meist nur jede 5 Sekunden einen Tropfen, ab. Die Punktion dauert länger als m it der gewöhnlichen Nadel, aber hierin liegt ja gerade das schonende des Vorgehens. Ich zeige Ihnen hier die Entwicklung der Lumbalnadel (Demonstration). Die Punktion mit dieser Doppelnadel ist naturgemäß schwieriger als mit den bisherigen Xadeln; auch der, der punk­ tieren kann, wird sich mit dieser Nadel erst eiuarbeiten müssen, da sie ein ganz anderes Gefühl verlangt. I'm gleich auf die Möglichkeit des Abbrechens zu kommen, die ja bei der Zartheit dieser Nadel auf der Hand liegt, so ist zu sagen, daß ein Abbrechen nur bei ganz grobem Ungeschick möglich ist. Die kräftiger gebaute Führungsnadel hat die Aufgabe, die eigentliche G efahr­ zone, in der eine Nadel abbrechen kann, das ist zwischen den knöchernen Teilen, zu überwinden. Erst wenn diese Zone passiert ist, wird die eigent­ liche Punktionsnadel vorgeschoben. Da fliese nur das ganz weiche Gewebe der Lig. flava und Dura zu durchbohren hat. ist ein Abbrechen auf diesem Wege unmöglich. Damit die eigentliche Punktionsnadel nicht zu früh vor­ geschoben zu werden braucht, soll sie die äußere Nadel nicht mehr als 1 cm überragen. Das ist ein Vorzug gegenüber der Nadel von Antoni. Wenn wir die L iteratur über die mit dieser Nadel ausgeführten Punk­ tionen durchsehen, so finden wir, daß alle Autoren für die ambulante P unk­ tion mit dieser Nadel eintreten. Das größte Material liegt vor aus den Kliniken von W agner-Jauregg in Wien und von Prei/fuß in Frankfurt, um Ihnen nur die wichtigsten zu nennen, üattner, der über das mehrere Tausend Punktionen betreffende Material Wagner-Jauregg's berichtet, gibt an. daß dort jetzt nur noch ambulant punktiert wird, und er weist in seiner Arbeit besonders auf die wirtschaftlichen Vorteile hin, die sich für Patient und Klinik hieraus ergeben. Wenn auch mein Material hinter diesen Ziffern zurückbleibt, so halte ich cs doch für wichtig, durch eigene Untersuchungen darzutun, daß die ambulante Punktion mit dieser Kapillarnadel ohne Gefahr im Hause des Arztes ausgeführt werden kann. Ich möchte hierdurch vor allem das Mißtrauen zerstreuen, daß immer noch von vielen Kollegen dem ambulanten L. P. e n t­ gegengebracht wird. Im ganzen habe ich 324 ambulante L. P. in etwa 2 Jah ren ausgeführt. H ierunter befindet sich keinerlei Krankenhausmaterial, sondern alle Patienten wurden in meiner Wohnung ohne Assistenz, sofern nicht der behandelnde Kollege zugegen war, punktiert. Alle begaben sich nach der P u n k ­ tion, ohne eine Buhepause eingehalten zu haben, wieder in ihre Wohnung. Es ist m ir von keinem Fall bekannt geworden, daß e r auf dem Nachhauseweg irgendwelche Schwierigkeiten hatte. Die meisten gaben au. den eigentlichen Einstich überhaupt nicht verspürt zu haben; die Einstichstelle pflege ich noch durch einen kurzen Chloräthylspray ‘zu vereisen. Da der Patient gar nicht merkt, was hinter ihm vorgeht, habe ich einen eigentlichen Kollaps, wie ihn doch jeder selbst nach der einfachen Blutentnahme oder dem Einstich in die Fingerbeere immer wieder erlebt, kurz nach der Punktion nur einmal ganz kurz vorübergehend gesehen. Wenn ich Ihnen nun über die Verträglichkeit dieser Punktionen mit der KapiUarnadel berichte, so bin ich mir klar darüber, daß ich nur die subjek­ tiven Angaben der von mir Punktierten verwerten kann, da ein objektiv nachweisbarer Befund, von den Ausnahmen des schweren Meningismus ab­ gesehen, fehlt. Vielleicht hat der eine oder der andere vorhandene Beschwerden geleugnet oder übertrieben, ich glaube jedoch, daß ich im allgemeinen richtige Berliner Dermatologische Gesellschaft 1)2 Angaben erhalten habe, bei denen ich mich z. T. auf die Nachrichten des behandelnden Kollegen stützte. Ich möchte die Patienten in -1 G nippen eiuteilen: 1. Solche, die g a r keine Beschwerden hatten, 2. solche m it leichtem Kopfdruck oder Kopfschmerzen. 3. mit stärkeren Kopfschmerzen, die Bettruhe erforderlich machten, 4. mit Meningismus. In der Beurteilung der V erträglichkeit müssen alle die Fälle ansscheiden, die positiven Liquor hatten, denn wir wissen, daß jene l>e- sonders gut auch Funktionen mit dicken Madeln vertragen. Einer solchen Z u­ sammenstellung. wie sie mir vorschwebte, konnte nur ein einheitliches M aterial zugrunde gelegt werden, darum sind nur jene Fälle mit negativem Liquor berücksichtigt, so daß Übrigbleil>en 210! G ar keine Beschwerden hatten 14!> — 71 "/'o, Kopfdruck oder leichte Kopfschmerzen 40 F.1,5 stärkere Kopfschmerzen 23 (>°/<i. Meningismus 7 = 3,5 o/o. Letztere Zufälle sind bei der Beurteilung besonders wichtig, denn wir müssen dahin streben, diese unan­ genehmsten Nachwirkungen auch 1 >ei der ambulanten Punktion m it Sicher­ heit auszuschalten, ln zwei von diesen F ällen konnte die mutmaßliche U r­ sache festgestoilt werden. Der eine Patient h a tte sieh am nächsten Tage auf eine mehrstündige Schnellzugsreise in seine Heimat begeben, wo e r am nächsten Tage seine Beschwerden bekam, der aridere Patient, begab sieh un­ mittelbar nach der Punktion zu einem Festmahl, wo er- dem Alkohol zu­ sprach. Man wird aus diesen Fällen die L ehre ziehen, nach der Punktion alle Erschütterungen sowie auch geistige G etränke zu vermeiden. Meines E r­ achtens werden w ir in der Lage sein, auch die leichteren Beschwerden noch weiter herabzumindern, wenn w ir die Punktion in den späten Nachmittags­ stunden vornehmen und die Patienten dann nacli Haus ins B ett schicken. Die nächtliche Bettruhe wird ausreichend sein, um die winzige Stichöffnung zur Verklebung zu bringen, und damit die Folgen des Naehsickerns beseitigen. Ich komme zum Schluß. An Hand verschiedener Theorien habe ich Huren auseinandergesetzt, welche Vorstellungen wir u n s vom Zustandekommen des Meningismus zur Zeit machen, ich sagte Ihnen auch, daß alle diese Theorien noch lebhaft um stritten sind. Ich w ill es daher auch dahingestellt sein lassen, ob wirklich allein die Größe des Stichlochs in der Dura und das Nachsickern von Liquor für die Beschwerden verantwortlich zu machen sind, so sehr auch die Erfolge mit der Kapillarnadel für diese Theorie zu sprechen scheinen. Sicher kommen noch andere Momente in Betracht. Der Liquor fließt tropfenweise ab, dadurch werden größere und plötzliche Druckschwan­ kungen, von denen w ir wissen, daß sie Kopfschmerzen auslüsen können, ver­ mieden. Der Einstich selbst ist für den Patienten kaum schmerzhaft, so daß jede Schockwirkung ausgeschlossen ist. Außerdem verhütet die im Innern der Führungsnadel liegende eigentliche Punktionsnadel, da sie vollkommen steril gesichert ist, die Verschleppung von Hautkeimen. Ich glaube also, Ihnen gezeigt zu haben, daß das Mißtrauen gegen eine ambulante Punktion heute keine Berechtigung mehr hat. Wie beseitigen wir nun noch das Mißtrauen und die Selten, die. der Patient vor der Punktion hat? Hiermit komme ich auf das zu Anfang E r ­ wähnte zurück, indem ich Ihnen sagte, daß meines Erachtens die Patienten vor nichts mehr zurückschrecken als vor dem Ausdruck „Rü'ekenmarks- punktiou". „Das Bückenmark lasse ich m ir nicht abnehmen'' ist eine oft geäußerte Antwort. Es gilt also, die Patienten dahin zu belehren, daß man mit dem eigentlichen Rückenmark in gar keine Berührung kommt. Wenn Gemeinsame Tagung der Niederländischen Dermatologen-Vereinigung, ich selbst Patienten die Notwendigkeit einer Punktion klannachon soll, dann vermeide ich immer das Wort „Rückenmark“, weil ich immer wieder g e­ sehen habe, daß das abschreckt. Ich vermeide auch das Wort „Rückenmark - flüssigkeit“ , sondern sage ihm, daß ich oberhalb des Kreuzbeins ein paar Tropfen Flüssigkeit aus dem Wirbelkanal entnehme. Mit diesem Wort g e ­ brauche ich einen amtlichen Ausdruck, und zwar den der Preußischen Ge­ bühren-Ordnung. Das klingt nicht so gefährlich, als wenn ¡(dt von einer Rüekcnmarkpunktion spreche und entspricht durchaus den Tatsachen, ln jedem Falle pflege ich den Patienten darauf hinzuweisen, daß, wenn auch der Eingriff so gut wie schmerzlos ist, jedoch gelegentlich Kopfschmerzen auftreten können, die jedoch keine weiteren Folgen nach sich ziehen. Wenn man in dieser Weise den Patienten den Eingriff erklärt, wird bestimmt das Mißtrauen schwinden, und jeder Syphilitiker wird die Lumbalpunktion schließlich als ebenso selbstverständlich anseheu wie eine Blutentnahme. Dann wird endlich die Forderung erfüllt sein: keine Luesheilung ohne Liquorkontrolle. Aber noch weitere Ausblicke gestattet uns die ausgedehntere Anwendung der Lumbalpunktion. Die nun ermöglichte wiederholte Vornahme der Punktion in positiven Fällen eröffnet uns die Wege zu einer planmäßigen Erforschung der vielen noch ungeklärten Probleme der Neurolues. f'nd wenn w ir im letzten .Jahrzehnt durch die immer wieder betonte Wichtigkeit der Frühdiagnose durch den Spirochätennachweis zu einem bemerkenswerten Rückgang der Neuinfektionen gekommen sind, so glaube ich mich der Hoff­ nung hingeben zu können, daß w ir durch die ambulante Lumbalpunktion nun­ mehr auch zu einer Frühdiagnose der Metalues kommen werden und damit zu dem wichtigsten Problem der Lues überhaupt. Gemeinsame Tagung der Niederländischen Dermatologen-Vereinigung und der Vereinigung rheinisch-westfälischer Dermatologen in Köln am 25. und 26. Mai 1929. a) Vorträge. Kranlz (Universitäts-Hautklinik Köln): Tuberkiiloschnmunitül und Hauttuberkulose. Die dermatologische Auffassung der Hauttuberkulose ist nach morphologi­ schen Gesichtspunkten orientiert und berücksichtigt noch zu wenig, daß Tuberkulose eine chronische Infektionskrankheit des Gesamtorganismus ist und die Hautmanifestationen nur Teilerscheiniuigen dieser Infektion sein können. Diese Betrachtungsweise muß sich bei den Dermatologen noch durch­ setzen. — Schilderung unserer Kenntnisse über den Ablauf der tuberkulösen Infektion beim Menschen und über die Tuberkuloseimmunität. — Kritik der Theorien über Immunität und Allergie. — Versuch, aus den Erfahrungen und Beobachtungen das Gesetz zu erkennen, das dem Tuberkuloseablauf zugrunde liegt, — Auseinandersetzung mit der i?o»fcßschen Lehre, die Tuberkulose­ infektion als Ganzes von einem einheitlichen Gesichtspunkte zu sehen. — Begriff des tuberkulösen Primärkomplexes, der sekundären und tertiären Tuberkulose. — Betrachtung der tuberkulösen Hauterkrankungen in diesem Sinne. — Primäre Hauttuberkulose. Hauterscheinungen im sekundären Stadium (sogen, akute Miliartuberkulose, papuio-nekrotische Tuberkulide.

Journal

DermatologyKarger

Published: Jan 1, 2009

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