Mikrobiommodulation
Neuer therapeutischer Ansatz
Da das Mikrobiom mit vielen, teils chro-
nischen Erkrankungen assoziiert ist, wird
versucht, auch mit mikrobiotischen Prä-
paraten therapeutische Eekte zu erzielen.
Ein neuer Ansatz bei der erapie der
Colitis ulcerosa (CU) ist die Stuhltrans-
plantation, die in einer doppelblinden
plazebokontrollierten Studie erste Erfol-
ge gezeigt hat, erklärte Prof. Max Reins
-
hagen, Klinikum Braunschweig. In der
Studie hat der fäkale Mikrobiomtransfer
von verschiedenen gesunden Spendern
auf einen Patienten nach acht Wochen
zur klinischen Remission der Erkran-
kung geführt [Paramsothy S et al. Lancet
2017; 389: 1218 – 28]. Auch eine erapie
mit speziellen Probiotika hat bei CU ei-
nen messbaren und mit 5-Aminosalicyl-
säure (5-ASA) vergleichbaren Eekt
[Derwa Y et al. Aliment Pharmacol er
2017; 46: 389 – 400]. Die Kombination ei-
nes Präparats mit acht denierten, hoch-
dosierten Bakerienstämmen (Innovall®
CU) mit 5-ASA kann die Symptomatik
merklich verbessern und die Zeit bis zur
Remission im Vergleich zur Standardthe-
rapie deutlich verkürzen.
Bei der Divertikelkrankheit hat die
Gabe mikrobiotischer Präparate ebenfalls
positive Wirkung gezeigt. Wie Prof. Joa-
chim Labenz, Diakonie Klinikum Jung-
Stilling in Siegen, berichtete, kann sich die
Divertikelkrankheit in leichten Beschwer-
den bis hin zu lebensbedrohlichen Kom-
plikationen manifestieren. Unter der sym-
ptomatischen unkomplizierten Diverti-
kelkrankheit (SUD) verstehe man persis
-
tierende oder rezidivierende Symptome
einer Divertikulose, und keine Divertiku-
litis, wie Labenz mit Hinweis auf die Leit-
linien betonte. Studien ergaben, dass bei
SUD-Patienten ein Entzündungsmarker,
die induzierbare Stickstomonoxid-Syn-
thase (iNOS), signikant überexprimiert
wird [Turco F et al. United European Gas-
troenterol J 2017; 5 (5):715 – 25]. An Biop-
sien konnte gezeigt werden, dass die Zu-
gabe von Lactobacillus casei DG® (Innoval®
SUD) die iNOS-Expression signikant auf
den Basalwert senkt (p < 0,05).
Beim Reizdarmsyndrom (RDS) zielen
die verfügbaren erapien auf die ver-
schiedenen Leitsymptome wie Schmer-
zen, Obstipation, Meteorismus und Di-
arrhoe ab, erläuterte Prof. Heiner Kram-
mer, niedergelassener Gastroenterologe
aus Mannheim. Mikrobiotika können je-
doch das Grundproblem der Dysbiose
adressieren, wobei die Wahl des Stammes
nach der Symptomatik erfolgen sollte.
Nur Lactobacillus plantarum 299v (In-
novall® RDS) hat sich wirksam bei allen
RDS-Leitsymptomen, insbesondere beim
Schmerz-/Bläh-Typ erwiesen [Ducrotte P
et al. World J Gastroenterol 2012; 18:
4012 – 18].
Ursula Hilpert
Pressekonferenz „Modulation des Darmmikrobioms
– von der Pathophsysiologie zu neuen Therapiekon-
zepten“; Viszeralmedizin 2017, 14.9.2017, Dresden;
Veranstalter: Microbiotica
Morbus Crohn
Bessere Ergebnisse mit Treat-to-Target
Die Optimierung der Behandlungsergeb-
nisse chronisch entzündlicher Darmer-
krankungen (CED) sei erforderlich, um
irreversible Organschäden zu verhindern
sowie weniger Hospitalisation und Ope-
rationen, bessere Lebensqualität und we-
niger erapienebenwirkungen zu errei-
chen, betonte Prof. Axel Dignass, Agap-
lesion Markus Krankenhaus, Frankfurt
am Main. Gründe für das Ausbleiben des
gewünschten erapieerfolgs seien der
variable Verlauf der CED, unzureichende
Verlaufsprädiktoren, zu späte Diagnose/
Behandlungsbeginn sowie nicht wirksa-
me oder nicht optimal eingesetzte era-
pien. Für die Optimierung des Outcomes
bei CED forderte Dignass den Einsatz op
-
timaler erapien zu einem frühen Zeit-
punkt, die Nutzung validierter, objekti-
ver Endpunkte zur Verlaufskontrolle, die
laufende Anpassung der erapien bis
die Endpunkte erreicht sind (Treat to
Target) und die Rundumbeurteilung des
CED-Patienten, einschließlich seiner
psychosozialen Bedürfnisse.
Da Morbus Crohn (MC) eine progres-
sive Erkrankung sei, könne eine frühe In-
tervention das Fortschreiten verhindern
und eine Krankheitsmodizierung er-
möglichen, betonte Dignass. Dazu müss-
ten die optimalen Behandlungsfenster der
Erkrankung erkannt und genutzt werden.
Als erapieziele nannte er die histologi-
sche Remission, die Mukosaheilung, die
steroidfreie Remission, die klinische Re-
mission und verbesserte Symptome.
Den positiven Eekt einer engmaschi-
gen Kontrolle und des Treat-to-Target-
Konzepts bei MC belegt die prospektive,
oene, multizentrische und aktiv kon-
trollierte 48-wöchige Phase-III-Studie
CALM, in der 244 erwachsene, immun-
suppressiva- und biologikanaive Patien-
ten mit mittelschwerem bis schwerem ak-
tivem MC (mittlere Erkrankungsdauer
ein Jahr) mit konventionellem Manage-
ment (KM) und der Treat-to-Target-
Strategie unter Adalimumab (Humira®)
verglichen wurde, berichtete Prof. Stefan
Schreiber, Universität Kiel. Treat-to-Tar-
get beinhaltete die engmaschige Kontrol-
le (Tight control) der Patienten mit Bio-
markern wie C-reaktives Protein (CRP)
und fäkalem Calprotectin (FC) zur Be-
stimmung der Entzündungsaktivität.
In der Treat-to-Target-Gruppe erreich-
ten 45,9 % der Patienten den primären
Endpunkt Mukosaheilung (CDEIS < 4,
keine tiefen Ulzerationen zu Woche 48), in
der KM-Gruppe lag der Anteil bei 30,3 %
(p = 0,01) [Colombel JF et al. Gastroente-
rology 2017; 152( Suppl 1): 155]. Darüber
hinaus erreichten Patienten mittels Treat-
to-Target nach 48 Wochen signikant
häuger eine steroidfreie Remission (ein
sekundärer Endpunkt) als Patienten unter
KM (59,8 % vs. 39,3 %; p = 0,001). CALM
sei die erste Studie, die belegt, dass ein
Treat-to-Target-Konzept zu besseren Er-
gebnissen als die konventionelle, symp-
tombasierte erapiesteuerung führt. Da-
bei habe die Nutzung von CRP als Treat-
to-Target-Ansatz keine erhöhten Sicher-
heitssignale ergeben resümierte Schreiber.
Dr. Thomas Riedel
Symposium „Satellitensymposium „Mission
Zukunft – CED-Therapie im Jahr 2020“, Viszeral-
medizin 2017, 14. September 2017, Dresden;
Veranstalter: AbbVie
infopharm
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GASTRO-NEWS 2017; 04 (2)