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Ätiologie, Abklärung und konservative Therapie der Obstipation

Ätiologie, Abklärung und konservative Therapie der Obstipation HAUPTTHEMA • MAIN THEME Chirurgische Gastroenterologie 1994;10:262-269 B. Hammer Ätiologie, Abklärung und Gastroenterologische Abteilung konservative Therapie der Medizinischen Klinik C, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz der Obstipation Schlüsselwörter Zusammenfassung In den meisten Fällen von chronischer Obstipation läßt sich keine behandelbare Ursa­ Chronische Obstipation Therapie, konservative und chirurgische che finden. Trotzdem soll stets danach gesucht werden, um eventuell eine kausale The­ Kolontransitzeit rapie einzuleiten. Bei leichten Formen kann ohne Abklärung direkt mit einer meist Defäkographie wirksamen konservativen Therapie begonnen werden. Wirkt diese Therapie nicht oder Manometrie handelt es sich um eine schwere Form, ist eine Abklärung nötig. Diese umfaßt in einem ersten Schritt Anamnese, klinische Untersuchung, Labor sowie Ano- und Rektosigmoi- Elektromyographie Ballonexpulsionstest doskopic, in einem zweiten Schritt Koloskopie oder Kolon-Doppelkontrast-Einlauf sowie die Bestimmung der Kolontransitzeit. Letztere gestattet eine Klassifikation in Obstipation mit verlängerter und normaler Transitzeit. Bei terminaler Obstipation er­ folgt eine Defäkographie; der klinische Stellenwert von Manometrie, Elektromyogra­ phie und Ballonexpulsionstest ist noch nicht sicher definiert. Eine chirurgische Thera­ pie soll erst nach Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten und genauer Abklä­ rung von Kolon und Rektum mit anorektaler Funktionsprüfung ins Auge gefaßt werden. Key Words Summary Chronic constipation A causal therapy of chronic constipation requires the investigation of its causes despite Treatment conservative and surgical the fact that in many cases the cause cannot be found. Nevertheless in most mild cases Colonic transit time an effective conservative therapy can be started. Investigation in severe cases starts with Defaecography patient's history, clinical examination, laboratory report and procto-sigmoidoscopy, fol­ Manometry lowed by colonoscopy, double-contrast enema and measurement of colonic transit time. Electromyography Defaecography is useful in cases of distal constipation whereas the clinical value of Balloon expulsion test manometry, electromyography and balloon expulsion test is not yet defined. A surgical therapy should not be considered before failure o f adequate conservative treatment. Definition zweite auf Klagen wie Gefühle der unvollständigen Entleerung, starkes Pressen bei der Defäkation, zu kleine oder zu harte Obstipation ist ein Symptom vieler Erkrankungen mit unter­ Stühle. schiedlichen Mechanismen (1 ]. Bis heute existiert keine allge­ mein akzeptierte Definition der chronischen Obstipation. Die Ätiologie meisten Autoren sprechen von einer Obstipation, wenn der Pati­ Bei den meisten Patienten findet man keine identifizierbare Ur­ ent zwei oder weniger Stühle pro Woche absetzt oder/und über Störungen der Stuhlentlecrung klagt. Die erste Abnormität be­ sache. In diesem Fall kann man von «idiopathischer chronischer zieht sich also auf eine zu geringe Frequenz der Stühle, die Obstipation» sprechen, obwohl dieser Begriff unterschiedlich Dr. mcd. B. Hammer €> 1994 S. Karger GmbH. Gastroenterologische Abteilung Freiburg der Medizinischen Klinik C Kantonsspital Sankt Gallen CH-9007 Sankt Gallen Tab. 1. Identifizierbare Ursachen einer chronischen Obstipation verwendet wird. Dazu zählt man Patienten mit verlängerter, aber auch mit normaler Kolontransitzeit. Die Abgrenzung einer idio­ Äußere Ursachen pathischen chronischen Obstipation zum Colon irritabile mit Ungenügende Diätfaserzu fuhr vorwiegender Obstipation ist unscharf. Ein Colon irritabile die­ Ungenügende Flüssigkeitszufuhr Ungenügende körperliche Aktivität ses Typs wird am ehesten dann diagnostiziert, wenn krampfarti­ ge Abdominalschmerz.cn vorherrschen, der Patient häufig Stuhl­ Kolorektale Erkrankungen Tumoren drang verspürt, oft vergeblich preßt oder dann nur kleine, harte Entzündliche Stenosen Stühle (Ziegenkot. Bleistiftstühle) entleert. Gelegentlich herrscht Chronischer Volvulus auch Schleimabgang mit oder ohne Stuhl vor. Vielleicht leiden Hernien Patienten mit einem Colon irritabile und Obstipation an einem Fremdkörper (z.B. Kotsteine. Bezoare) hyperaktiven Sigma, was zu den kleinen Stuhlpartikeln führt, Rektumprolaps Proctitis ulcerosa welche schwierig zu entleeren sind [2]. Auch bei der «chroni­ Rektozele schen intestinalen Pseudoobstruktion» ist eine Ursache für die Kongenitales Megakolon (Morbus Hirschsprung) dabei auftretende Obstipation oft nicht erkennbar. Es handelt Dermatomyositis sich um einen chronischen Ileus ohne mechanische Ursache. Die Sklerodermie Amyloidose Störung kann auf das Kolon beschränkt bleiben oder auch höhe­ re Abschnitte des Gastrointestinaltrakts betreffen. Anale Erkrankungen Stenose Eine Mehrzahl identifizierbarer Ursachen für eine chronische Fissur Obstipation sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Das Vorhanden­ Kryptitis sein einer der genannten Erkrankungen beweist noch nicht den Hämorrhoiden ursächlichen Zusammenhang. Dieser ist erst durch «trial and Analschleimhauiprolaps error», d.h. durch eine kausale Therapie zu beweisen oder zu Ventral ektoper Anus entkräften. Beckenhodendysfunklion Die Ernährung der westlichen Welt ist allgemein arm an Diätlä- Syndrom des spastischen Beckenbodens (= Anismus) Syndrom des deszendierenden Perineums sem. In den letzten Jahren hat sich hier allerdings ein Wandel vollzogen. Ein zunehmender Faseranteil in der Nahrung verkürzt Medikamente die Kolontransitzeit und erhöht Menge und Frequenz der Stühle. Analgetika Antazida Leichte chronische Obstipationen sind auf diese Weise einfach Anticholinergika zu behandeln [3|. Leider trifft dies für manche Patienten mit Cholestyramin schwerer Obstipation nicht zu. Ungenügende Flüssigkeitszufuhr Diuretika betrifft vor allem ältere Leute und psychotische Patienten. Zu Eisen Kardiologika (v.a. Kalziumantagonisten. geringe körperliche Aktivität oder Inaktivität vermindert die Ganglienblocker. Beta-Rezeptorenblocker usw.) Kolonperistaltik, was insbesondere bei Beltlägcrigkeit zum Aus­ Laxantienabusus druck kommt. Nichtsteroidale Antirheumatika Bei vielen kolorektalen und analen Erkrankungen ist der Zusam­ Psychopharmaka (vor allem Antidepressiva. Sedativa. Opiate usw.) Wismut menhang zur chronischen Obstipation klar. Nicht selten ergeben Zytostatika sich aber auch hier Kausalitätsproblemc. Dies trifft vor allem für die häufigen Hämorrhoiden zu: Sind sie Ursache oder Folge ei­ Neurologische Erkrankungen Para- und Tetraplegie ner chronischen Obstipation? Besteht überhaupt ein Zusammen­ Multiple Sklerose hang? Eine epidemiologische Arbeit von Johanson und Sonnen­ Parkinsonismus berg [4] stellt einen Zusammenhang in Frage. Autonome Neuropathie Beckenbodendysfunktionen kommen vor allem bei jungen Frau­ Stoffwechsel- und endokrine Erkrankungen en vor. welche den Beckenboden nicht entspannen können Diabetes mellitus (Anismus) oder die eine Geburtsschädigung des den Musculus Hypothyreose Porphyrie puborectalis und M. sphincter ani extemus innervierenden Ner­ Hypokaliämie vus pudendus aufweisen. Eine Traktionsneuropathie kann aber Hypercaleämic (z.B. Tumoren. Hyperparathyreoidismus usw.) auch durch häufiges Pressen als Folge einer schweren chroni­ Urämie schen Obstipation irgendwelcher Genese auftreten. Bleivergiftung Bei jeder Obstipation muß daran gedacht werden, daß sic medi­ kamentös verursacht sein kann. Man muß den Patienten genau Psychische Erkrankungen Depression danach fragen, da er insbesondere selbstverordnete Medikamen­ Schizophrenie te oft zu nennen vergißt oder verschweigt, z.B. Laxantienabu- Chronische Angstzustände sus. Bei letzterem muß es sich aber wirklich um einen Abusus Neurosen usw. handeln und nicht um einen mäßigen Gebrauch von Laxantien 263 kanal mittels Rektalpalpation: Ist der Anus an normaler Stelle zur Behandlung einer chronischen Obstipation! Eine Pseudome­ lanose des Kolons ist ein Schlüssel zur Diagnose eines chroni­ und normal konfiguriert oder ventral verlagert? Klafft der Anus? schen Laxantienabusus mit Anthrachinonglykosiden. Dieser Besteht ein Rektum- oder Analsehleimhautprolaps? Kann man beim Spreizen des Anus eine Analfissur oder einen Prolaps er­ Nachweis kann bei gewissen Laxantien (Phenolphthalein. Bisa­ kennen? Funktioniert der Analreflex? Dieser besteht darin, daß codyl) auch im Urin geführt werden. Bei neurologischen Erkrankungen gibt die Allgemeinuntersu­ eine Berührung der Perianalhaut zu einer Kontraktion des M. chung den Hinweis, sofern es sich nicht um eine auf den Darm sphincter ani externus führt. Kommt es beim starken Pressen zu beschränkte Erkrankung handelt. einem stärkeren Tiefertreten des Beckenbodens als Hinweis für ein deszendierendes Perineum oder zu einem sichtbaren Pro­ Alle erwähnten Stoffwechsel- und endokrinen Erkrankungen können zu chronischer Obstipation führen. Beim Diabetes melli­ laps? Ist bei der Rektalpalpation der Sphinktertonus vermindert, tus ist die Obstipation das häufigste gastrointestinale Symptom. normal oder erhöht? Ist diese Untersuchung schmerzhaft als Unter den psychischen Erkrankungen weisen Depressionen jed­ Hinweis für eine Analfissur? Tastet man einen Tumor oder Pro­ laps? Besteht eine Rektozele? weder Genese, aber auch die chronische Schizophrenie, häufig eine Obstipation auf. Auch nichtpsychotische Störungen wie Labor chronische Angstzustände und neurotische Fehlentwicklungen verschiedener Genese neigen zu Obstipation. Psychologische Als obligate hämatologische Untersuchungen sind zu nennen: Untersuchungen bei Patienten mit chronischer Obstipation haben Bestimmung von Hämoglobin. Leukozyten, Thrombozyten und die Blutsenkungsreaktion. Laborchemisch von besonderer Be­ allerdings recht widersprüchliche Ergebnisse gezeigt (Literatur- deutung sind Blutzucker, Kalzium. Kalium. Harnstoff und ein Übersicht bei Wald et al. |5 |). Schilddrüsen-Scrcening. Ano- und Rektosigmoidoskopie Abkärungsverfahren Als Vorbereitung für diese Untersuchung genügt ein rektales Klysma. Für die Analregion eignet sich das kurze Anoskop mit einer Arbeitslänge von 8— 10 cm am besten. Man kann mit die­ Eine leichte chronische Obstipation bedarf unseres Erachtens sem Instrument eine Analfissur. Hämorrhoiden, eine Kryptitis keiner Abklärung, sondern direkt einer Therapie ex juvantibus. Reagiert der Patient nicht auf die Behandlung oder handelt es usw. am besten erkennen. Will man höhere Abschnitte untersu­ sich um eine schwere Form, sind Abklärungsmaßnahmen nötig. chen. verwendet man entweder ein starres Rektoskop von Die Abklärungsverfahren müssen auch bei allen Patienten einge­ 20-30 cm Länge oder ein Fibcrsigmoidoskop. Wir verwenden setzt werden, welche früher einen geregelten Stuhlgang hatten nur noch das letztere Instrument, da die Belästigung des Patien­ und neu an einer chronischen Obstipation leiden. Jede Abklärung ten wesentlich geringer ist und man mit dem 60-cm-lnstrumenl leicht in das Sigma und in das Colon descendens gelangt. Man beginnt mit Anamnese und klinischer Untersuchung. sucht nach organischen Läsionen wie Tumoren. Stenosen, einem okkulten Rektumprolaps usw.. welche als Ursache einer termina­ Anamnese len Obstipation in Frage kommen. Auch die Ausdehnung einer Hier gilt es vor allem zu erfahren, was der Patient unter Obstipa­ Proktitis nach kranial kann damit genau erfaßt werden. Während tion versteht. Liegt überhaupt eine Obstipation gemäß der oben eine schwere Colitis ulcerosa praktisch immer mit Durchfall ein­ gegebenen Definition vor? Meint der Patient eine zu geringe hergeht. führt eine Proktitis eher zu einer chronischen Obstipati­ on. Eine Pseudomelanose als Folge eines Laxantienabusus mit Stuhlfrequenz oder/und Schwierigkeiten bei der Defiikation? Bestehen Hinweise auf eine der in Tabelle I genannten Ursa­ Anthrachinonglykosiden läßt sich durch bräunliche oder chen? Großer Wert ist auf die Medikamentenanamnese zu legen, schwärzliche Verfärbung der Schleimhaut (Pseudomelanose) er­ auch was die Selbstmedikation anbelangt. Nach Laxantien ist kennen. speziell zu fragen. In einer Spitalbefragung an 287 Patienten ei­ ner HNO-Klinik in London stellte Moore-Gillon [6] fest, daß Koloskopie sich 8 1 % der Befragten Laxantien selber besorgen, während le­ Diese Untersuchung erfordert eine gründliche Vorbereitung des diglich 19% vom Arzt verschriebene verwendeten. Enthält die Kolons mit einer oralen Lavage mit einer Salzlösung unter Zu­ Kost genügend Ballaststoffe? Wie steht es mit Flüssigkeitszu­ satz von Polyäthylenglykol oder mit Anthrachinonglykosiden fuhr und körperlicher Aktivität? Hat der Patient eine ordentliche (z.B. X-Prep®). Die totale Koloskopie bis zum Zökalpol gibt Toilette und genügend Zeit zur Defäkation? gewisse Hinweise für Motilitätsstörungen wie spastisches Kolon und läßt die Länge und Weite des Kolons abschätzen. Diese Klinik Parameter sind aber sehr ungenau. Die Koloskopie dient in er­ ster Linie zur Erkennung organischer Läsionen wie Tumoren Bestehen Hinweise für eine abdominale Erkrankung? Dazu ge­ und entzündlicher Stenosen und zur Erfassung der Pseudomela­ hört auch die Inspektion und Untersuchung von Anus und Anal­ nose. 26 4 Hammer Ätiologie. Abklärung und konservative Therapie der Obstipation lung der chronischen Obstipation in Patienten mit verlängerter Kolon-Doppelkontrast-Einlauf Diese Methode setzen wir nur ein, wenn die Koloskopie ein auf­ und solchen mit normaler Kolontransitzeit (Tab. 2). Bei der chronischen Obstipation mit verlängerter Kolontransitzeit kann fallend langes oder/und weites Kolon ergibt. In diesem Falle ist das gesamte Kolon betroffen sein oder eines oder zwei der drei eine totale Koloskopie mit dem übliehen Instrument mit 140 cm langem Arbeitskanal oft nicht möglich, und ein Dolieho- oder/ Segmente. Wenn die Akkumulation der Marker nur das Rektum und Megakolon oder Megarektum kann radiologiseh besser (Rektosigmoid) betrifft, spricht man von terminaler Obstipation. Bei diesen Patienten muß eine Funktionsstörung in diesem Be­ quantifiziert werden. Ein langstreckiger Morbus Hirschsprung reich vermutet und durch die unten angeführten Methoden abge­ läßt das kontrahierte aganglionäre Segment gut erkennen. Eine Differenzierung zwischen dem kongenitalen Megakolon (M. klärt werden. Eine Fehlermöglichkeil der Kolontransitzeit- Hirschsprung) und einem erworbenen Megarektum oder Mega­ Bestimmung liegt darin, daß die bei einer terminalen Obstipation im Rektum (Rektosigmoid) liegenden Marker durch Rctroperi- kolon gelingt ebenfalls. Bei letzteren Störungen reicht die Ba- riumsäulc bis in den Analkanal hinein. Bei kurzstreckigem M. Hirschsprung kann der Kolon-Doppelkontrast-Einlauf diagno­ stisch versagen. In diesem Fall sind eine anorektale Manomctrie und eine mindestens die Submukosa erfassende Biopsie nötig. Bleiben Zweifel, benötigt man eine chirurgische Vollwand­ biopsie. Ein M. Hirschsprung im Erwachsenenaller stellt eine Rarität dar |7|. Koloniransilzeil Mit dieser Untersuchung wird die kolorektale Motorik gemes­ sen. Noch im Bereich der wissenschaftlichen Forschung befin­ den sich nuklearmedizinische Untersuchungen [8); es ist zu hof­ fen. daß sie in naher Zukunft auch von praktischem Interesse sein werden, da die Strahlenbelastung sehr gering ist. Durchge­ setzt hat sich heute die orale Einnahme röntgendichter Marker und der Nachweis ihres Transportes und Verschwindens in der Abdomen-Röntgenaufnahme. Früher setzte man dazu mehrere Röntgenaufnahmen ein, heute versucht man, wegen der Strah­ lenbelastung mit einer einzigen Aufnahme auszukommen. In Anlehnung an die Arbeiten von Chaussade et al. |9 | und Met- calf et al. (10| verwenden wir folgende Methode: Der Patient nimmt vom I. bis 6. Tag morgens um 9.00 Uhr mit dem Früh­ stück eine Gelatinekapscl mit je 10 verschiedenen röntgendich- ten Markern ein (Hersteller: Fa. P. + A. Mauch, Münchenstein, Schweiz). Am 7. Tag um 9.00 Uhr wird eine Abdomen-Röntgen­ aufnahme durchgeführt. Die verbleibenden Marker werden ge­ zählt. Die Kolontransitzeit in Stunden ergibt sich aus der For­ Abb. 1. W. U. 9 19 5 1. Chronische Obstipation mit verlängerter totaler mel: Anzahl Marker x 2.4. Die Methode gestattet die Bestim­ Kolontransitzeit von I05.6 h (44 Marker x 2.4). Die segmentären Kolon- mung der totalen Kolontransitzeit und segmentärer Kolontransit­ transitzeiten lassen sich errechnen durch folgende Unterteilung des Abdo­ zeiten (Abb. I ). Die Mittelwerte der totalen Kolontransitzeit für mens- vertikale l.inie entlang der Dornfortsätze bis zur kaudalen Begren­ Männer betragen nach Metcalf et al. |I 0 | 33,3 ±4 .3 h und für zung von I.WK 5. Schräge Linien beidseits zum Innenrand der Darmbein­ schaufeln. Frauen 46,9 ± 3.7 h. Unter Berücksichtigung der Mittelwerte und der zweifachen Standardabweichung liegen die Normalwer­ te zwischen 65 und 70 h. Die segmentalen Transitzeiten werden durch Aufteilung des Abdomens in ein rechtsseitiges und ein linksseitiges Kolon und das Rektum (Rektosigmoid) errechnet. Tab. 2. Klassifikation der chronischen Obstipation nach Es ergeben sich folgende mittlere Transitzeilen für Männer bzw. Kolontransitzeit Frauen: 1. Verlängerte Koloniransilzeil - rechtes Kolon: 9.2 ± 2.4 bzw. 19.0 ± 2.0 h. Ganzes Kolon - linkes Kolon: 9.9 ± 2.3 bzw. 15.3 ± 2,0 h. - Rechtsseitiges Kolon - Linksseitiges Kolon - Rektum (Rektosigmoid): 14.3 ± 2 .0 bzw. 12.5 ± 1.7 h. - Terminale Obstipation Der Methode hängen viele Fehlerrhöglichkeiten an. auf die hier 2. Normale Koloniransilzeil nicht eingegangen werden kann. Sie erlaubt aber eine Untertei­ 265 Manometrie. Mit dieser Methode untersucht man einerseits das staltik in die höhergclcgcnen Kolonabschnitte zurückbefördert rektale Reservoir und andererseits den Sphinkterapparat mit dem werden können, so daß man unter Umständen fälschlicherweise eine Transportstörung in den höheren Kolonabschnitten an­ Sphincter ani internus und externus. Die Untersuchung geschieht nimmt [ 111. Es gibt aber auch Patienten, welche eine Transport- durch Einführung von Meßsonden in den Analkanal und in das Rektum. Die Methodik gestattet. Ruhedrücke. Drücke nach will­ Störung im rechtsseitigen oder/und linksseitigen Kolon und zu­ kürlicher Kontraktion des Sphincter ani externus und die Er­ sätzlich eine tenninale Obstipation aufweisen |12). Unter den Patienten mit normaler Kolontransitzeit-Obstipation befinden schlaffung des Sphinkterapparates bei Erhöhung des abdomina­ sich offenbar zwei Gruppen: Patienten mit subjektiven Defäkaii- len Druckes zu prüfen. Durch wassergefüllte Ballonsonden kann weiter untersucht werden, bei welchem Volumen die Rektumfül­ onsstörungen trotz fehlender motorischer Funktionsstörung und lung verspürt wird (Füllungsempfindung), das Volumen, bei solche mit eingebildeten Obstipationsproblemen. Es ist zu hoffen, daß sich aus den Erkenntnissen der Kolontran­ dem reflektorisch eine Relaxation des inneren Schließmuskels sitzeit in Zukunft differenzierte konservative Therapien ableiten auftritt (Schwellenwert der Relaxation, rektoanaler Inhibitions- lassen. Dies ist zur Zeit nur für gewisse Formen der terminalen refiex). das Volumen, bei dem der Kontinenzreflex eintritl und chronischen Obstipation (z. B. Klysmen. Biofeedback) der Fall. das Volumen, bei welchem Inkontinenz auftritt. Man kann über­ dies durch Füllung des Rektums das Volumen messen, welches Elektromyographie und Manometrie des Kolons durch rezeptive Relaxation ohne Druckanstieg aufgenommen Diese Methoden sind sehr aufwendig und bedingen die Einfüh­ werden kann (Compliance). rung von elektrischen oder Druckmeßsonden mittels eines Kolo- Neben diesen auf Druck basierenden Untersuchungen ist es auch skopes. Sie sind deshalb Speziallaboratorien Vorbehalten. möglich, die Empfindlichkeit des Anoderms und der perinealen Haut durch Messung der minimal empfundenen Stromstärke Chaussade et al. [131 sind allerdings der Auffassung, daß solche Methoden unerläßlich sind zur Selektion von Patienten für eine oder von Wärmeschwankungen zu quantifizieren. Speziallabora­ subtotale Kolektomie. torien gelingt es. aufgrund dieser Untersuchungen Rückschlüsse auf die Genese einer Obstipation zu ziehen. Anorektale Funktionsprüfung bei terminaler Obstipation Ballonexpulsion. Diese von Bames und Jones 117] 1985 inaugu­ Diese beginnt, wie bereits erwähnt, mit der sorgfältigen klini­ rierte Methode hat zum Ziel, die Defäkation durch einen mit schen Untersuchung. Die radiologische Kolon-Doppelkontrast- Wasser gefüllten Ballon zu simulieren. Der Patient wird aufge­ fordert. den mit 50. 100 oder 150 ml gefüllten Ballon zu expri­ Untersuchung kann ein kongenitales oder erworbenes Megarek­ mieren. Es scheint, daß Patienten mit Beckenbodendysfunktion tum oder Megakolon erkennen, es handelt sich dabei aber nicht um eine eigentliche Funktionsprüfung. Alle Funktionsprüfungen dies nicht oder nur bei kleinem Volumen tun können. sind heute noch mit methodischen Problemen behaftet, und häu­ Anorektale Elektromyographie. Selten gemessen wird die elek­ fig fallen sie auch bei gesunden Testpersonen pathologisch aus. trische Aktivität im glatten M. sphincter ani internus. Die Stan- Dies erstaunt nicht, da die Untersuchungsanordnung unphysiolo- dardelektromyographie besteht in der Einführung einer Elektro­ gisch ist und der Patient physisch und psychisch «entblößt» wird. de in den M. sphincter ani externus oder/und M. puborectalis. Gute Übersichten finden sich bei Chaussade et al. 113] und Gem­ Im Gegensatz zu den anderen quergestreiften Muskeln des Orga­ senjäger [14], nismus befinden sich diese beiden Muskeln in einem permanen­ Defäkographie. Bei dieser erstmals von Mahieu et al. ]15. 16| ten Zustand elektrischer Aktivität. Preston und Lennart-Jones entwickelten Technik wird ein dicker Bariumbrei in das Rekto- |18] untersuchten eine Gruppe von Patienten mittels röntgen- sigmoid eingebracht und die Defäkation radiologisch in Ruhe, dichter Marker und stellten dabei eine terminale Obstipation fest. während der Defäkation und bei willkürlicher Kontraktion des Beim Ballonexpulsionstest waren diese Patienten nicht fähig, einen mit 50 ml Wasser gefüllten Ballon zu exprimieren und Sphinkterapparates festgehalten. Die Dynamik der Defäkation kann auch im Videofilm festgehalten werden. Die Defäkogra­ zeigten dabei keine Verminderung der elektrischen Aktivität im phie hat zum Ziel, beim Obstipiertcn Anomalien zu entdecken, M. puborectalis und M. sphincter ani externus; cs zeigte sich welche die Ursache einer terminalen Obstipation sein können. sogar eher eine erhöhte Aktivität eines oder beider Muskeln, Man muß sich aber auch bei dieser Methode bewußt sein, daß vergesellschaftet mit einer Druckerhöhung im Analkanal. Diese die gefundenen Veränderungen nicht unbedingt einen Kausali- Störung entspricht dem spastischen Beckenbodensyndrom oder tätsbeweis darstellen und transitorische Veränderungen auch bei Anismus. Chirurgische Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu gesunden Probanden Vorkommen. z.B. eine Rektozele. die sich ziehen, scheint wegen der widersprüchlichen Resultate zur Zeit zunächst füllt und dann wieder problemlos entleert. Die studier­ aber noch zu früh. Vielleicht eignen sich diese Patienten zu ei­ ten Parameter sind die Messung des anorektalen Winkels in nem Biofeedback-Training [19]. Ruhe, seine Öffnung bei der Defäkation, das Vorhandensein Manometrie. Ballonexpulsion und Elektromyographie sind spe­ oder Fehlen einer Einbuchtung durch die Puborekialis-Schlinge. zialisierten Laboratorien Vorbehalten und können weitere Hin­ das Auftreten einer vorderen oder hinteren Rektozele, das Auf­ weise zur einzuschlagenden Therapie geben. Wie bereits er­ treten eines inneren Prolapses, eventuell mit Intussuszeption. wähnt. sind die Ergebnisse aber noch recht kontrovers, und die und die Messung des perinealen Deszensus beim Preßakt. Nützlichkeit für die Klinik ist noch nicht sicher definierbar. 26 6 Hammer Ätiologie. Abklärung und konservative Therapie der Obstipation P raktische A b k lä ru n g sta k tik Allgemeine Maßnahmen Chronische Obstipation ist ein sehr häufiges Symptom in der Körperliche Aktivität regt das Kolon zu vermehrter Transportlei­ westlichen Well. Leichte Formen benötigen keine Abklärung, stung an. Auf welchem Wege dies geschieht, weiß man heute sondern eine Therapie, welche mit allgemeinen und diätetischen Maßnahmen beginnt. Wirkt diese Behandlung nicht oder han­ noch nicht genau. Sehr wichtig ist die Medikamentcnanamnese. delt es sich um eine schwerere Form der Obstipation, empfehlen Wenn immer es möglich ist. sollen obstipierende Medikamente (vergl. Tab. 1) reduziert, geändert oder abgesetzt werden. Das wir eine Abklärung in zwei Stufen: /. Stufe: Anamnese. Klinik inklusive Analinspektion und «stille Örtchen» sollte so gestaltet sein, daß der Gang dorthin Rektalpalpation. Labor. Anoskopie- und Proktosigmoidosko­ nicht zum Alptraum wird. Essen ist wahrscheinlich der wichtig­ pie. ste physiologische Faktor zur Aktivierung des Kolontransportes. Dieser «gastrokolische Reflex» funktioniert am besten morgens An diese Stufe schließt sich eine konservative Therapie an. nach dem Frühstück. Man sollte sich auch genügend Zeit lassen. Wirkt sie nicht, erfolgt die Durch ständiges Unterdrücken des Dranges zum Stuhlgang kann - 2. Stufe: hohe Koloskopie (eventuell Kolon-Doppelkontrast- Einlauf). Kolonlransitzeit. Defäkographie bei terminaler Ob­ der Delakationsrellex verlorengehen. Unterstützende Bauch­ deckenmassage wird von oral nach aboral entlang des Kolons stipation. empfohlen. Bei Beckenbodendysfunktion stellt das Biofeed­ Bei Risikopatienten (z.B. älteren Patienten mit neu aufgetretener back-Training eine neuere Methode dar. Sie wurde zunächst bei Obstipation) führen wir regelmäßig eine hohe Koloskopie durch. Diese dient zum Nachweis einer organischen Ursache. z.B. ent­ der Inkontinenz erprobt, und erstmals von Denis et al. [21] an zündlicher Stenose. Karzinom. Ist die Untersuchung normal, er­ einem Patienten mit einer Form des Anismus (hypertoner oberer folgt im Abstand von einigen Tagen die Bestimmung der Kolon- Analkanal) 1979 erfolgreich erprobt. Bei diesem Verfahren wird dem Patienten eine Manometriesonde eingeführt, mit welcher transitzeit. Ergibt sich der Befund einer terminalen Obstipation, wird eine Defäkographie angeschlossen, insbesondere dann, man den Druck im Rektum und im Analkanal messen kann. Mit den neuen Apparaten können auch elektromyographische Mes­ wenn eine chirurgische Therapie in Erwägung gezogen wird. sungen mittels Kontakteleklroden vorgenommen werden. Der Manometrie. Ballonexpulsion und Elektromyographie des Ano- rektums erfordern große Erfahrung und ein spezialisiertes La­ Patient lernt, bei zunehmender Druckerhöhung im Rektum sei­ hor. Sie sind zur Therapieentscheidung selten notwendig. nen Sphinkterapparat zu entspannen. Es handelt sich also um eine Form der Verhaltenstherapic. Seine Erfolge oder Mißerfol­ ge kann der Patient an einem Oszillographiesehirm verfolgen. Die Erfolge dieser Therapie scheinen gut zu sein, wenn auch Konservative Therapie Langzeitergebnisse noch fehlen f19 1. Die Methode ist in der Schweiz wenig verbreitet und steht uns an unserem Spital noch Das Vorgehen ist auch heute noch empirisch. Vor Einleitung ei­ nicht zur Verfügung. ner Therapie muß man sich zwei Fragen stellen: Psychotherapie wird allgemein skeptisch beurteilt. Bei einem 1. Liegt überhaupt eine behandlungsbcdürftige Obstipation vor? Bei vielen Patienten besteht eine Urangst, sich innerlich zu psychischen Grundleiden. z.B. einer Depression, ist allerdings vergiften, wenn der Darm nicht wenigstens einmal täglich eine kausale psychiatrische Therapie denkbar (Tab. 3). entleert wird (Horror autotoxicus) (20|. Diese Patienten benö­ tigen eine Aufklärung, aber keine Therapie. Laxantienabusus ist. so paradox es tönt, in der westlichen Welt eine der häufig­ sten Ursachen der chronischen Obstipation! Vor allem bei Frauen ist der Abusus stark verbreitet. Erzielt man mit Laxan­ tien Diarrhö, und das verstehe ich unter Abusus, entsteht eine Dehydratation, Hypokaliämie und damit ein Circulus vitiosus Tab. 3. Allgemeine Maßnahmen mit sekundärer Obstipation. Chronischer Laxantienabusus Änderung der Lebensgewohnheiten kann zu irreversiblen Schäden der glatten Muskulatur und der - Vermehrte körperliche Aktivität intramuralen Darmplexus führen. Ist es noch nicht zu einer - Streßabbau irreversiblen Schädigung gekommen, muß man versuchen, Reduktion. Änderung oder Absetzen obstipierender Medikamente Toilette diese Patienten langsam von ihrem Laxantienabusus zu ent­ - sauber, gute Lüftung wöhnen. - Besuch nach dem Frühstück: «gastrokolischer Reflex» 2. Findet sich eine behandelbare Ursache der chronischen Obsti­ - genügend Zeit investieren pation? Mögliche Ursachen sind in Tabelle I zusammenge- - Drang zum Stuhlgang nachgeben Bauchdeckenmassage läßt. Biofeedback bei Beckenbodendysfunktion Die empirische Therapie umfaßt'allgemeine und diätetische Psychotherapie Maßnahmen. 267 Diätetische Maßnahmen Rektaleinläufe und Suppositorien werden vor allem bei der ter­ minalen Obstipation eingesetzt. Für hohe Einläufe ist unserer Ansicht nach nur bei einer akuten Exazerbation einer chroni­ Die Vermehrung der Ballaststoffe in der Diät erfolgt durch Zula­ ge von Gemüse und Früchten und insbesondere von Vollkorn­ schen Obstipation Platz. produkten. Auf eine Flüssigkeitsmenge von 1,5-2 I/Tag ist zu Für diabetische Patienten sei noch erwähnt, daß Colosan mite® achten, vorzugsweise zu den Mahlzeiten. Über Nacht in den und Colosan® zuckerfrei sind. Zu den semikonservativen Therapien kann man die Sklerosie­ Kühlschrank gestellter frischgepreßter Fruchtsaft beim Aufste­ rung oder Gummibandligatur bei Schleimhautprolaps und Hä­ hen getrunken, führt zur Anregung der Peristaltik durch den phy­ sikalischen Kältereiz und den chemischen Reiz der Fruchtsäuren. morrhoiden zählen. Gewisse Patienten können obstipierende Nahrungsmittel benen­ Eine chirurgische Therapie darf nur nach Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten und genauester Abklärung der vor­ nen. hier besteht aber eine große Variationsbreite. Wenn zusätz­ liegenden Funktionsstörung ins Auge gefaßt werden. lich Kleie nötig ist. so muß man bei deren Einsatz behutsam Vorgehen, z.B. zu Beginn 2 Kaffeelöffel abends. Vorzugsweise mischt man die Kleie in Joghurt, Birehermüsli und gebundene Suppen. Zusätzlich sollten mindestens 2-3 dl Flüssigkeit getrun­ Tab. 4. Diätetische Maßnahmen ken werden. Bei unvorsichtigem Einsatz der Kleie (und anderer Vermehrung der Ballaststoffe (Getreide. Gemüse. Früchte) Quellmittel) kann es zur mechanischen Dickdarmobstruktion Genügend Flüssigkeit: 1.5— 2 I/Tag kommen 1221 (Tab. 4). 2 dl eisgekühlten Fruehtsaft heim Aufstehen Weglassen obstipierender Nahrungsmittel. z.B. Schokolade. Rotwein Zusatz von Kleie (Weizen. Hafer) als Quellmittel Medikamentöse Therapie Medikamente kommen erst zum Zug. wenn die oben erwähnten Maßnahmen nicht greifen (Tab. 5). Medikamentöse Quellmittel Tab. 5. Medikamentöse Therapie sind unbedenklich, wenn sie vorsichtig eingesetzt und. wenn Quellmittel nötig, langsam gesteigert werden. Der Körper reagiert oft vor­ Leinsamen übergehend mit Bauchschmerzen und Flatulenz. Wenn die Agiolax mite® S. pl. ovatae + Isp. husk Colosan mite® (z) Gummi Karayae Quellmittel unwirksam sind, müssen sie mit Laxantien kombi­ Laxiplant soft* Testac S. pl. ovatae niert werden. Wir verwenden in erster Linie die angegebenen Metamucil® Psyllium-Mucilloid Kombinationspräparate. Als Alternative stehen die osmotischen Quellnüttel + Lixantien Laxantien und die Kontaktlaxantien zur Verfügung. Lactitol und Agiolax® (+ Fr. Sennae) Colosan® (z) (+ Extrakt Frangulae) Lactulose haben in etwa die gleiche Wirkung, Laeiilol wird von Laxiplant® (+ Fr. Sennae) den Patienten aber aus geschmacklichen Gründen bevorzugt (ei­ Osmotische Dixantien gene, noch nicht veröffentlichte Studie). Osmotisch wirkende Schwer resorbierbare Zucker: Salze werden vor allem von Laien in der Selbstmedikation ein­ Laktitol = Importal® gesetzt. Kontaktlaxantien wirken bei Kontakt mit der Kolon­ Laktulose = Duphalac® schleimhaut direkt perislaltikfördernd. Das Gleitmittel Paraffinöl Salze: Mg-Sulfat. Bittersalz. Karlsbader Salz sollte nicht über längere Zeit angewendet werden, da cs mit der Kontakt-Laxantien Resorption von Nahrungsbestandteilen interferieren kann. Zu­ Bisacodyl = Dulcolax® dem wird es in geringen Mengen resorbiert, wodurch Fremdkör­ Phenolphthalein = Darmol® pergranulome entstehen können. Gleitmittel Wenn nötig, können Laxantien nicht nur mit Quellmitteln, son­ Paraffinöl dern auch mit osmotischen oder Kontaktlaxantien kombiniert Motilitätsförderung Cisaprid = Prepulsid® werden, z.B. Agiolax und Importal. Das Ziel der Therapie ist ein Rektaleinläufe zur Stuhlerweichung Stuhl von halbfester Konsistenz alle 1-3 Tage. Sofern es nicht Mikroklist® zum Durchfall kommt, ist wahrscheinlich auch eine längerfristi­ Practo-Clyss® ge Anwendung von Anthrachinonglykosiden (Scnna und Frán­ Clisma-Fleei® gula) unbedenklich. Suppositorien Ein Medikament, von dem man sich einen Platz in der Behand­ Glycerin = Bulboid® Bisacodyl = Dulcolax® lung der chronischen Obstipation erhofft, ist das neue Prokineti­ CO.-freisetzend = Lecicarbon' kum Cisaprid (Prepulsid®). Es handelt sich um das erste Proki­ Hohe Einläufe netikum, welches nicht nur auf den oberen Magen-Darm-Trakt. Klyx-Magnum® sondern auch auf Dünn- und Dickdarm wirkt. Die jetzige Dosie­ Practomil® rung schwankt zwischen 3 x 5 und 2 x 20 mg Cisaprid täglich. z = Zuckerfrei. Erste Studien sind ermutigend [23, 2 4 1. Ätiologie. Abklärung und konservative Therapie Hammer der Obstipation Literatur 9 Chaussade S. Roche H. Khyari A. 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Ätiologie, Abklärung und konservative Therapie der Obstipation

Visceral Medicine , Volume 10 (3): 8 – Jan 1, 1994

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Publisher
Karger
Copyright
© 1994 S. Karger AG, Basel
ISSN
2297-4725
eISSN
2297-475X
DOI
10.1159/000178376
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Abstract

HAUPTTHEMA • MAIN THEME Chirurgische Gastroenterologie 1994;10:262-269 B. Hammer Ätiologie, Abklärung und Gastroenterologische Abteilung konservative Therapie der Medizinischen Klinik C, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz der Obstipation Schlüsselwörter Zusammenfassung In den meisten Fällen von chronischer Obstipation läßt sich keine behandelbare Ursa­ Chronische Obstipation Therapie, konservative und chirurgische che finden. Trotzdem soll stets danach gesucht werden, um eventuell eine kausale The­ Kolontransitzeit rapie einzuleiten. Bei leichten Formen kann ohne Abklärung direkt mit einer meist Defäkographie wirksamen konservativen Therapie begonnen werden. Wirkt diese Therapie nicht oder Manometrie handelt es sich um eine schwere Form, ist eine Abklärung nötig. Diese umfaßt in einem ersten Schritt Anamnese, klinische Untersuchung, Labor sowie Ano- und Rektosigmoi- Elektromyographie Ballonexpulsionstest doskopic, in einem zweiten Schritt Koloskopie oder Kolon-Doppelkontrast-Einlauf sowie die Bestimmung der Kolontransitzeit. Letztere gestattet eine Klassifikation in Obstipation mit verlängerter und normaler Transitzeit. Bei terminaler Obstipation er­ folgt eine Defäkographie; der klinische Stellenwert von Manometrie, Elektromyogra­ phie und Ballonexpulsionstest ist noch nicht sicher definiert. Eine chirurgische Thera­ pie soll erst nach Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten und genauer Abklä­ rung von Kolon und Rektum mit anorektaler Funktionsprüfung ins Auge gefaßt werden. Key Words Summary Chronic constipation A causal therapy of chronic constipation requires the investigation of its causes despite Treatment conservative and surgical the fact that in many cases the cause cannot be found. Nevertheless in most mild cases Colonic transit time an effective conservative therapy can be started. Investigation in severe cases starts with Defaecography patient's history, clinical examination, laboratory report and procto-sigmoidoscopy, fol­ Manometry lowed by colonoscopy, double-contrast enema and measurement of colonic transit time. Electromyography Defaecography is useful in cases of distal constipation whereas the clinical value of Balloon expulsion test manometry, electromyography and balloon expulsion test is not yet defined. A surgical therapy should not be considered before failure o f adequate conservative treatment. Definition zweite auf Klagen wie Gefühle der unvollständigen Entleerung, starkes Pressen bei der Defäkation, zu kleine oder zu harte Obstipation ist ein Symptom vieler Erkrankungen mit unter­ Stühle. schiedlichen Mechanismen (1 ]. Bis heute existiert keine allge­ mein akzeptierte Definition der chronischen Obstipation. Die Ätiologie meisten Autoren sprechen von einer Obstipation, wenn der Pati­ Bei den meisten Patienten findet man keine identifizierbare Ur­ ent zwei oder weniger Stühle pro Woche absetzt oder/und über Störungen der Stuhlentlecrung klagt. Die erste Abnormität be­ sache. In diesem Fall kann man von «idiopathischer chronischer zieht sich also auf eine zu geringe Frequenz der Stühle, die Obstipation» sprechen, obwohl dieser Begriff unterschiedlich Dr. mcd. B. Hammer €> 1994 S. Karger GmbH. Gastroenterologische Abteilung Freiburg der Medizinischen Klinik C Kantonsspital Sankt Gallen CH-9007 Sankt Gallen Tab. 1. Identifizierbare Ursachen einer chronischen Obstipation verwendet wird. Dazu zählt man Patienten mit verlängerter, aber auch mit normaler Kolontransitzeit. Die Abgrenzung einer idio­ Äußere Ursachen pathischen chronischen Obstipation zum Colon irritabile mit Ungenügende Diätfaserzu fuhr vorwiegender Obstipation ist unscharf. Ein Colon irritabile die­ Ungenügende Flüssigkeitszufuhr Ungenügende körperliche Aktivität ses Typs wird am ehesten dann diagnostiziert, wenn krampfarti­ ge Abdominalschmerz.cn vorherrschen, der Patient häufig Stuhl­ Kolorektale Erkrankungen Tumoren drang verspürt, oft vergeblich preßt oder dann nur kleine, harte Entzündliche Stenosen Stühle (Ziegenkot. Bleistiftstühle) entleert. Gelegentlich herrscht Chronischer Volvulus auch Schleimabgang mit oder ohne Stuhl vor. Vielleicht leiden Hernien Patienten mit einem Colon irritabile und Obstipation an einem Fremdkörper (z.B. Kotsteine. Bezoare) hyperaktiven Sigma, was zu den kleinen Stuhlpartikeln führt, Rektumprolaps Proctitis ulcerosa welche schwierig zu entleeren sind [2]. Auch bei der «chroni­ Rektozele schen intestinalen Pseudoobstruktion» ist eine Ursache für die Kongenitales Megakolon (Morbus Hirschsprung) dabei auftretende Obstipation oft nicht erkennbar. Es handelt Dermatomyositis sich um einen chronischen Ileus ohne mechanische Ursache. Die Sklerodermie Amyloidose Störung kann auf das Kolon beschränkt bleiben oder auch höhe­ re Abschnitte des Gastrointestinaltrakts betreffen. Anale Erkrankungen Stenose Eine Mehrzahl identifizierbarer Ursachen für eine chronische Fissur Obstipation sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Das Vorhanden­ Kryptitis sein einer der genannten Erkrankungen beweist noch nicht den Hämorrhoiden ursächlichen Zusammenhang. Dieser ist erst durch «trial and Analschleimhauiprolaps error», d.h. durch eine kausale Therapie zu beweisen oder zu Ventral ektoper Anus entkräften. Beckenhodendysfunklion Die Ernährung der westlichen Welt ist allgemein arm an Diätlä- Syndrom des spastischen Beckenbodens (= Anismus) Syndrom des deszendierenden Perineums sem. In den letzten Jahren hat sich hier allerdings ein Wandel vollzogen. Ein zunehmender Faseranteil in der Nahrung verkürzt Medikamente die Kolontransitzeit und erhöht Menge und Frequenz der Stühle. Analgetika Antazida Leichte chronische Obstipationen sind auf diese Weise einfach Anticholinergika zu behandeln [3|. Leider trifft dies für manche Patienten mit Cholestyramin schwerer Obstipation nicht zu. Ungenügende Flüssigkeitszufuhr Diuretika betrifft vor allem ältere Leute und psychotische Patienten. Zu Eisen Kardiologika (v.a. Kalziumantagonisten. geringe körperliche Aktivität oder Inaktivität vermindert die Ganglienblocker. Beta-Rezeptorenblocker usw.) Kolonperistaltik, was insbesondere bei Beltlägcrigkeit zum Aus­ Laxantienabusus druck kommt. Nichtsteroidale Antirheumatika Bei vielen kolorektalen und analen Erkrankungen ist der Zusam­ Psychopharmaka (vor allem Antidepressiva. Sedativa. Opiate usw.) Wismut menhang zur chronischen Obstipation klar. Nicht selten ergeben Zytostatika sich aber auch hier Kausalitätsproblemc. Dies trifft vor allem für die häufigen Hämorrhoiden zu: Sind sie Ursache oder Folge ei­ Neurologische Erkrankungen Para- und Tetraplegie ner chronischen Obstipation? Besteht überhaupt ein Zusammen­ Multiple Sklerose hang? Eine epidemiologische Arbeit von Johanson und Sonnen­ Parkinsonismus berg [4] stellt einen Zusammenhang in Frage. Autonome Neuropathie Beckenbodendysfunktionen kommen vor allem bei jungen Frau­ Stoffwechsel- und endokrine Erkrankungen en vor. welche den Beckenboden nicht entspannen können Diabetes mellitus (Anismus) oder die eine Geburtsschädigung des den Musculus Hypothyreose Porphyrie puborectalis und M. sphincter ani extemus innervierenden Ner­ Hypokaliämie vus pudendus aufweisen. Eine Traktionsneuropathie kann aber Hypercaleämic (z.B. Tumoren. Hyperparathyreoidismus usw.) auch durch häufiges Pressen als Folge einer schweren chroni­ Urämie schen Obstipation irgendwelcher Genese auftreten. Bleivergiftung Bei jeder Obstipation muß daran gedacht werden, daß sic medi­ kamentös verursacht sein kann. Man muß den Patienten genau Psychische Erkrankungen Depression danach fragen, da er insbesondere selbstverordnete Medikamen­ Schizophrenie te oft zu nennen vergißt oder verschweigt, z.B. Laxantienabu- Chronische Angstzustände sus. Bei letzterem muß es sich aber wirklich um einen Abusus Neurosen usw. handeln und nicht um einen mäßigen Gebrauch von Laxantien 263 kanal mittels Rektalpalpation: Ist der Anus an normaler Stelle zur Behandlung einer chronischen Obstipation! Eine Pseudome­ lanose des Kolons ist ein Schlüssel zur Diagnose eines chroni­ und normal konfiguriert oder ventral verlagert? Klafft der Anus? schen Laxantienabusus mit Anthrachinonglykosiden. Dieser Besteht ein Rektum- oder Analsehleimhautprolaps? Kann man beim Spreizen des Anus eine Analfissur oder einen Prolaps er­ Nachweis kann bei gewissen Laxantien (Phenolphthalein. Bisa­ kennen? Funktioniert der Analreflex? Dieser besteht darin, daß codyl) auch im Urin geführt werden. Bei neurologischen Erkrankungen gibt die Allgemeinuntersu­ eine Berührung der Perianalhaut zu einer Kontraktion des M. chung den Hinweis, sofern es sich nicht um eine auf den Darm sphincter ani externus führt. Kommt es beim starken Pressen zu beschränkte Erkrankung handelt. einem stärkeren Tiefertreten des Beckenbodens als Hinweis für ein deszendierendes Perineum oder zu einem sichtbaren Pro­ Alle erwähnten Stoffwechsel- und endokrinen Erkrankungen können zu chronischer Obstipation führen. Beim Diabetes melli­ laps? Ist bei der Rektalpalpation der Sphinktertonus vermindert, tus ist die Obstipation das häufigste gastrointestinale Symptom. normal oder erhöht? Ist diese Untersuchung schmerzhaft als Unter den psychischen Erkrankungen weisen Depressionen jed­ Hinweis für eine Analfissur? Tastet man einen Tumor oder Pro­ laps? Besteht eine Rektozele? weder Genese, aber auch die chronische Schizophrenie, häufig eine Obstipation auf. Auch nichtpsychotische Störungen wie Labor chronische Angstzustände und neurotische Fehlentwicklungen verschiedener Genese neigen zu Obstipation. Psychologische Als obligate hämatologische Untersuchungen sind zu nennen: Untersuchungen bei Patienten mit chronischer Obstipation haben Bestimmung von Hämoglobin. Leukozyten, Thrombozyten und die Blutsenkungsreaktion. Laborchemisch von besonderer Be­ allerdings recht widersprüchliche Ergebnisse gezeigt (Literatur- deutung sind Blutzucker, Kalzium. Kalium. Harnstoff und ein Übersicht bei Wald et al. |5 |). Schilddrüsen-Scrcening. Ano- und Rektosigmoidoskopie Abkärungsverfahren Als Vorbereitung für diese Untersuchung genügt ein rektales Klysma. Für die Analregion eignet sich das kurze Anoskop mit einer Arbeitslänge von 8— 10 cm am besten. Man kann mit die­ Eine leichte chronische Obstipation bedarf unseres Erachtens sem Instrument eine Analfissur. Hämorrhoiden, eine Kryptitis keiner Abklärung, sondern direkt einer Therapie ex juvantibus. Reagiert der Patient nicht auf die Behandlung oder handelt es usw. am besten erkennen. Will man höhere Abschnitte untersu­ sich um eine schwere Form, sind Abklärungsmaßnahmen nötig. chen. verwendet man entweder ein starres Rektoskop von Die Abklärungsverfahren müssen auch bei allen Patienten einge­ 20-30 cm Länge oder ein Fibcrsigmoidoskop. Wir verwenden setzt werden, welche früher einen geregelten Stuhlgang hatten nur noch das letztere Instrument, da die Belästigung des Patien­ und neu an einer chronischen Obstipation leiden. Jede Abklärung ten wesentlich geringer ist und man mit dem 60-cm-lnstrumenl leicht in das Sigma und in das Colon descendens gelangt. Man beginnt mit Anamnese und klinischer Untersuchung. sucht nach organischen Läsionen wie Tumoren. Stenosen, einem okkulten Rektumprolaps usw.. welche als Ursache einer termina­ Anamnese len Obstipation in Frage kommen. Auch die Ausdehnung einer Hier gilt es vor allem zu erfahren, was der Patient unter Obstipa­ Proktitis nach kranial kann damit genau erfaßt werden. Während tion versteht. Liegt überhaupt eine Obstipation gemäß der oben eine schwere Colitis ulcerosa praktisch immer mit Durchfall ein­ gegebenen Definition vor? Meint der Patient eine zu geringe hergeht. führt eine Proktitis eher zu einer chronischen Obstipati­ on. Eine Pseudomelanose als Folge eines Laxantienabusus mit Stuhlfrequenz oder/und Schwierigkeiten bei der Defiikation? Bestehen Hinweise auf eine der in Tabelle I genannten Ursa­ Anthrachinonglykosiden läßt sich durch bräunliche oder chen? Großer Wert ist auf die Medikamentenanamnese zu legen, schwärzliche Verfärbung der Schleimhaut (Pseudomelanose) er­ auch was die Selbstmedikation anbelangt. Nach Laxantien ist kennen. speziell zu fragen. In einer Spitalbefragung an 287 Patienten ei­ ner HNO-Klinik in London stellte Moore-Gillon [6] fest, daß Koloskopie sich 8 1 % der Befragten Laxantien selber besorgen, während le­ Diese Untersuchung erfordert eine gründliche Vorbereitung des diglich 19% vom Arzt verschriebene verwendeten. Enthält die Kolons mit einer oralen Lavage mit einer Salzlösung unter Zu­ Kost genügend Ballaststoffe? Wie steht es mit Flüssigkeitszu­ satz von Polyäthylenglykol oder mit Anthrachinonglykosiden fuhr und körperlicher Aktivität? Hat der Patient eine ordentliche (z.B. X-Prep®). Die totale Koloskopie bis zum Zökalpol gibt Toilette und genügend Zeit zur Defäkation? gewisse Hinweise für Motilitätsstörungen wie spastisches Kolon und läßt die Länge und Weite des Kolons abschätzen. Diese Klinik Parameter sind aber sehr ungenau. Die Koloskopie dient in er­ ster Linie zur Erkennung organischer Läsionen wie Tumoren Bestehen Hinweise für eine abdominale Erkrankung? Dazu ge­ und entzündlicher Stenosen und zur Erfassung der Pseudomela­ hört auch die Inspektion und Untersuchung von Anus und Anal­ nose. 26 4 Hammer Ätiologie. Abklärung und konservative Therapie der Obstipation lung der chronischen Obstipation in Patienten mit verlängerter Kolon-Doppelkontrast-Einlauf Diese Methode setzen wir nur ein, wenn die Koloskopie ein auf­ und solchen mit normaler Kolontransitzeit (Tab. 2). Bei der chronischen Obstipation mit verlängerter Kolontransitzeit kann fallend langes oder/und weites Kolon ergibt. In diesem Falle ist das gesamte Kolon betroffen sein oder eines oder zwei der drei eine totale Koloskopie mit dem übliehen Instrument mit 140 cm langem Arbeitskanal oft nicht möglich, und ein Dolieho- oder/ Segmente. Wenn die Akkumulation der Marker nur das Rektum und Megakolon oder Megarektum kann radiologiseh besser (Rektosigmoid) betrifft, spricht man von terminaler Obstipation. Bei diesen Patienten muß eine Funktionsstörung in diesem Be­ quantifiziert werden. Ein langstreckiger Morbus Hirschsprung reich vermutet und durch die unten angeführten Methoden abge­ läßt das kontrahierte aganglionäre Segment gut erkennen. Eine Differenzierung zwischen dem kongenitalen Megakolon (M. klärt werden. Eine Fehlermöglichkeil der Kolontransitzeit- Hirschsprung) und einem erworbenen Megarektum oder Mega­ Bestimmung liegt darin, daß die bei einer terminalen Obstipation im Rektum (Rektosigmoid) liegenden Marker durch Rctroperi- kolon gelingt ebenfalls. Bei letzteren Störungen reicht die Ba- riumsäulc bis in den Analkanal hinein. Bei kurzstreckigem M. Hirschsprung kann der Kolon-Doppelkontrast-Einlauf diagno­ stisch versagen. In diesem Fall sind eine anorektale Manomctrie und eine mindestens die Submukosa erfassende Biopsie nötig. Bleiben Zweifel, benötigt man eine chirurgische Vollwand­ biopsie. Ein M. Hirschsprung im Erwachsenenaller stellt eine Rarität dar |7|. Koloniransilzeil Mit dieser Untersuchung wird die kolorektale Motorik gemes­ sen. Noch im Bereich der wissenschaftlichen Forschung befin­ den sich nuklearmedizinische Untersuchungen [8); es ist zu hof­ fen. daß sie in naher Zukunft auch von praktischem Interesse sein werden, da die Strahlenbelastung sehr gering ist. Durchge­ setzt hat sich heute die orale Einnahme röntgendichter Marker und der Nachweis ihres Transportes und Verschwindens in der Abdomen-Röntgenaufnahme. Früher setzte man dazu mehrere Röntgenaufnahmen ein, heute versucht man, wegen der Strah­ lenbelastung mit einer einzigen Aufnahme auszukommen. In Anlehnung an die Arbeiten von Chaussade et al. |9 | und Met- calf et al. (10| verwenden wir folgende Methode: Der Patient nimmt vom I. bis 6. Tag morgens um 9.00 Uhr mit dem Früh­ stück eine Gelatinekapscl mit je 10 verschiedenen röntgendich- ten Markern ein (Hersteller: Fa. P. + A. Mauch, Münchenstein, Schweiz). Am 7. Tag um 9.00 Uhr wird eine Abdomen-Röntgen­ aufnahme durchgeführt. Die verbleibenden Marker werden ge­ zählt. Die Kolontransitzeit in Stunden ergibt sich aus der For­ Abb. 1. W. U. 9 19 5 1. Chronische Obstipation mit verlängerter totaler mel: Anzahl Marker x 2.4. Die Methode gestattet die Bestim­ Kolontransitzeit von I05.6 h (44 Marker x 2.4). Die segmentären Kolon- mung der totalen Kolontransitzeit und segmentärer Kolontransit­ transitzeiten lassen sich errechnen durch folgende Unterteilung des Abdo­ zeiten (Abb. I ). Die Mittelwerte der totalen Kolontransitzeit für mens- vertikale l.inie entlang der Dornfortsätze bis zur kaudalen Begren­ Männer betragen nach Metcalf et al. |I 0 | 33,3 ±4 .3 h und für zung von I.WK 5. Schräge Linien beidseits zum Innenrand der Darmbein­ schaufeln. Frauen 46,9 ± 3.7 h. Unter Berücksichtigung der Mittelwerte und der zweifachen Standardabweichung liegen die Normalwer­ te zwischen 65 und 70 h. Die segmentalen Transitzeiten werden durch Aufteilung des Abdomens in ein rechtsseitiges und ein linksseitiges Kolon und das Rektum (Rektosigmoid) errechnet. Tab. 2. Klassifikation der chronischen Obstipation nach Es ergeben sich folgende mittlere Transitzeilen für Männer bzw. Kolontransitzeit Frauen: 1. Verlängerte Koloniransilzeil - rechtes Kolon: 9.2 ± 2.4 bzw. 19.0 ± 2.0 h. Ganzes Kolon - linkes Kolon: 9.9 ± 2.3 bzw. 15.3 ± 2,0 h. - Rechtsseitiges Kolon - Linksseitiges Kolon - Rektum (Rektosigmoid): 14.3 ± 2 .0 bzw. 12.5 ± 1.7 h. - Terminale Obstipation Der Methode hängen viele Fehlerrhöglichkeiten an. auf die hier 2. Normale Koloniransilzeil nicht eingegangen werden kann. Sie erlaubt aber eine Untertei­ 265 Manometrie. Mit dieser Methode untersucht man einerseits das staltik in die höhergclcgcnen Kolonabschnitte zurückbefördert rektale Reservoir und andererseits den Sphinkterapparat mit dem werden können, so daß man unter Umständen fälschlicherweise eine Transportstörung in den höheren Kolonabschnitten an­ Sphincter ani internus und externus. Die Untersuchung geschieht nimmt [ 111. Es gibt aber auch Patienten, welche eine Transport- durch Einführung von Meßsonden in den Analkanal und in das Rektum. Die Methodik gestattet. Ruhedrücke. Drücke nach will­ Störung im rechtsseitigen oder/und linksseitigen Kolon und zu­ kürlicher Kontraktion des Sphincter ani externus und die Er­ sätzlich eine tenninale Obstipation aufweisen |12). Unter den Patienten mit normaler Kolontransitzeit-Obstipation befinden schlaffung des Sphinkterapparates bei Erhöhung des abdomina­ sich offenbar zwei Gruppen: Patienten mit subjektiven Defäkaii- len Druckes zu prüfen. Durch wassergefüllte Ballonsonden kann weiter untersucht werden, bei welchem Volumen die Rektumfül­ onsstörungen trotz fehlender motorischer Funktionsstörung und lung verspürt wird (Füllungsempfindung), das Volumen, bei solche mit eingebildeten Obstipationsproblemen. Es ist zu hoffen, daß sich aus den Erkenntnissen der Kolontran­ dem reflektorisch eine Relaxation des inneren Schließmuskels sitzeit in Zukunft differenzierte konservative Therapien ableiten auftritt (Schwellenwert der Relaxation, rektoanaler Inhibitions- lassen. Dies ist zur Zeit nur für gewisse Formen der terminalen refiex). das Volumen, bei dem der Kontinenzreflex eintritl und chronischen Obstipation (z. B. Klysmen. Biofeedback) der Fall. das Volumen, bei welchem Inkontinenz auftritt. Man kann über­ dies durch Füllung des Rektums das Volumen messen, welches Elektromyographie und Manometrie des Kolons durch rezeptive Relaxation ohne Druckanstieg aufgenommen Diese Methoden sind sehr aufwendig und bedingen die Einfüh­ werden kann (Compliance). rung von elektrischen oder Druckmeßsonden mittels eines Kolo- Neben diesen auf Druck basierenden Untersuchungen ist es auch skopes. Sie sind deshalb Speziallaboratorien Vorbehalten. möglich, die Empfindlichkeit des Anoderms und der perinealen Haut durch Messung der minimal empfundenen Stromstärke Chaussade et al. [131 sind allerdings der Auffassung, daß solche Methoden unerläßlich sind zur Selektion von Patienten für eine oder von Wärmeschwankungen zu quantifizieren. Speziallabora­ subtotale Kolektomie. torien gelingt es. aufgrund dieser Untersuchungen Rückschlüsse auf die Genese einer Obstipation zu ziehen. Anorektale Funktionsprüfung bei terminaler Obstipation Ballonexpulsion. Diese von Bames und Jones 117] 1985 inaugu­ Diese beginnt, wie bereits erwähnt, mit der sorgfältigen klini­ rierte Methode hat zum Ziel, die Defäkation durch einen mit schen Untersuchung. Die radiologische Kolon-Doppelkontrast- Wasser gefüllten Ballon zu simulieren. Der Patient wird aufge­ fordert. den mit 50. 100 oder 150 ml gefüllten Ballon zu expri­ Untersuchung kann ein kongenitales oder erworbenes Megarek­ mieren. Es scheint, daß Patienten mit Beckenbodendysfunktion tum oder Megakolon erkennen, es handelt sich dabei aber nicht um eine eigentliche Funktionsprüfung. Alle Funktionsprüfungen dies nicht oder nur bei kleinem Volumen tun können. sind heute noch mit methodischen Problemen behaftet, und häu­ Anorektale Elektromyographie. Selten gemessen wird die elek­ fig fallen sie auch bei gesunden Testpersonen pathologisch aus. trische Aktivität im glatten M. sphincter ani internus. Die Stan- Dies erstaunt nicht, da die Untersuchungsanordnung unphysiolo- dardelektromyographie besteht in der Einführung einer Elektro­ gisch ist und der Patient physisch und psychisch «entblößt» wird. de in den M. sphincter ani externus oder/und M. puborectalis. Gute Übersichten finden sich bei Chaussade et al. 113] und Gem­ Im Gegensatz zu den anderen quergestreiften Muskeln des Orga­ senjäger [14], nismus befinden sich diese beiden Muskeln in einem permanen­ Defäkographie. Bei dieser erstmals von Mahieu et al. ]15. 16| ten Zustand elektrischer Aktivität. Preston und Lennart-Jones entwickelten Technik wird ein dicker Bariumbrei in das Rekto- |18] untersuchten eine Gruppe von Patienten mittels röntgen- sigmoid eingebracht und die Defäkation radiologisch in Ruhe, dichter Marker und stellten dabei eine terminale Obstipation fest. während der Defäkation und bei willkürlicher Kontraktion des Beim Ballonexpulsionstest waren diese Patienten nicht fähig, einen mit 50 ml Wasser gefüllten Ballon zu exprimieren und Sphinkterapparates festgehalten. Die Dynamik der Defäkation kann auch im Videofilm festgehalten werden. Die Defäkogra­ zeigten dabei keine Verminderung der elektrischen Aktivität im phie hat zum Ziel, beim Obstipiertcn Anomalien zu entdecken, M. puborectalis und M. sphincter ani externus; cs zeigte sich welche die Ursache einer terminalen Obstipation sein können. sogar eher eine erhöhte Aktivität eines oder beider Muskeln, Man muß sich aber auch bei dieser Methode bewußt sein, daß vergesellschaftet mit einer Druckerhöhung im Analkanal. Diese die gefundenen Veränderungen nicht unbedingt einen Kausali- Störung entspricht dem spastischen Beckenbodensyndrom oder tätsbeweis darstellen und transitorische Veränderungen auch bei Anismus. Chirurgische Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu gesunden Probanden Vorkommen. z.B. eine Rektozele. die sich ziehen, scheint wegen der widersprüchlichen Resultate zur Zeit zunächst füllt und dann wieder problemlos entleert. Die studier­ aber noch zu früh. Vielleicht eignen sich diese Patienten zu ei­ ten Parameter sind die Messung des anorektalen Winkels in nem Biofeedback-Training [19]. Ruhe, seine Öffnung bei der Defäkation, das Vorhandensein Manometrie. Ballonexpulsion und Elektromyographie sind spe­ oder Fehlen einer Einbuchtung durch die Puborekialis-Schlinge. zialisierten Laboratorien Vorbehalten und können weitere Hin­ das Auftreten einer vorderen oder hinteren Rektozele, das Auf­ weise zur einzuschlagenden Therapie geben. Wie bereits er­ treten eines inneren Prolapses, eventuell mit Intussuszeption. wähnt. sind die Ergebnisse aber noch recht kontrovers, und die und die Messung des perinealen Deszensus beim Preßakt. Nützlichkeit für die Klinik ist noch nicht sicher definierbar. 26 6 Hammer Ätiologie. Abklärung und konservative Therapie der Obstipation P raktische A b k lä ru n g sta k tik Allgemeine Maßnahmen Chronische Obstipation ist ein sehr häufiges Symptom in der Körperliche Aktivität regt das Kolon zu vermehrter Transportlei­ westlichen Well. Leichte Formen benötigen keine Abklärung, stung an. Auf welchem Wege dies geschieht, weiß man heute sondern eine Therapie, welche mit allgemeinen und diätetischen Maßnahmen beginnt. Wirkt diese Behandlung nicht oder han­ noch nicht genau. Sehr wichtig ist die Medikamentcnanamnese. delt es sich um eine schwerere Form der Obstipation, empfehlen Wenn immer es möglich ist. sollen obstipierende Medikamente (vergl. Tab. 1) reduziert, geändert oder abgesetzt werden. Das wir eine Abklärung in zwei Stufen: /. Stufe: Anamnese. Klinik inklusive Analinspektion und «stille Örtchen» sollte so gestaltet sein, daß der Gang dorthin Rektalpalpation. Labor. Anoskopie- und Proktosigmoidosko­ nicht zum Alptraum wird. Essen ist wahrscheinlich der wichtig­ pie. ste physiologische Faktor zur Aktivierung des Kolontransportes. Dieser «gastrokolische Reflex» funktioniert am besten morgens An diese Stufe schließt sich eine konservative Therapie an. nach dem Frühstück. Man sollte sich auch genügend Zeit lassen. Wirkt sie nicht, erfolgt die Durch ständiges Unterdrücken des Dranges zum Stuhlgang kann - 2. Stufe: hohe Koloskopie (eventuell Kolon-Doppelkontrast- Einlauf). Kolonlransitzeit. Defäkographie bei terminaler Ob­ der Delakationsrellex verlorengehen. Unterstützende Bauch­ deckenmassage wird von oral nach aboral entlang des Kolons stipation. empfohlen. Bei Beckenbodendysfunktion stellt das Biofeed­ Bei Risikopatienten (z.B. älteren Patienten mit neu aufgetretener back-Training eine neuere Methode dar. Sie wurde zunächst bei Obstipation) führen wir regelmäßig eine hohe Koloskopie durch. Diese dient zum Nachweis einer organischen Ursache. z.B. ent­ der Inkontinenz erprobt, und erstmals von Denis et al. [21] an zündlicher Stenose. Karzinom. Ist die Untersuchung normal, er­ einem Patienten mit einer Form des Anismus (hypertoner oberer folgt im Abstand von einigen Tagen die Bestimmung der Kolon- Analkanal) 1979 erfolgreich erprobt. Bei diesem Verfahren wird dem Patienten eine Manometriesonde eingeführt, mit welcher transitzeit. Ergibt sich der Befund einer terminalen Obstipation, wird eine Defäkographie angeschlossen, insbesondere dann, man den Druck im Rektum und im Analkanal messen kann. Mit den neuen Apparaten können auch elektromyographische Mes­ wenn eine chirurgische Therapie in Erwägung gezogen wird. sungen mittels Kontakteleklroden vorgenommen werden. Der Manometrie. Ballonexpulsion und Elektromyographie des Ano- rektums erfordern große Erfahrung und ein spezialisiertes La­ Patient lernt, bei zunehmender Druckerhöhung im Rektum sei­ hor. Sie sind zur Therapieentscheidung selten notwendig. nen Sphinkterapparat zu entspannen. Es handelt sich also um eine Form der Verhaltenstherapic. Seine Erfolge oder Mißerfol­ ge kann der Patient an einem Oszillographiesehirm verfolgen. Die Erfolge dieser Therapie scheinen gut zu sein, wenn auch Konservative Therapie Langzeitergebnisse noch fehlen f19 1. Die Methode ist in der Schweiz wenig verbreitet und steht uns an unserem Spital noch Das Vorgehen ist auch heute noch empirisch. Vor Einleitung ei­ nicht zur Verfügung. ner Therapie muß man sich zwei Fragen stellen: Psychotherapie wird allgemein skeptisch beurteilt. Bei einem 1. Liegt überhaupt eine behandlungsbcdürftige Obstipation vor? Bei vielen Patienten besteht eine Urangst, sich innerlich zu psychischen Grundleiden. z.B. einer Depression, ist allerdings vergiften, wenn der Darm nicht wenigstens einmal täglich eine kausale psychiatrische Therapie denkbar (Tab. 3). entleert wird (Horror autotoxicus) (20|. Diese Patienten benö­ tigen eine Aufklärung, aber keine Therapie. Laxantienabusus ist. so paradox es tönt, in der westlichen Welt eine der häufig­ sten Ursachen der chronischen Obstipation! Vor allem bei Frauen ist der Abusus stark verbreitet. Erzielt man mit Laxan­ tien Diarrhö, und das verstehe ich unter Abusus, entsteht eine Dehydratation, Hypokaliämie und damit ein Circulus vitiosus Tab. 3. Allgemeine Maßnahmen mit sekundärer Obstipation. Chronischer Laxantienabusus Änderung der Lebensgewohnheiten kann zu irreversiblen Schäden der glatten Muskulatur und der - Vermehrte körperliche Aktivität intramuralen Darmplexus führen. Ist es noch nicht zu einer - Streßabbau irreversiblen Schädigung gekommen, muß man versuchen, Reduktion. Änderung oder Absetzen obstipierender Medikamente Toilette diese Patienten langsam von ihrem Laxantienabusus zu ent­ - sauber, gute Lüftung wöhnen. - Besuch nach dem Frühstück: «gastrokolischer Reflex» 2. Findet sich eine behandelbare Ursache der chronischen Obsti­ - genügend Zeit investieren pation? Mögliche Ursachen sind in Tabelle I zusammenge- - Drang zum Stuhlgang nachgeben Bauchdeckenmassage läßt. Biofeedback bei Beckenbodendysfunktion Die empirische Therapie umfaßt'allgemeine und diätetische Psychotherapie Maßnahmen. 267 Diätetische Maßnahmen Rektaleinläufe und Suppositorien werden vor allem bei der ter­ minalen Obstipation eingesetzt. Für hohe Einläufe ist unserer Ansicht nach nur bei einer akuten Exazerbation einer chroni­ Die Vermehrung der Ballaststoffe in der Diät erfolgt durch Zula­ ge von Gemüse und Früchten und insbesondere von Vollkorn­ schen Obstipation Platz. produkten. Auf eine Flüssigkeitsmenge von 1,5-2 I/Tag ist zu Für diabetische Patienten sei noch erwähnt, daß Colosan mite® achten, vorzugsweise zu den Mahlzeiten. Über Nacht in den und Colosan® zuckerfrei sind. Zu den semikonservativen Therapien kann man die Sklerosie­ Kühlschrank gestellter frischgepreßter Fruchtsaft beim Aufste­ rung oder Gummibandligatur bei Schleimhautprolaps und Hä­ hen getrunken, führt zur Anregung der Peristaltik durch den phy­ sikalischen Kältereiz und den chemischen Reiz der Fruchtsäuren. morrhoiden zählen. Gewisse Patienten können obstipierende Nahrungsmittel benen­ Eine chirurgische Therapie darf nur nach Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten und genauester Abklärung der vor­ nen. hier besteht aber eine große Variationsbreite. Wenn zusätz­ liegenden Funktionsstörung ins Auge gefaßt werden. lich Kleie nötig ist. so muß man bei deren Einsatz behutsam Vorgehen, z.B. zu Beginn 2 Kaffeelöffel abends. Vorzugsweise mischt man die Kleie in Joghurt, Birehermüsli und gebundene Suppen. Zusätzlich sollten mindestens 2-3 dl Flüssigkeit getrun­ Tab. 4. Diätetische Maßnahmen ken werden. Bei unvorsichtigem Einsatz der Kleie (und anderer Vermehrung der Ballaststoffe (Getreide. Gemüse. Früchte) Quellmittel) kann es zur mechanischen Dickdarmobstruktion Genügend Flüssigkeit: 1.5— 2 I/Tag kommen 1221 (Tab. 4). 2 dl eisgekühlten Fruehtsaft heim Aufstehen Weglassen obstipierender Nahrungsmittel. z.B. Schokolade. Rotwein Zusatz von Kleie (Weizen. Hafer) als Quellmittel Medikamentöse Therapie Medikamente kommen erst zum Zug. wenn die oben erwähnten Maßnahmen nicht greifen (Tab. 5). Medikamentöse Quellmittel Tab. 5. Medikamentöse Therapie sind unbedenklich, wenn sie vorsichtig eingesetzt und. wenn Quellmittel nötig, langsam gesteigert werden. Der Körper reagiert oft vor­ Leinsamen übergehend mit Bauchschmerzen und Flatulenz. Wenn die Agiolax mite® S. pl. ovatae + Isp. husk Colosan mite® (z) Gummi Karayae Quellmittel unwirksam sind, müssen sie mit Laxantien kombi­ Laxiplant soft* Testac S. pl. ovatae niert werden. Wir verwenden in erster Linie die angegebenen Metamucil® Psyllium-Mucilloid Kombinationspräparate. Als Alternative stehen die osmotischen Quellnüttel + Lixantien Laxantien und die Kontaktlaxantien zur Verfügung. Lactitol und Agiolax® (+ Fr. Sennae) Colosan® (z) (+ Extrakt Frangulae) Lactulose haben in etwa die gleiche Wirkung, Laeiilol wird von Laxiplant® (+ Fr. Sennae) den Patienten aber aus geschmacklichen Gründen bevorzugt (ei­ Osmotische Dixantien gene, noch nicht veröffentlichte Studie). Osmotisch wirkende Schwer resorbierbare Zucker: Salze werden vor allem von Laien in der Selbstmedikation ein­ Laktitol = Importal® gesetzt. Kontaktlaxantien wirken bei Kontakt mit der Kolon­ Laktulose = Duphalac® schleimhaut direkt perislaltikfördernd. Das Gleitmittel Paraffinöl Salze: Mg-Sulfat. Bittersalz. Karlsbader Salz sollte nicht über längere Zeit angewendet werden, da cs mit der Kontakt-Laxantien Resorption von Nahrungsbestandteilen interferieren kann. Zu­ Bisacodyl = Dulcolax® dem wird es in geringen Mengen resorbiert, wodurch Fremdkör­ Phenolphthalein = Darmol® pergranulome entstehen können. Gleitmittel Wenn nötig, können Laxantien nicht nur mit Quellmitteln, son­ Paraffinöl dern auch mit osmotischen oder Kontaktlaxantien kombiniert Motilitätsförderung Cisaprid = Prepulsid® werden, z.B. Agiolax und Importal. Das Ziel der Therapie ist ein Rektaleinläufe zur Stuhlerweichung Stuhl von halbfester Konsistenz alle 1-3 Tage. Sofern es nicht Mikroklist® zum Durchfall kommt, ist wahrscheinlich auch eine längerfristi­ Practo-Clyss® ge Anwendung von Anthrachinonglykosiden (Scnna und Frán­ Clisma-Fleei® gula) unbedenklich. Suppositorien Ein Medikament, von dem man sich einen Platz in der Behand­ Glycerin = Bulboid® Bisacodyl = Dulcolax® lung der chronischen Obstipation erhofft, ist das neue Prokineti­ CO.-freisetzend = Lecicarbon' kum Cisaprid (Prepulsid®). Es handelt sich um das erste Proki­ Hohe Einläufe netikum, welches nicht nur auf den oberen Magen-Darm-Trakt. Klyx-Magnum® sondern auch auf Dünn- und Dickdarm wirkt. Die jetzige Dosie­ Practomil® rung schwankt zwischen 3 x 5 und 2 x 20 mg Cisaprid täglich. z = Zuckerfrei. Erste Studien sind ermutigend [23, 2 4 1. Ätiologie. Abklärung und konservative Therapie Hammer der Obstipation Literatur 9 Chaussade S. Roche H. Khyari A. 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Journal

Visceral MedicineKarger

Published: Jan 1, 1994

Keywords: Chronische Obstipation; Ballonexpulsionstest; Therapie, konservative und chirurgische; Kolontransitzeit; Defäkographie; Manometrie; Elektromyographie

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