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(Aus dem Pathologischen Institut der Universität Zürich.) Von 15. .T . KOSZEWSKI. Dir Fälle von diffuser «Osteosklerose» beim Neugeborenen sind sehr selten, und außer den Beobachtungen von Aßnutnn (1907) und M. B. Schmidt (1907) sind uns keine weiteren Mitteilungen dieser Art bekannt. W ir sind in der Lage, über einen weiteren Fall von angeborener generalisierter Osteosklerose* zu berichten, welcher wegen seiner weiteren Zusammenhänge erhebliches Interesse ver dient. Es stellen sich im wesentlichen zwei Probleme: 1. Die Stellung der kongenitalen Osteosklerose zur Marmor knochenkrankheit Albers-Schönberg. 2. Die Beziehung der Osteosklerose zur Blutbildung. Krankengeschichte (Univ.-Kinderklinik Zürich, Dir. Prof. I)r. G. Fan coni)'. Keine Blutsverwandtschaft der Eltern. Valor gesund, Mutter leidet an Otosklerose. Das erste Kind dieser Ehe, ein $ Mikrozephaler, Start) unmittel bar nach der Gehurt. Das zweite Kind, $, lebt, ist pastös. Sowohl hei den Eltern wie auch bei dem lebenden Kinde lassen sich röntgenologisch keine abnormen Veränderungen am Knochensyslem nachweisen. Das dritte Kind, ein Knabe, Spontangeburt bei ziemlich großem Ihjilntm- nion, wiegt bei der Gehurt 4450 g und ist 54 cm lang. Zuerst leicht asphyktisch, erholt sich aber bald. Mikrozephalie. Klumpfüße. Die Versuche, es zu ernäh ren. lösen starke allgemeine Spasmen aus. Muskulatur hochdradig hypertonisch. Wenn man die Arme streckt und dann wieder fahren läßt, erfolgt ein merk würdiger, etwa 1 Min. anhaltender, klonischer Krampf der oberen Extremitä ten. Reflexe gesteigert. Pyramidenzeichen unsicher. Blutkalzium 9,4 mg°/o, Blutphosphate nicht bestimmt. Blutbild: Lcukoeyten 12800, davon 3®/o stab-, ßß°/o segmenlkernige Neutrophile, ß°/o Eosinophile, 3*/»°/« Monocylen, 2l'l »alu Eymphocylen. Bote: Größe und Form nicht sicher zu beurteilen. Keine Poikilo- cylose. Hh-Füllung sehr gut. Bei Durchsicht 4 polyorlhochromatische Erythro- blasten, einer davon in Karyorrhexis. 1 Die Bezeichnung «Osteosklerose» wird im Text aus geschichtlichen Grün den, mit Rücksicht auf die bisherige Namengebung beibehnllcn, wenn cs sich auch in unserem Falle um eine diffuse, generalisierte Hyperostose oder Ge- samlhyperoslose im Sinne Uehlingers (Virch. Arch. SOS, 390, 1941) handelt. Eingegangen: 28.5. 1918. P ath o lo g ie und Itakteriologie, Vol. XII, Pasc. 1 (1949) 1 42 Ko sz cw sk i, Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose Tod 2 Tage nach der Geburt und 1 Stunde nach der Einweisung in die Klinik. Klinische Diagnose: Erühspasinophilie. Multiple Mißbildungen. liöntgenbild des re. Annes (Abb. 11 : Knochenform erhalten, Knochenkerne dem Aller entsprechend, ln allen Knochen eine starke diffuse endostale Skle rose, wobei die feinere Struktur noch erhalten bleibt. Kompakt» stark verdickt, besonders in der Schaftmille der langen Knochen. Sowohl die Humerus- wie auch die Radius- und Ulnadiaphyse zur Gänze verknöchert. Epiphysenlinien glatt, regelmäßig. An der Ulna läßt sich die halbmondförmige Aussparung der Ellenbeuge bereits erkennen. An der Handwurzel ist ein kleiner Knochenkern des Os hamatum ('.). das normalerweise bei Knaben erst im ö.—4. Lebens monat aufzulreten pflegt, vorhanden. Die Diaphysen der Melacarpalia und der Eiliger sind verknöchert. .1 hb. I. Röntgenbild des rechten Armes (postmortal). Näheres s. Text. beklionsbelund (S. Nr. 268/40, Obd. Dr. Koszcwski): Diffuse generalisierte Hyperostose. Des equinovarus links und Des calcaneovalgus rechts. Angeborene llernia scrotalis bris, mit Verlagerung des ganzen Dünndarmes in den Bruch sack. Coecum mobile. Micrencephalie. Dilatation rordis dext. Akute Slauungs- organe. llarnsäureinfarklc der Nierenpapillen. Aus dem Sektions/irotokoll: 50 cm lange. 4100 g schwere, männliche Leiche eines Neugeborenen mit allen Reifezeichen. Stirn flach, leicht zurück weichend, Orbitae vorspringend (Andeutung von Vogelgesichl). Beine gebeugt. Linker Ruß everliert und plantarflektiert, Fußgewölbe hohl. Rechter Fuß dorsalflektierl. invertiert, Fußgewölbe abgeflacht. Kontrakturen auch mit Anstrengung nicht überwindbar. Finger stark flektiert, eingerollt (Kamptodaklylie). Ganzer Dünndarm durch die weiten Leislenkanäte in das Scrotum ausge treten. Coecum mobile. Im Mediastinum große, dreilappige, 5 g schwere Thymus. Iler; schlaff, rechlsdilatierl. Punktförmige Blutungen im Epicard an K o s z e w s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hypcroslose 43 der Herzbasis und im Kammerseptum. Lungen lufthaltig. normal gelappt. Schilddrüse blaßbraunrot, zweilappig, wiegt 20 g. MHz mißt 6 : 3 : IV2 cm, wiegt 15 g. Schnittfläche dunkelklaurot, glatt. Leber mißt 1 2 : 8 : 3 cm, wiegt 1(50 g. Ober- und Schnittfläche glatt, gelbbraunrol, gul erkennbare Läppchen zeichnung, derbe Konsistenz. Pankreas mittelfest, mit deutlicher Läppchen zeichnung. X ehennieren o. B. Xieren messen bds. 5'/a : 2'/s : 2 cm, wiegen zu sammen 40 g. Renculuszeichnung gut ausgebildet. An den Pyramidenspitzen bds. ziegelrote Streifung. Hypophyse klein. Gehirn auffallend klein, unterent wickelt. Mikroskopische Untersuchung der innern Organe, mit Ausnahme des Hirns, normal. In Leber und Milz nur wenige kleine Blutbildungsherdc, keine Ver mehrung des Kisenpigmentes. Schilddrüse und Thymus unverändert. Epithel körperchen auch in Serienschnillen nicht gefunden. Hypophyse normal. Makroskopischer Befund am Skclellsyslem: Schädel: Große Fontanelle I : 1 cm, gespannt. Nähte schmal. Knochendicke über Slirnhöckcr 1 mm Inor- mal 2 mm). Sägefläche kompakt, hellgrau, strukturlos. Knochenober- und -innenfläche glatt. Schädeldach- und -basisknochen auffallend lirrt. blaßgrau. Foramina der Schädelbasis glatlrandig. Wirbelsäule gerade mit glatten, auf fallend hartem Wirbelkörpern. Aufschlagfläche gleichmäßig blaß graurot, Spongiosa dicht, besonders im Zentrum der Wirbelkörper. Spongiosabälkchen und Aussparungen trotz der abnormen Verdichtung noch deutlich erkennbar. C.orlicalis verdickt. Knorpel weißgrau. Beckenknochen ebenfalls auffallend hart, wenn auch äußerlich unver ändert. Auf Schnitt (os pubis) wenig verdichtete, blaßrole Spongiosa. Beeilter Femur 9,7 cm lang, gerade, sehr hart. Oberfläche glatt, Gelenk flächen mit glattem Knorpelüberzug. Compacta sehr hart, eburnisiert, blaß grau, im Bereich der Diaphyse stark verdickt, bis 3 mm messend. Spongiosa gegen die Diaphyse zunehmend stark verdichtet, in der Mitte der Diaphyse durch die stark verdickte Compacta auf einen nur 2 mm breiten Streifen ein geengt. Beide Epiphysenlinien deutlich ausgebildet, gerade, ln der unteren Epiphyse ein 4 mm breiter Knoehenkern, der ebenfalls sehr dichte Beschaffen heit aufweisl (Abt). 2). t'brige Knochen nicht untersucht. ,\bb. 2. Sägcflächc des rechten Femurs. Man beachte die starke Verdichtung der Spongiosa, besonders im Bereiche der Mctaptiy.se, und die starke Ver dickung der Compacta im Bereich der Diaphyse. • f 44 K o s z e \v s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose Mikroskopische Uiitersuclmng der Knochen. l'emnr: Epiphysenfugenknorpel regelmäßig, bildet gegen die Metaphysc zu regelmäßige, axial gestellte Knorpelsäulen. Knorpelzellen stark gebläht. Diese werden von der Markhöble her durch ein gefäßreiches Gewebe mit zahlreichen Chondroklaslen angenagt, so daß nur die schlanken, längsgeslelllen Pfeiler von verkalkter Knorpelgrundsubstanz übrigbleihen. Epiphy.senliiüe wellig, regelmäßig (Abb. 3). Ahb. :}. Ausschnitt aus der oberen Femurepiphysenlinic i .Voi/on/ Kärbung), 1 : 150. Näheres im Text. An den schlanken, längsgeslelllen Stützbalken starke Kandverkalkung und Anlagerung von Knochensubstanz, zuerst in Form von schmalen Oesleoidsäu- mcn und soliden Knochenkugeln. Nach unten rasch zunehmende Bildung von teils konzentrisch ungeordneten, meist jedoch unregelmäßigen Knochenlamel len an die primordialen Knochcnhälkchcn. Die engen Markräume werden breiter, und es formt sich in ihnen myeloi sches Mark. Im Vergleich zum normalen Foetusknochen zeigt diese Schicht keine we sentlichen Unterschiede. Die eigentliche Störung, die in unserem Fall zur Sklerosierung des Knochens führt, läßt sich erst in der Metaphysc erkennen und bestellt im Ausbleiben des Umbaues der primordialen Spongiosa in die sekundäre S pongiosa. Während epiphysennahe noch ein weitgehender Knochenknorpelabbau er folgt, die Markräume weiter und zahlreicher und die Knochcnhälkchcn seltener werden, findet in der Metaphysc eine zunehmende Anlagerung von Knochen substanz an die alten und die neugebildelen Knochcnhälkchcn stall, ohne daß der Knochenabbau damit Schritt hält. Das angelagcrte Knochengewebe erreicht eine enorme Breite von 3—4 und mehr Lagen. An umschriebenen Stellen fin det man Wucherung von großen, retikulär ungeordneten Zellen, die von einer homogen anssehenden, schlecht färbbaren Substanz auseinandergedrängt wer- K o s z e w s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose 45 den, was ganz an die von Policard und Leriche beschriebenen Bilder von Kno- chengewebsentstehung erinnert. An diesen Stellen geht offenbar eine über stürzte Knochenbildung vor sieb, und das neuentstandene Knochengewebc fügt sieb zwischen die bestehenden Knochenbälkchen in Form von Knoehen- hrücken ein (Abb. 4). Die Kittlinien aber, wie auch die Knochenbälkchen selbst, sind auffallend wenig buchtig beschaffen. Diese überstürzte knochenbildende Tätigkeit des Markes erschöpft sich jedoch bald; tätige, cpilhclähnliche Osteoblasten lassen sich nirgends er kennen, den meisten Knochenbälkchen liegen flache, spindelförmige Endosl- zellcn an. Das neugebildele cncbondrale Knocheagewebe zeigt auch insofern eine Abweichung von der Norm, als ihm meist die lamellare Streifung fehlt, die Knochenzcllen unregelmäßig verteilt sind und einen breiten Cytoplasmahof und meist kurze, plumpe Ausläufer zeigen. Abb. 4. Knochenbrücke aus der Fcmurmela Abb. 5. Femurdiaphysc mit Verdichtung und physe mit Zeichen überstürzter Knochenge- Vermelming des Spongiosagerüstes. Zahlreiche wcbsbildung. Wucherung der Osteoblasten am axiale Knorpclgrundsubslanzeinschlüsse. Ver oberen Kami der Abbildung. Feinfaserige dickung der Kompakta. (v. Gieson-Färbung). Vergr. 1:40. •Struktur des überstürzt gebildeten Knochen gewebes. (H'E-Färbung). \'ergr. 1:300. Lakunäre Knochenbälkchen mit Osteoklasten in den Buchten lassen sieh in der Nähe der Epiphysenlinie nachweisen, im übrigen Schnitt dagegen fin det man nur ganz, vereinzelte Osteoklasten, denen meist keine //oms/ii/ischen Lakunen entsprechen. Eine Resorption findet dennoch statt, wie das die oft blolJgclegten axialen Knorpelgrundsubstanzpfeiler beweisen. Der Knochen abbau erfolgt jedoch einzig durch die lineare Resorption, was zum Liegenblei ben der primordialen gemischten Knochenbälkchen führt, die dann durch die fortwährende Anlagerung von neuem Knochengewebe eine abnorme Dicke erreichen. Die metaphysären, gemischten Knochenbälkchen reichen bis zur Mitte des Schaftes und sind hier vielfach mit der Rinde verschmolzen. Die l'mbauzonc. des Knochens ist verbreitert, und es kommt zur Verdichtung und Vermehrung des Spongiosagerüsles (Abb. 5). Reste von verkalkter Knorpelgrundsubslanz lassen sich bis in die Diaphyse 46 K o s zc w s k i . Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose uachweisen und scheinen sogar im Schafibereiche größer zu sein als epiphysen nahe *. Verkalkte Knorpelgrundsubslanzeinschlüssc in der Mclaphyse lassen sich zwar auch am Femurknochen normaler .Neugeborener (2 Vergleichsfälle) gelegentlich beobachten, jedoch sind sie hier viel kleiner. Auch zeigt der normale Ncugeborenenknochen kein so engmaschiges, groblamclläres Kno chengewebe wie in unserem Falle. Das im Bereiche der Epiphysenlinic sehr gefäßreiche Knochenmark wird in der Mclaphyse zellreicher, um schon hier den Charakter eines myeloischen Markes mit auffallend vielen eosinophil granulierten und unreifen Zellformen anzunehmen. Nur wenige Knochenmarksriesenz.cllon. In der Diaphyse tritt inselförmig das Fettmark auf. Die Kompakta weist ebenfalls weitgehende Veränderungen auf. Während an der Epiphysenlinie eine schmale Schale des periostalen Knochens bestellt, erreicht die Kompakta in der Schaflmitle beträchtliche Dicke, teils durch periostale Knochengewehsneuhildung, teils durch Anlagerung von Spongiosa- hälkehen. Hier ist auch die Grenze zwischen Kompakta und Spongiosa un deutlich. Der Osleonenaufbau fehlt vollkommen. Die dicken, plumpen, unregel mäßigen Knochenlamelleusystome werden durch schmale, blaue, auffallend glatte Kittlinien voneinander abgegrenzt. Das Knochengewebe ist außerordent lich dicht, wechselnd zellreich, mit stellenweise sehr großen, plumpen, baso philen Kernkörperchen. Die //aoer.sschcii Räume sind sehr eng, von locker- fibröser Beschaffenheit. Wirbel (Frontalschnilti: Regelmäßige Kpiphysenllnien. Riehtungsbälkchen aus Knorpclgrundsubstanz schlank. Knochenbälkchen gegen das Zentrum des Wirbelkörpers an Dicke zunehmend, hängen vielfach miteinander zusammen, llie und da werden die axialen Pfeiler aus Knorpelgrundsubstanz bloßgelegt, was bei Fehlen von Osteoklasten für einen linearen, durch die Gefäße voll zogenen Knochengcwebsabbau spricht. Die Knorpclgrundsubstanzcinschlüssu treten mengenmäßig dem Knoehengewebe gegenüber zurück, lassen sich jedoch bis gegen das Wirbelzentrum nacliweisen. Knochenbälkchen mit langspin- deligcn, flachen Zellen belegt. Zentrale Spongiosabälkchcn sehr breit, mit sehr großen, unregelmäßig verteilten, basophilen Knochenkörperchen und grob faseriger Grundsubstanz. Es handelt sieh um den von Uijkslra beschriebenen und für den darniederliegenden Knochenabbau charakteristischen plexiformen periostalen Belegknochen, der nicht resorbiert wurde und dreieckförmig in den Wirbel cinragl. Knochenmark sehr zellreich, vom myeloischen Gharakter. Ueckenknochen: Weite Markräume mit myeloischem Mark. Eher dicke Knochenbälkchen mit unregelmäßig gebauter Knoehensubslanz und schlanken Einschlüssen von verkalkter Knorpclgrundsubstanz. Knochenknorprlgrenze regelmäßig. ■ Daß es sich dabei um echte Knorpelgrunilsubslanzeinschlüsse handelt, kann man sich an Hand der Se/imor/sehcn Färbung, die sonst zur Darstellung der Knochenkörperchen gebraucht wird, überzeugen. Die Knorpclgrundsubstanz erscheint bei dieser Färbung dunkelblau, während das Bindegewebe und die Knochengrundsubstanz ungefärbt bleiben. K os ze w s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose 47 SchätMkalolle: Innere und äußere Knoehensehichl sehr dick, kompakt, grobfaserig. Ursprüngliche Markräume durch den plumpen, schlecht färbbaren Knochen eingeengt. Knochenlamellen meist unregelmäßig. Knochenkörperchen groß, plump, stark basophil, unregelmäßig verteilt. Zwischenschicht sehr schmal, ebenfalls slark verdichtet. Knochcnbälkchen nur zum Teil Inmcllär, in ihrem Aufbau ungeordnet, mit unregelmäßigen, glallrandigen Kitllinien. Spongiosabälkchen mit länglichen, l'lachspindeligen Zellen belegt. Nur an umschriebenen Stellen Oesleoblastenwucherungen. ln den engen Markräumen zellreiches, blutbildendes Mark. Keine Auflagerungen an der Außen- und Innenfläche des Knochens. Beurteilung. Nach dem vorliegenden makroskopischen und mikroskopi schen Befund handelt es sich in unserem Falle um eine Systein- erkrankung des Skelettes, die in keiner Weise an die bisher heim Kindesaller beschriebenen Knochenerkrankungen erinnert. Sie zeichnet sich vorwiegend durch eine allgemeine Hemmung des Knochenumbaues aus, die zu einem t'bervviegen des Knochen- gewebsanbaues und zur allgemeinen diffusen Hyperostose führt. Die Veränderungen betreffen sowohl die Spongiosa (Endoslose) wie auch die Korlikalis (Periostose); sowohl die chondrale wie die desmalc Knochengewebsbildung ist gestört. In allen Knochen bleibt die physiologische Art des Knochenabbaues, die lakunäre Resorption, aus, während die Anlagerung von neuem Knochen gewebe an die bestehenden Strukturen weiter vor sich geht. Das neugebildete end- und periostale Knochengewebe bleibt bestehen. Hohe Osteoblasten finden sich n u r an den umschriebenen Stellen, an denen eine überstürzte Knochengcwebsneubildung vor sich geht. Den meisten Knochenbälkchen liegen jedoch nur flache spindelige Endostzellen an, die anscheinend nicht vollwer tigen Knochen ausbilden (M. B. Schmidt), wie das aus der un regelmäßigen Stellung und Größe der Knochenzellen und aus der Verzerrung der lamellaren Streifung hervorgeht. Das Fehlen von Osteoblasten und Osteoklasten ist besonders auffallend: der Knochen sieht wie in einem Ruhezustand aus. wäh rend doch nach dem gesamten mikroskopischen Bild ein Fort- schreiten des Verknöcherungsprozesses angenommen werden muß. Als Erklärung für diese ungewöhnlichen Befunde muß eine Schwäche des knochenbildenden Markanteiles angenommen wer den, indem sowohl bei der chondralen wie auch bei der desmalen Verknöcherung kein regelrechtes Knochengewebe gebildet wird 48 K os ze w s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hyperoslose und das neugebildete nicht abgebaut werden kann. Wodurch diese Abweichungen gegenüber dem normalen Knochengewebe begründet und welche Faktoren für die Sklerose verantwortlich sind, läßt sich nicht ohne weiteres bestimmen. Es muß ausdrück lich betont werden, daß es sich morphologisch in erster Linie um quantitative Abweichungen von den normalen Verhältnissen, nur um eine Hemmung eines an sich normal verlaufenden Verknö- chenmgsprozesscs handelt. Nach .1/. B. Schmidt lassen sich drei große Gruppen von dif fusen systematisierten Osteosklerosen unterscheiden: J. die auf die Wirkung gewisser Gifte, wie Phosphor, Strontium, Fluor und Arsen, zurückgehenden, «reaktiven» O., 2. die mit Blutkrankheiten (Leukaemie, Pseudoleukacmie, An- aemie, Polyglobulie) vergesellschafteten O., 3. die Marmorknochenkrankheit (MnK). Von diesen kommen hier nur die beiden letzten in Betracht, wobei die Abgrenzung gegen die MnK von besonderer Wichtig keit ist. Die Marmorknochenkrankheit Albers-Schönbery zeigt pathologisch-anatomisch mannigfaltige Veränderungen, und die Beschreibung der einzelnen Forscher (A'adolny, Schulze, Kraus und Walter, Krauspe, Dijkstra, Gerstel u. a.) weichen stark voneinander ab. Gemeinsam ist die Annahme einer Störung der enchondralen Ossifikation, der nach Krompechcr ursächlich der mangelnde Abbau des Epiphysenknorpels zugrunde liegt. Die Veränderungen lassen sich bereits am Säulenknorpel nachweisen, der sehr schmal ist und dessen Zellen nur wenig gebläht sind. Nach Auflösung der Knorpelzellen bleiben infolgedessen sehr breite, plumpe Beste von verkalkter Knorpelgrundsubstanz bestehen, die ein eng maschiges Netz bilden. Diese breiten, plumpen Knorpeleinschlüsse verhindern die Bildung der primären Knochenbälkchen, so daß sich der primäre osteoidähnliche Knochen zu Ballen vereinigt und als Füllmasse in die Diaphysen hinabwächst (Gerstel). Gegen die Diaphyse erfolgt ein langsam fortschreitender Knochenumbau mit intensiver Osteoidenlwicklung. Es resultiert eine allgemeine endostale Sklerosierung ohne Beteiligung des Periostes. Die Spon giosaräume sind stark eingeengt, das Mark ist immer von locker fibröser Beschaffenheit. Ganz, anders liegen die Verhältnisse in unserem Falle. Der Knorpelabbau gestaltet sich normal, die Knorpelgrundsubstanz- resle an der Epiphysenlinie übersteigen das Maß des Normalen K o s z c w s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose 49 nicht. Osteoid ist nur in Form von spärlichen schmalen Streifen vorhanden, und nirgends läßt sich die für den Marmorknochen so charakteristische, seine sämtlichen Markräume ausfüllende osteo idähnliche Füllmasse feslstellen. Die Sklerose läßt sich an den langen Knochen mit Sicherheit erst im Bereich der Metaphyse erkennen, während bei Marmorknochenkrankheit die Sklerosie rung bereits im Bereiche der primären Markräume voll aus- gebildet ist. Im Gegensatz zum Marmorknochen sind auch die Markräume in unserem Falle überall mit blutbildendem Mark ausgefülll. Pathogenetisch betrachtet besteht also zwischen den beiden Knochenkrankheiten ein prinzipieller Unterschied, indem in unserem Falle die morphologisch faßbare Abweichung im späteren Stadium zum Vorschein kommt und die Umwandlung der an sich normal angelegten primären Spongiosa in die sekun däre Spongiosa unterbleibt, während beim jugendlichen Mannor knochen es nicht einmal zur Ausbildung der primären Spongiosa kom m t und ein qualitativ und quantitativ abnormer Knochen an gelegt wird. Von den mit Blutkrankheiten einhergehenden Osteosklerosen t lleu ck) sind sichere Fälle nur hei den Erwachsenen beschrieben worden. Die Pathogenese dieser Erkrankungen ist sehr proble matisch und die Beziehungen zwischen Blulkrankheil und Skle rose nicht leicht zu deuten. Es ist immer noch umstritten, ob es sich bei den Knochenveränderungen um eine sekundäre Erschei nung der Blulkrankheil (Seum ann, v. Baumgarten) handelt oder um eine primäre Sklerose, welche im weiteren Verlaufe dauernd oder vorübergehend Blutveränderungen verursacht. Aus dem Blutausstrich und den vorliegenden Knochenschnillen lassen sich in unserem Falle keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Bluterkrankung gewinnen, ebenso konnten wir keine übermäßige Erythro- und Myelopoese beobachten; die in Leber und Milz ge fundenen Blutbildungsherde übersteigen das gewohnte Maß nicht. Die für die kindlichen Blulerkrankungen charakteristische Häufung von Riesenzellen im Knochenmark konnte ebenfalls nicht beobachtet werden. Auch im Falle, daß der Nachdruck auf die Osteosklerose gelegt wird und die Blutveränderungen ledig lich als Folgen einer über das Ziel hinausschießenden kompen satorischen Markhyperplasie angesprochen werden, besteht kein Grund, das vorliegende Krankheitsbild als Frühform einer Osteo myelosklerose (Grieshammer) zu deuten. Ko sicwski , Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose Für eine Lues congenita bestehen histologisch keine Anhalls punkte. Die übrigen pathogenetisch interessanten Abarten m Verknöcherung, wie knotige ur.d streitige Endostose (OsUopoi kilie), tubuläre Sklerose (Apitz), generalisierte Hyperostose mit Pachydermie (Fricdreich-Erb-Arnold), kongenitale hndostose t er langen Röhrenknochen (Scheideyyer), lassen sich moipholo„isch gut gegen das von uns beschriebene Krankheitsbild abgienzin. Die beiden von Aßmann und M .B. Schmidt beschriebenen Fälle von angeborener Osteosklerose wurden nachträglich duich Kraus und Walter (1905) der Marmorknochenkrankheil zugt- rcchnet, und M. B. Schmidt, obwohl e r sich anfänglich gtg<n dit st Deutung aussprach (11)27), beschrieb in seiner 1 landhucharbeit (1937) den eigenen Fall als Frühform der Mannorknochenki ank- heit. Es ist uns aufgefallen, daß sich die histologischen Refunde in diesen beiden Fällen mit den unsrigen vollkommen deckt n um gegenüber dem sicheren jugendlichen Marmorknoclun (K ruuspi> Dijkstra, Gerstel, u.Godin), bei dem die Diagnose schon Ultra vitam gestellt werden konnte, starke Unterschiede aufweisen M. B. Schmidt war sich dieser Schwäche bewußt, indem ei dit 1 ferenzen im Schrifttum besonders hervorgehoben hat und hinlu der Marmorknochenkrankheit ätiologisch und pathogem hsc i verschiedene Leiden vermutete. Wir verdanken dem Lntgigmkom men von Herrn Prof. u. Meyenburg die Möglichkeit, dm t i nt n Fall mit demjenigen von M.B. Schmidt, der eben lalls in Zimt i seziert wurde, zu vergleichen. Es ergab sich dabei eine lollkom mene Übereinstimmung der beiden I* alle. Dei Fall 'o n . ■ Schmidt und. wie w ir glauben, derjenige von Aßmann düi nicht mehr als F rü h fälle von Marmorknochen g iltm . Ls nu vielmehr nach dem histologischen und röntgenologischen fund eine prim äre, von Marmorknochen unterschiedliche, nu slitutionell bedingte Knochenerkrankung angenommen w t i t m . der wir den Namen einer angeborenen diffusen guuralisi Hyperostose geben möchten. Ätiologisch bleiben die Fälle ungeklärt. Im balle \<>n • • Schmidt w ar die Hyperostose noch mit angeboienti 1 eltsuc und einer vergrößerten Hypophyse vergesellschaftet; m unseum Falle w ar die H ypophyse unverändert. Inwieweit das 1 ih lm Epithelkörperchen f ü r die Hyperostose verantwortlich gun. m K o s z e w s k i , Angeborene diffuse generalisierte Hyperostose 51 werden kann, läßt .sich an Hand eines Falles und in Anbetracht der bekannten Schwierigkeiten beim Aufi'inden von Epithelkör perchen nicht beurteilen. Das familiäre Vorkommen der Mikrozephalie ist in unserem Falle sichergestellt, und per analogiam sind ähnliche Knochen veränderungen beim ersten Kinde anzunehmen. Marlin, der das Hirn unseres Falles untersuchte und es als eine ponto-olivo-cere- belläre Mißbildung deutete, nimmt als Erklärung für die außer ordentlich zahlreichen, auf verschiedener Altersstufe sich befin denden Hemmungsmißhildungen des Hirnes eine im Fölalleben periodisch einwirkende, näher nicht bekannte Noxe an. Ob diese aber endogener oder exogener Art ist. konnte nicht herausgefun den werden. In unserem Falle ist die Mikrenzephalie und die Knochenerkrankung mit weiteren Mißbildungen, wie Klump- und Spitzfuß, sowie angeborener Skrolalhernie verbunden. Diese Häu fung von Mißbildungen an den Organen spricht eher fü r ein Vitium primae formalionis, dessen Determinalionsperiode in die früheste Embryonalzeit verlegt werden muß. Liebenam hat klinisch eine ähnliche, in den Formenkreis der diffusen Osteosklerosen gehörende Skeletterkrankung mit mul tiplen (¡liedmaßendefekten bei einer 34jährigen Frau beschrieben, die er trotz Fehlens von Sippenbefunden als erbbedingt ansah. Oh unser Fall als eine schwere, mit dem Leben nicht vereinbare Variante einer angeborenen Hyperostose oder als ein weiteres Bindeglied dieser Erkrankung betrachtet werden kann, bleibt der weiteren Forschung Vorbehalten, wobei bei gehäuften Körper mißbildungen dem Skelett mehr Beachtung geschenkt werden soll. Zusammenfassung. Es wird über einen mit Mikrenzephalie und multiplen Kürper mißbildungen vergesellschafteten Fall von angeborener diffuser generalisierter Hyperostose beim Neugeborenen berichtet. Für die Hyperostose ist in unserem Falle ein Darniederliegen des Kno chenabbaues und ein relatives Überwiegen des Anbaues verant wortlich. Die Abgrenzung gegenüber der Mannorknochenkrank heit Albers-Schönberg in pathogenetischer Hinsicht wird durch geführt. Die beiden in der Literatur von Aßmann (1907) und von M. B. Schmidt (1907) niedergelegten Frühfälle von MnK gehören ebenfalls der a. d. g. II. an. 52 K o s ze w s k i , Angcborcne diffuse gencralisicrte Hyperoslosc Résumé. L’auteur décrit un cas d’hypcrostosc diffuse généralisée congé nitale chez un nouveau-né présentant, en outre, une micrencéphalie et d’autres malformations multiples. L’hyperostose est due dans ce cas à un défaut de l’ostéoclasie normale et, p ar conséquent, à une prépondérance relative de l’ostéoplasie. La maladie diffère nette ment de par sa pathogénèse particulière de la maladie d’Albers- Schônberg (Marmorknochenkrankheit). Deux autres cas, décrits l’un par Assmann en 1907 et l’autre par M. B. Schmidt en 1907, doivent être également considérés comme hyperoslo.se diffuse généralisée congénitale. Riassunto. Comunicazione su di un caso di iperostosi diffusa generaliz- zata congenita in un latíante con microencefalia e malformazioni multiple del corpo. Nel nostro caso, responsahile deH’iperostosi e una notevole diminuzione della decalcificazione ed una relativa preponderanza della calcificazione delle ossa. Ne viene discussa la delimilazione, dal punto di vista anatomo-palologico, rispetto alia marmorizzazione delle ossa di Albers-Schdnbcrg. Entrambi i casi della lelteratura di Assmann (1907) e di M. B. Schmidt (1907) di marmorizzazione precoce delle ossa, appartengono pure alia iperostosi diffusa generalizzata congenita. Summary. A microcephalic new-born with multiple malformations died 2 days after birth with signs of spasmophilia. The autopsy and microscopic study revealed congenital generalized hyperostosis of the skeleton. The hyperostosis is interpreted as being the re sult of a disturbance of the normal interplay between the osteo plastic and the osteoclastic activities of the hone tissue during fetal life, the osteoplastic function having gained preponderance. This bone disease is clearly different from Albers-Schonberg’s “Marble hone-disease”. Two other cases, one described by Assmann in 1907, the other M. B. Schmidt in 1907, were also cases of the condition described in this paper, namely of congenital general ized diffuse hyperostosis. K os z e w s k i , Angeborene diffuse generalisierle Hyperostose Bibliographie. Apitz, A'., Vireh. Arch. 305, 216, 1940. — Askanazy, M., in Handbuch d. spez. path. Anal, und Hist. Bd. 1/2, S. 891. Berlin, Springer, 1927. — Aßmann, II., Beitr. path. Anal. U . 505, 1907. — Hauer, K. II. u. IV. Bode, Erbpathologie des Stützgewebes beim Menschen, Bd. Ill, S. 105. Berlin, Springer, 1940. — C.lairmont, / ’., u. II. H. Schinz, Arch. Klin. Chir. 132, 847, 1924. — Dtjkslra, (). II.. Ann. d'Anat. path. 12, 131, 1935. — Gerstel, G., Frankf. 7.. f. Path. 5t, 23, 1937. — Godin t>., Zhl. Path. 70, 357, 1938. — Gruber, U'., in Srhwatbe- Gruber, Morphologie der Mißbildungen, Bd. I l l / 1. S. 516. Jena, Fischer, 1937. — Grieshammer, Verb, dlseh. path. Ges. 30, 381, 1937. — Harnapp, G. <)., Msehr. Kinderheilk. 6.9, 1, 1937. — Häßler, E.. u. L. Krauspe, Vireh. 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Pathobiology – Karger
Published: Jan 1, 1949
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