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Vorschlag der GFF für Digitales Gewaltschutzgesetz

Vorschlag der GFF für Digitales Gewaltschutzgesetz AfP 1/2023 Entscheidungen 37 men geben, nach denen Zugriffe durch Behörden für die Be- ches Betreiber von Internetplattformen verpflichtet, offensicht- troffenen offengelegt würden, allerdings unter Berücksichti- lich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden offline zu neh- gung von Geheimhaltungserfordernissen z.B. in der Strafverfol- men, reiche nicht aus, um Hass im Netz effektiv zu bekämpfen. gung. Die Vereinbarung sieht zudem vor, dass es unabhängige Viele große Social Media-Betreiber wie z.B. Twitter hielten sich und vor staatlicher Einflussnahme geschützte, finanziell ausrei- nicht an die Vorgaben, ohne dass dies effektive Konsequenzen chend ausgestattete Aufsichtsbehörden geben soll. habe. Strafrechtliche Mittel seien oft wirkungslos, weil die Täter anonym blieben. Die GFF fordert deswegen, dass die Accounts OECD-Erklärung: Declaration on Government Access to Personal Data held by Pri- der Täter auf Antrag von Betroffenen gerichtlich gesperrt wer- vate Sector Entities v. 14.12.2022, https://legalinstruments.oecd.org/en/instruments/ den können sollen. Solche Accountsperren seien laut einem OECD-LEGAL-0487#mainText Gutachten von Prof. Dr. Marc Cole mit dem europäischen Di- Christine Libor gital Services Act vereinbar. Zudem sollen Beratungsangebote für Betroffene ausgebaut werden. Eckpunktepapier der GFF: Eckpunkte der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zum Digitalen Gewaltschutzgesetz – Mit Recht gegen dirgitale Gewalt v. Dezember 2022, https://freiheitsrechte.org/uploads/documents/Demokratie/Marie-Munk-Initiat Die private Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat Eck- ive/Eckpunkte-Marie-Munk-Initiative.pdf punkte für ein Digitales Gewaltschutzgesetz vorgestellt. Sie will damit einen Impuls setzen, damit die Bundesregierung, wie im Christine Libor Koalitionsvertrag angekündigt, aktiv wird. Das NetzDG, wel- Entscheidungen Gerichtliche Anordnung der Offenlegung von Daten Einleitung anonymer Verfasser beleidigender Online-Kommen- Unter Berufung auf eine Verletzung von Art. 10 der Konventi- 1 tare durch Medienunternehmen on rügte das beschwerdeführende Unternehmen, dass gericht- EMRK Art. 10 liche Anordnungen, die es zur Herausgabe von Daten ver- pflichteten, aus denen die Identität von Nutzern ersichtlich 1. Das Vorliegen eines Eingriffs in Art. 10 EMRK kann nicht von der war, die Kommentare auf dem Internet-Nachrichtenportal des rechtlichen Einstufung eines Anbieters als Verleger oder Host-Pro- beschwerdeführenden Unternehmens veröffentlicht hatten, vider durch die innerstaatlichen Gerichte abhängen. sein Recht auf freie Meinungsäußerung – insbesondere sein 2. Die EMRK sieht kein absolutes Recht auf Anonymität im Internet Recht auf Pressefreiheit – verletzten. vor. Sachverhalt 3. Wo die von Lesern eines Nachrichtenportals in dessen Forum eingestellten Kommentare an die Öffentlichkeit und nicht an einen Hintergrund des Falls Journalisten gerichtet sind, sind die Verfasser solcher Kommentare Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter 5 nicht als journalistische Quelle anzusehen. Haftung mit Sitz in Wien. Sie ist Eigentümerin und Heraus- 4. Ein Eingriff in die Rechte eines Medienunternehmens aus Art. 10 geberin einer Tageszeitung, die in gedruckter Form (Der Stan- EMRK durch eine Anordnung zur Aufhebung der Anonymität der dard), in digitaler Form (als „E-Paper“) und in einer Online- Verfasser solcher Kommentare wiegt weniger schwer als der Ein- Version (derStandard.at) erscheint. Das beschwerdeführende griff in einem Fall, in dem das Medienunternehmen für den Inhalt Unternehmen beschreibt seine Arbeit als multimedial, und sei- eines bestimmten Kommentars selbst haftbar gemacht, mit einer ne Redaktion unterscheidet nicht zwischen dem Print- und Geldstrafe belegt oder zur Löschung verpflichtet wird. dem digitalen Medium. Das vom beschwerdeführenden Unter- nehmen unter derStandard.at betriebene Online-Nachrichten- 5. Die innerstaatlichen Gerichte müssen im Einklang mit ihren posi- portal (im Folgenden „das Portal“) enthält von der Redaktion tiven Verpflichtungen aus Art. 8 und 10 EMRK die auf dem Spiel ste- zugewiesene Artikel und Diskussionsforen zu diesen Artikeln. henden widerstreitenden Interessen abwägen, bevor sie entschei- Am Ende jedes Artikels bietet das beschwerdeführende Unter- den, ob die Daten über die Identität des Verfassers von Kommenta- nehmen den registrierten Nutzern die Möglichkeit, Kommen- ren offengelegt werden müssen. tare abzugeben, und zwar mit einem Banner mit der Aufschrift „Ihre Meinung zählt“ und einem Feld mit der Überschrift „Ihr 6. Für diese Abwägung in Verfahren, die die Weitergabe von Nutzer- Kommentar ...“, in das sie einen Text eingeben können. daten betreffen, kann zwar eine Prima-facie-Prüfung ausreichen, aber auch diese erfordert eine Mindestargumentation zum Abwä- Im Rahmen der Registrierung (bei der neue Nutzer die All- 6 gungsergebnis. (alle nicht amtl.) gemeinen Geschäftsbedingungen des beschwerdeführenden EGMR, Urt. v. 7.12.2021 – 39378/15 – Standard Verlagsgesellschaft mbH Unternehmens akzeptieren müssen, s. unten, Rz. 7) muss jeder gegen Österreich (Nr. 3) Nutzer dem beschwerdeführenden Unternehmen seinen Vor- http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png AfP - Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht de Gruyter

Vorschlag der GFF für Digitales Gewaltschutzgesetz

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Publisher
de Gruyter
Copyright
© 2023 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.
ISSN
0949-2100
eISSN
2366-0945
DOI
10.9785/afp-2023-540117
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Abstract

AfP 1/2023 Entscheidungen 37 men geben, nach denen Zugriffe durch Behörden für die Be- ches Betreiber von Internetplattformen verpflichtet, offensicht- troffenen offengelegt würden, allerdings unter Berücksichti- lich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden offline zu neh- gung von Geheimhaltungserfordernissen z.B. in der Strafverfol- men, reiche nicht aus, um Hass im Netz effektiv zu bekämpfen. gung. Die Vereinbarung sieht zudem vor, dass es unabhängige Viele große Social Media-Betreiber wie z.B. Twitter hielten sich und vor staatlicher Einflussnahme geschützte, finanziell ausrei- nicht an die Vorgaben, ohne dass dies effektive Konsequenzen chend ausgestattete Aufsichtsbehörden geben soll. habe. Strafrechtliche Mittel seien oft wirkungslos, weil die Täter anonym blieben. Die GFF fordert deswegen, dass die Accounts OECD-Erklärung: Declaration on Government Access to Personal Data held by Pri- der Täter auf Antrag von Betroffenen gerichtlich gesperrt wer- vate Sector Entities v. 14.12.2022, https://legalinstruments.oecd.org/en/instruments/ den können sollen. Solche Accountsperren seien laut einem OECD-LEGAL-0487#mainText Gutachten von Prof. Dr. Marc Cole mit dem europäischen Di- Christine Libor gital Services Act vereinbar. Zudem sollen Beratungsangebote für Betroffene ausgebaut werden. Eckpunktepapier der GFF: Eckpunkte der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zum Digitalen Gewaltschutzgesetz – Mit Recht gegen dirgitale Gewalt v. Dezember 2022, https://freiheitsrechte.org/uploads/documents/Demokratie/Marie-Munk-Initiat Die private Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat Eck- ive/Eckpunkte-Marie-Munk-Initiative.pdf punkte für ein Digitales Gewaltschutzgesetz vorgestellt. Sie will damit einen Impuls setzen, damit die Bundesregierung, wie im Christine Libor Koalitionsvertrag angekündigt, aktiv wird. Das NetzDG, wel- Entscheidungen Gerichtliche Anordnung der Offenlegung von Daten Einleitung anonymer Verfasser beleidigender Online-Kommen- Unter Berufung auf eine Verletzung von Art. 10 der Konventi- 1 tare durch Medienunternehmen on rügte das beschwerdeführende Unternehmen, dass gericht- EMRK Art. 10 liche Anordnungen, die es zur Herausgabe von Daten ver- pflichteten, aus denen die Identität von Nutzern ersichtlich 1. Das Vorliegen eines Eingriffs in Art. 10 EMRK kann nicht von der war, die Kommentare auf dem Internet-Nachrichtenportal des rechtlichen Einstufung eines Anbieters als Verleger oder Host-Pro- beschwerdeführenden Unternehmens veröffentlicht hatten, vider durch die innerstaatlichen Gerichte abhängen. sein Recht auf freie Meinungsäußerung – insbesondere sein 2. Die EMRK sieht kein absolutes Recht auf Anonymität im Internet Recht auf Pressefreiheit – verletzten. vor. Sachverhalt 3. Wo die von Lesern eines Nachrichtenportals in dessen Forum eingestellten Kommentare an die Öffentlichkeit und nicht an einen Hintergrund des Falls Journalisten gerichtet sind, sind die Verfasser solcher Kommentare Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter 5 nicht als journalistische Quelle anzusehen. Haftung mit Sitz in Wien. Sie ist Eigentümerin und Heraus- 4. Ein Eingriff in die Rechte eines Medienunternehmens aus Art. 10 geberin einer Tageszeitung, die in gedruckter Form (Der Stan- EMRK durch eine Anordnung zur Aufhebung der Anonymität der dard), in digitaler Form (als „E-Paper“) und in einer Online- Verfasser solcher Kommentare wiegt weniger schwer als der Ein- Version (derStandard.at) erscheint. Das beschwerdeführende griff in einem Fall, in dem das Medienunternehmen für den Inhalt Unternehmen beschreibt seine Arbeit als multimedial, und sei- eines bestimmten Kommentars selbst haftbar gemacht, mit einer ne Redaktion unterscheidet nicht zwischen dem Print- und Geldstrafe belegt oder zur Löschung verpflichtet wird. dem digitalen Medium. Das vom beschwerdeführenden Unter- nehmen unter derStandard.at betriebene Online-Nachrichten- 5. Die innerstaatlichen Gerichte müssen im Einklang mit ihren posi- portal (im Folgenden „das Portal“) enthält von der Redaktion tiven Verpflichtungen aus Art. 8 und 10 EMRK die auf dem Spiel ste- zugewiesene Artikel und Diskussionsforen zu diesen Artikeln. henden widerstreitenden Interessen abwägen, bevor sie entschei- Am Ende jedes Artikels bietet das beschwerdeführende Unter- den, ob die Daten über die Identität des Verfassers von Kommenta- nehmen den registrierten Nutzern die Möglichkeit, Kommen- ren offengelegt werden müssen. tare abzugeben, und zwar mit einem Banner mit der Aufschrift „Ihre Meinung zählt“ und einem Feld mit der Überschrift „Ihr 6. Für diese Abwägung in Verfahren, die die Weitergabe von Nutzer- Kommentar ...“, in das sie einen Text eingeben können. daten betreffen, kann zwar eine Prima-facie-Prüfung ausreichen, aber auch diese erfordert eine Mindestargumentation zum Abwä- Im Rahmen der Registrierung (bei der neue Nutzer die All- 6 gungsergebnis. (alle nicht amtl.) gemeinen Geschäftsbedingungen des beschwerdeführenden EGMR, Urt. v. 7.12.2021 – 39378/15 – Standard Verlagsgesellschaft mbH Unternehmens akzeptieren müssen, s. unten, Rz. 7) muss jeder gegen Österreich (Nr. 3) Nutzer dem beschwerdeführenden Unternehmen seinen Vor-

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AfP - Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrechtde Gruyter

Published: Feb 1, 2023

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