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Am 16. Januar diesen Jahres verstarb kurz nach seinem 90. Geburtstag mit Rudolf Frankenberger ein Bibliothekar, der weit über sein eigentliches Aufgabengebiet als Direktor der Universitätsbibliothek Augsburg das deutsche Bibliothekswesen im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt hat. Auch wäre ohne ihn die Zeitschrift ABI Technik sehr wahrscheinlich nie entstanden. Wenn viele Bibliothekarinnen und Bibliothekare heute mit seinem Namen vielleicht nicht mehr allzu viel verbinden können, so liegt dies auch daran, dass er trotz seiner vielfältigen und breit gestreuten Aktivitäten ein im Kern seines Wesens bescheidener Mensch war, der von sich wenig Aufhebens machte und dem es nicht notwendig schien, im Rampenlicht stehen zu müssen. Seine Verdienste für Bibliothek und Universität Augsburg werden sicherlich an anderer Stelle eine angemessene Würdigung erfahren, so dass in diesem Beitrag auf seine umfangreichen überregional wahrgenommenen Tätigkeiten eingegangen werden soll.Rudolf Frankenberger und der leider früh verstorbene Direktor der Universitätsbibliothek der TU München, Peter Schweigler, waren die treibenden Kräfte, die sich 1980 der Idee verschrieben hatten, eine neue Zeitschrift zu gründen, welche sich von den damals existierenden Publikationsorganen im Bibliotheksbereich deutlich abheben sollte. Mit Rolf Fuhlrott (Bibliothek der TU Karlsruhe) und Werner Rittberger (wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer des Fachinformationszentrums Energie, Physik, Mathematik) fanden sie zwei Mitstreiter und mit Karlheinz Holz einen Verleger, die gemeinsam bereit waren, das Wagnis einzugehen. Und dies in einer Zeit, als noch niemand etwas mit Open Access anfangen konnte, und wegen einer sicherlich zunächst sehr überschaubaren Anzahl von Abonnements die Finanzierung überwiegend über Werbeeinnahmen erfolgen musste. Im Editorial des ersten, im Frühjahr 1981 erschienenen Heftes heißt es: Die Herausgeber dieser Zeitschrift sind […] der Meinung, dass es notwendig ist, dem in der Praxis des Informationswesens Stehenden eine Hilfe in Gestalt eines neuen Organs anzubieten, das sich besonders der technischen Fragestellungen annimmt – und zwar schnell und praxisnah.Zusätzlich wird angemerkt: „Offen sein wird die Zeitschrift auch für alle Bau-, Einrichtungs- und Ausstattungsfragen. So sollen Probleme der funktionalen Gestaltung, der Möblierung, des Designs, der Lager- und Fördertechnik sowie weiterer technischer Einrichtungen und Geräte behandelt werden […].“Rudolf Frankenberger war für die ABI Technik bis 2001 als Herausgeber tätig und er war es auch, der nach dem plötzlichen Tod von Peter Schweigler 1990 mich anrief, ob ich bereit sei, an dessen Stelle in die Position des verantwortlichen Herausgebers einzutreten. Rudolf Frankenberger gehörte von 1986 bis 1991 dem seinerzeit noch „Bibliotheksausschuss“ genannten Gremium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an; davon die beiden letzten Jahre sogar als Vorsitzender. Dies gerade in einer turbulenten Zeit, die durch gänzlich unterschiedliche Entwicklungen geprägt war. Zu nennen sind hier einmal der Umgang mit den Konsequenzen aus den 1986 publizierten Empfehlungen des Wissenschaftsrates zum Magazinbedarf der wissenschaftlichen Bibliotheken, die Diskussion um Aufgaben, Struktur und Anzahl der aufzubauenden Verbundsysteme, sowie insbesondere die für die wissenschaftlichen Bibliotheken sich ergebenden Konsequenzen aus der deutschen Wiedervereinigung. Noch viel wichtiger jedoch war Rudolf Frankenbergers Rolle in der Bibliothekskommission des Wissenschaftsrates, der er von Mitte der 1980er Jahre bis 1997 angehörte. Dieses aus meist zehn Personen bestehende Gremium, dem „nur“ drei Bibliothekarinnen bzw. Bibliothekare, aber fünf Hochschullehrende unterschiedlichster Fachrichtungen, sowie je eine Vertretung der Länder und des Bundes angehörten, war maßgeblich für die Erarbeitung von Empfehlungen zuständig, die die Bibliotheksneu- oder Erweiterungsbauten, aber auch technische und finanzielle Ausstattung sowie die Strukturen von Bibliothekssystemen der Hochschulen betrafen. Oftmals ging es dabei um finanzielle Summen, die sich im dreistelligen Millionenbereich bewegten. Ich habe seit 1989 mit Rudolf Frankenberger in dieser Kommission zusammengearbeitet und, da fast alle Entscheidungen erst nach ausführlichen Besuchen vor Ort nach intensiver Beratung mit den jeweils dort verantwortlichen Personen getroffen wurden, ihn auf vielen Reisen als einen fachlich außerordentlich versierten, dabei pragmatisch handelnden und ausschließlich an der Sache orientierten Kollegen kennengelernt. Wir hatten es gemeinsam nicht immer leicht, einerseits die manchmal überbordenden Visionen der anderen Gruppenmitglieder wieder einzufangen und die Vorstellungen auf das praktische Machbare zu reduzieren, und andererseits die Verantwortlichen vor Ort von notwendigen Strukturveränderungen zu überzeugen, da diese oftmals dazu neigten, der Fortführung des Status quo den Vorzug zu geben. Ich gebe auch offen zu, dass ich persönlich es ohne die Hilfe dieser Kommission – und hier gebührt Rudolf Frankenberger ein besonderes Lob – nicht geschafft hätte, die funktionale Einschichtigkeit in meinem „eigenen“ Bibliothekssystem an der Goethe-Universität Frankfurt durchzusetzen. Die persönliche Verbundenheit führte dann auch dazu, dass wir außerhalb von offiziellen Kommissionen und Ausschüssen tätig wurden. So hatten wir z. B. gemeinsam zusammen mit Leo Waiijers von der TU-Delft eine Empfehlung zur Weiterentwicklung des Bibliothekssystems der ETH Zürich erarbeitet, wir waren mehrmals in Auswahlgremien zur Besetzung von Leitungsstellen in Hochschulbibliotheken gefragt, und wir haben Gutachten für Landesarbeitsgerichte erstellt, wenn es um Klageverfahren bezüglich Eingruppierungen bei Bibliothekstätigkeiten ging. Um diese Aufgaben hatte Rudolf Frankenberger sich nie beworben, sondern war immer von der jeweils anderen Seite angesprochen worden, nachdem diese meist bei einschlägigen Stellen der DFG oder des Wissenschaftsrates um Hinweise auf für die jeweiligen Aufgaben geeignete Personen ersucht hatte. Auch in der Bewältigung dieser Aufgaben hat sich Rudolf Frankenberger immer als an der Sache orientiert gezeigt, nie irgendwelche persönliche Vorlieben als Grundlage seiner Entscheidungen verwendet. Seine Bescheidenheit zeigte sich auch nicht zuletzt darin, dass er seine vielfältigen Tätigkeiten außerhalb „seiner“ Bibliothek in dem jeweiligen Eintrag des „VDB-Jahrbuches“ (Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken) gar nicht erwähnte. Eine besondere Beziehung hatte Rudolf Frankenberger darüber hinaus zum österreichischen Bibliothekswesen entwickelt. Die Besuche der im Zweijahresrhythmus dort stattfinden Bibliothekartage und Berichte darüber waren für ihn essentiell. Auch nach seinem Ausscheiden aus allen aktiven Tätigkeiten blieb er „seiner“ ABI Technik bis zuletzt verbunden. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass die Zeitschrift einen festen Platz in der Fachwelt besaß und sich trotz vielfältiger Konkurrenz behaupten konnte. Noch aus Anlass seines 90. Geburtstages im Dezember 2022 hatten wir auch darüber gesprochen, aber beide nicht daran gedacht, dass das nächste Heft (Heft 4/2022 war ja bereits erschienen) für ihn eine völlig neue Bedeutung bekommen könnte. Berndt DugallEditor-in-Chief 1990–2015 bei ABI Technik
ABI-Technik – de Gruyter
Published: Feb 1, 2023
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