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Editorial

Editorial seit eine einflussreiche Aussenseiterposition von sich behauptet hat, sie kenne ,,nur eine einzige Wissenschaft, die Wissenschaft der geschichte" und diese geschichte als eine serie von Klassenkämpfen auffasste, geniesst der Konflikt einen privilegierten status in der geschichtswissenschaftlichen Aufmerksamkeitsökonomie.1 Das liegt zum einen vielleicht an der ,,unerschütterlichen praxis" des historiographischen Handwerks.2 immerhin gehört Konflikt ganz basal zum Beruf der Historikerin, belegen Quellen doch vielfach die spuren vergangener Auseinandersetzung und deren geschichtlich spezifische rahmung. Zum anderen aber haben nicht zufällig alle zentralen historiographischen strömungen des 20. Jahrhunderts ,,Konflikt" in der einen oder andern Weise konzeptualisiert. in den unterschieden zwischen diesen Konzeptualisierungen kommen sozialtheoretische Wahlverwandtschaften besonders deutlich zum Ausdruck. trat Konflikt in der marxistischen geschichtsschreibung als Antagonismus auf, so war er in modernisierungstheoretisch ausgerichteten strängen der sozialgeschichte stillgelegt in Herrschaft als einer strukturdimension unter anderen. Die poststrukturalistische Historiographie liess Konflikt aufgehen in der relationierung von Macht, während die kulturtheoretische oder interpretative Wende ­ unter anderem im Kontext der Historischen Anthropologie ­ ihn als ergebnisoffene Aushandlung in den Fluss sozialer interaktion ausströmen liess oder ihn ­ im Kontext des annalistischen ,,tournant critique" 3 ­ als Verfahren der rechtfertigung begriff, das Kritik und Kooperation in einem Kontinuum verbindet. Die beiden letztgenannten Modi interpretativer Verflüssigungen http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Historische Anthropologie de Gruyter

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Publisher
de Gruyter
Copyright
Copyright © 2016 by the
ISSN
0942-8704
eISSN
2194-4032
DOI
10.7788/ha-2016-0302
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Abstract

seit eine einflussreiche Aussenseiterposition von sich behauptet hat, sie kenne ,,nur eine einzige Wissenschaft, die Wissenschaft der geschichte" und diese geschichte als eine serie von Klassenkämpfen auffasste, geniesst der Konflikt einen privilegierten status in der geschichtswissenschaftlichen Aufmerksamkeitsökonomie.1 Das liegt zum einen vielleicht an der ,,unerschütterlichen praxis" des historiographischen Handwerks.2 immerhin gehört Konflikt ganz basal zum Beruf der Historikerin, belegen Quellen doch vielfach die spuren vergangener Auseinandersetzung und deren geschichtlich spezifische rahmung. Zum anderen aber haben nicht zufällig alle zentralen historiographischen strömungen des 20. Jahrhunderts ,,Konflikt" in der einen oder andern Weise konzeptualisiert. in den unterschieden zwischen diesen Konzeptualisierungen kommen sozialtheoretische Wahlverwandtschaften besonders deutlich zum Ausdruck. trat Konflikt in der marxistischen geschichtsschreibung als Antagonismus auf, so war er in modernisierungstheoretisch ausgerichteten strängen der sozialgeschichte stillgelegt in Herrschaft als einer strukturdimension unter anderen. Die poststrukturalistische Historiographie liess Konflikt aufgehen in der relationierung von Macht, während die kulturtheoretische oder interpretative Wende ­ unter anderem im Kontext der Historischen Anthropologie ­ ihn als ergebnisoffene Aushandlung in den Fluss sozialer interaktion ausströmen liess oder ihn ­ im Kontext des annalistischen ,,tournant critique" 3 ­ als Verfahren der rechtfertigung begriff, das Kritik und Kooperation in einem Kontinuum verbindet. Die beiden letztgenannten Modi interpretativer Verflüssigungen

Journal

Historische Anthropologiede Gruyter

Published: Dec 1, 2016

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