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‚Die albernen Classicisten.‘ Winckelmann, Nietzsche – Stil und décadence

‚Die albernen Classicisten.‘ Winckelmann, Nietzsche – Stil und décadence Hans-Gerd von Seggern‚Die albernen Classicisten‘Winckelmann, Nietzsche – Stil und décadenceUnter dem Titel Schönheit gemäß dem Zeitalter attackiert Friedrich Nietzsche im Aphorismus 161 der Morgenröthe den neobarocken Geschmack seiner Zeitgenossen scharfmit folgenden Worten: „Wenn unsere Bildhauer, Maler und Musiker den Sinn der Zeittreffen wollen, so müssen sie die Schönheit gedunsen, riesenhaft und nervös bilden:so wie die Griechen, im Banne ihrer Moral des Maasses, die Schönheit als Apollo vomBelvedere sahen und bildeten. Wir sollten ihn eigentlich hässlich nennen! Aber diealbernen ‚Classicisten‘ haben uns um alle Ehrlichkeit gebracht!“ (M, KSA  3, 145  f.).Typisch für Nietzsche: In diesen knappen Zeilen steckt eine vielschichtige Selbstpositionierung, die die Exegese sorgsam zu entfalten hat, um nicht interpretatorisch zukurz zu greifen und aussagekräftige Details zu übergehen. Was wird kritisiert?Bigott erscheint Nietzsche die fortwährende Wertschätzung des klassizistischenIdeals angesichts der Beobachtung, dass man in der Architektur beim geradenGegenteil angekommen zu sein scheint, wie beispielsweise mit Gebäuden wie derOpéra Garnier in Paris. Ex post ließe sich der Bruch mit der klassizistischen Tradition auch exemplifizieren mit der Errichtung des neobarocken – in Nietzsches Diktion‚gedunsenen‘ – Berliner Doms, der dem auftrumpfenden Stil des Kaiserreiches unterWilhelm II. entsprach, anstelle des Schinkelschen Baues.Das Stichwort ‚nervös‘ im angeführten Aphorismus 161 deutet auf Nietzsches Charakterisierung des ‚Barockstils‘ als eines Stils http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Nietzscheforschung de Gruyter

‚Die albernen Classicisten.‘ Winckelmann, Nietzsche – Stil und décadence

Nietzscheforschung , Volume 24 (1): 8 – Aug 28, 2017

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Publisher
de Gruyter
Copyright
© 2017 Akademie Verlag GmbH, Markgrafenstr. 12-14, 10969 Berlin.
ISSN
2191-9259
eISSN
2191-9259
DOI
10.1515/nifo-2017-0014
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Abstract

Hans-Gerd von Seggern‚Die albernen Classicisten‘Winckelmann, Nietzsche – Stil und décadenceUnter dem Titel Schönheit gemäß dem Zeitalter attackiert Friedrich Nietzsche im Aphorismus 161 der Morgenröthe den neobarocken Geschmack seiner Zeitgenossen scharfmit folgenden Worten: „Wenn unsere Bildhauer, Maler und Musiker den Sinn der Zeittreffen wollen, so müssen sie die Schönheit gedunsen, riesenhaft und nervös bilden:so wie die Griechen, im Banne ihrer Moral des Maasses, die Schönheit als Apollo vomBelvedere sahen und bildeten. Wir sollten ihn eigentlich hässlich nennen! Aber diealbernen ‚Classicisten‘ haben uns um alle Ehrlichkeit gebracht!“ (M, KSA  3, 145  f.).Typisch für Nietzsche: In diesen knappen Zeilen steckt eine vielschichtige Selbstpositionierung, die die Exegese sorgsam zu entfalten hat, um nicht interpretatorisch zukurz zu greifen und aussagekräftige Details zu übergehen. Was wird kritisiert?Bigott erscheint Nietzsche die fortwährende Wertschätzung des klassizistischenIdeals angesichts der Beobachtung, dass man in der Architektur beim geradenGegenteil angekommen zu sein scheint, wie beispielsweise mit Gebäuden wie derOpéra Garnier in Paris. Ex post ließe sich der Bruch mit der klassizistischen Tradition auch exemplifizieren mit der Errichtung des neobarocken – in Nietzsches Diktion‚gedunsenen‘ – Berliner Doms, der dem auftrumpfenden Stil des Kaiserreiches unterWilhelm II. entsprach, anstelle des Schinkelschen Baues.Das Stichwort ‚nervös‘ im angeführten Aphorismus 161 deutet auf Nietzsches Charakterisierung des ‚Barockstils‘ als eines Stils

Journal

Nietzscheforschungde Gruyter

Published: Aug 28, 2017

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